Die Pariser Fashion Week macht einen Strich unter die Tristesse und setzt auf Kreativität
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Die Pariser Fashion Week im September 2024 war mit einer erhöhten Präsenz von Fachleuten und Fans voll ausgebucht und knüpfte eine starke Verbindung zwischen Kreativität, dem Sinn für Luxus, der Offenheit gegenüber verschiedenen Kulturen und dem Wunsch nach einer tugendhafteren Mode.
Die Pariser Fashion Week, auf der die Prêt-à-porter-Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2025 vorgestellt wurden, endete in dieser Woche, und die erste Erkenntnis war, dass der Andrang groß war. Das gilt bereits für die Umgebung der Shows. TikTok-Accounts kommunizierten die Adressen der Shows, was zu einer kompakten Menschenmenge auf den Bürgersteigen führte, hauptsächlich von Marken, die in die Anwesenheit von Prominenten und Influencer:innen investieren, um ihre ersten Reihen zu beleben.
Nicht nur bei den Shows, sondern auch in den Salons, Showrooms und auf den Straßen von Paris herrschte reges Treiben, was das Stadtzentrum und das Goldene Dreieck der französischen Hauptstadt in einen wimmelnden Menschenstrom verwandelte. Boris Provost, der Generaldirektor des Pariser Messe Tranoï, bestätigt, dass er im Vergleich zum September 2023 drei Prozent mehr Einkäufer:innen und neun Prozent mehr als noch im März 2024 begrüßen konnte. „Ein weiterer interessanter Faktor ist der Anteil der Wiederholungsbesuche. Das heißt, die Einkäufer:innen kommen zurück, um ihre Bestellungen zu bestätigen, insbesondere die der Großkund:innen.“
Um der wachsenden Zahl von Präsentationen in ihrem Kalender (und am Rande der Modenschauen) gerecht zu werden, stellte der französische Modeverband Fédération de la Haute Couture et de la Mode (FHCM) mit einem zusätzlichen Shuttlebus für die Teilnehmer:innen zur Verfügung. Für Journalist:innen und internationale Einkäufer:innen war es jedoch unmöglich, an jedem Programmpunkt teilzunhemen. Daher galt es, sein Programm zu editieren, ähnlich wie Designer:innen ihre Kollektion editieren, um sie kompakter zu machen, ohne etwas von den Highlights zu verpassen.
Französische Jungdesigner:innen und wirtschaftliche Aussichten der Fashion Week Paris
In dieser Saison war zu beobachten, dass junge französische Designer:innen, die während der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen und Paralympischen Spiele Paris 2024 eine außergewöhnliche Sichtbarkeit genossen, in der Saison Frühjahr/Sommer 2025 im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Sie erhielten zum Teil finanzielle Unterstützung von Défi und der Stadtverwaltung von Paris, arbeiteten selbstbewusst mit kommerziellen Marken zusammen und zudem stellten die Preisträger:innen 2023/2024 des ANDAM im Musée des Arts Décoratifs ihre Werke aus.
In der Regel sollten diese jungen Designer:innen von den wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Auftritts profitieren können. Es ist jedoch unmöglich zu sagen, ob diese Konjunktur zu Aufträgen führen wird und ob diese Aufträge erfüllt werden. Schwierig ist es auch, weil die Manager:innen, Handelsvertreter:innen und Leiter:innen von Fachmessen keine Zahlen über das Geschäftsvolumen der Marken, die während der Fashion Week präsentieren, nennen können.
„Wir registrieren das Volumen der auf den Messen aufgegebenen Bestellungen nicht, da nicht alle vor Ort abgeschlossen werden“, sagt Florence Rousson, Vorsitzende der Modeabteilung der Messe Première Vision. Eine globale Vision ist kompliziert zu definieren. Der Modemarkt, der sich hauptsächlich auf Europa, die USA und Asien verteilt, wird von vielen Dingen beeinflusst. Es gibt Divergenzen im Hinblick auf den Konsum von Produkten und Generationsunterschiede“.
„Das Einzige, was wir feststellen“, fügt sie hinzu, “ist eine sehr starke Dynamik bei Modeaccessoires. Die jungen Leute sind in der Lage, sich in Shein zu kleiden und sich dazu eine Chanel-Tasche zu kaufen.“
Eine vom Institut Français de la Mode (IFM) mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos durchgeführte Umfrage von 2016 nennt Zahlen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pariser Modewoche: 6 Milliarden Umsatz in den Showrooms und 4,3 Milliarden Umsatz auf den Messen. Diese Zahlen haben sich zwangsläufig verändert, da die Studie damals 27 Fachmessen umfasste. Inzwischen gibt es nur noch vier davon: Premiere Classe, Tranoï, Woman und Splash. Die letztgenannte Messe wurde von Alex Lyles und Claire Spencer-Churchill organisiert und fand im Pavillon Gabriel statt. Sie ist auf Resortwear und Beachwear spezialisiert.
„Wir sind mit einem Gefühl der Einschränkung gestartet: Ortswechsel, Verkürzung der Termine, sagt Sylvie Pourrat, Leiterin des Premiere Classe-Angebots. „Die Erfahrung hat sich als positiv und erneuernd erwiesen. Unsere Aussteller:innen sind mit dem allgemeinen Geschäftsklima dieser Fashion Week September 2024 zufrieden nach Hause gegangen.“
Chinesische Präsenz in Paris
Die Marken, die die Pariser Fashion Week als Schaufenster nutzen, positionieren sich hauptsächlich in den Nischenmärkten Luxus, High-End oder Designermode. Die Market Week, die Messen und Showrooms einschließt, umfasst zugänglichere Labels, die jedoch immer noch auf einen elitären Vertrieb ausgerichtet sind: Concept Stores, Kaufhäuser und selektive Multimarken-Stores.
Tatsächlich geht es bei der Fashion Week Paris vor allem um die Sorgen einer wohlhabenden Klasse, die von einer Menge Menschen mit bescheideneren Mitteln bewältigt werden müssen. Das gilt vor allem, wenn die Marktanteile scheinbar schrumpfen, wie im Fall von China.
Nachdem zunächst berichtet wurde, dass die Verkäufe von Luxusgütern schrumpfen, hat der Druck nach den Ankündigungen der chinesischen Regierung, den Konsum zu fördern wieder abgenommen. Einigen Expert:innen zufolge scheint es, dass plötzliche Rebound-Effekte in China möglich sind.
Während der Fashion Week im September 2024, die den Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2025 gewidmet war, ging es jedoch nicht so sehr um die Kaufkraft der chinesischen Bevölkerung, sondern vielmehr darum, dass sich die chinesische Mode vom westlichen Modell löst und ihre eigene Kultur aufwertet. Chinesische Marken gewinnen an Boden, wenn es um die Besetzung von Räumen und kreative Angebote geht.
Das chinesisch-französische Festival für Mode und Kultur, Modenschauen, „China Select“ auf dem Tranoi - die Liste der chinesischen Marken, die die Pariser Aura für ihre Ausstellungen genutzt haben, ist lang. In dieser Saison diente die Fashion Week auch als Sprungbrett für die Ausstellung „Heritage Next“, die bis zum 23. Oktober 2025 in La Samaritaine zu sehen ist. Sie hebt Elemente der traditionellen Kleidungskultur des Landes, wie Stickereien oder kleine runde Knöpfe, durch französische literarische Referenzen wie Jules Verne oder George Sand hervor.
Medienüberbietungswettbewerb vs. Angleichung der Markenwerte
Die Ankunft eines Kreativdirektors weckt die Neugier der Medien. Ein Paradebeispiel hierfür ist wohl Alessandro Michele bei Valentino, dessen erste Show für das italienische Label auf der Pariser Modewoche stattfand. Ebenso Medienwirksam ist jedoch die Abwesenheit eines Creative Director. Das ist der Fall bei Chanel, wo die Ernennung einer neuen Kreativdirektorin oder eines neuen Kreativdirektors in den kommenden Wochen erwartet wird. Gerüchten zufolge befinden sich Simon Porte Jacquemus und Hedi Slimane, der nach sechs Jahren bei Celine von Michael Rider abgelöst wurde, in der Pole Position.
Wenn ein künstlerischer Leiter oder eine künstlerische Leiterin im Amt ist, ist es schwieriger, Begeisterung zu wecken, es sei denn, man glänzt mit einer Kollektion, die alle begeistert. Das wiederum ist eine fast unmögliche Herausforderung. Alternativ kann man sich auch auf ein riesiges Event einlassen, wie im Fall der jungen französischen Marke Coperni, die das Disneyland Paris mietete, um dort, vor dem Schloss von Dornröschen unter Feuerwerk, ihre Show abzuhalten.
Doch steht hinter dem Medienrummel auch eine gesunde Wirtschaft? Die Luxusgüterkonzerne sind der Ansicht, dass die Schaffung von „wahrnehmbaren Kund:innenwert“ von den Geschäftseinheiten abhängt, das heißt, dass die Marke und die Betriebsstruktur zwei verschiedene Dinge sind", sagt Ludovic Alban, CEO von Paris Phoenix Studio. Das Ergebnis: wenig ermutigende Zahlen in einer komplizierten Konjunkturlage.
Um dieser Dichotomie zwischen den Vorständen, die in Excel-Tabellen denken, und der Kreativabteilung, die mit verlockenden Vorschlägen die Endkund:innen verführen muss, entgegenzuwirken, nutzte der LVMH-Konzern die Pariser Modewoche, um die Sichtbarkeit einer Aktion zu erhöhen, die ihm am Herzen liegt: kreative Exzellenz mit dem Engagement für die Umwelt in Einklang zu bringen. Dies geschah durch die Kreation der Prelude-Kollektion von Kevin Germanier und die Einweihung eines Campus, auf dem Mitarbeiter:innen und Partner:innen in Umweltfragen geschult werden.
In der Ausrichtung und Transparenz einer Produktions-, Vertriebs- und Kommunikationsstrategie liegt zweifellos die Zukunft des Luxus, so wie ihn die neuen Verbraucher:innen verstehen.
Dieser übesetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.fr