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Die Gründer:innenfrage: die Entwicklung von Luxusmarken über ihre Schöpfenden hinaus

Von Don-Alvin Adegeest

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Mode

Tom Ford. Bild: Tom Ford

Die Luxusmodelandschaft ist in einem ständigem Wandel begriffen, wobei das Ausscheiden von Gründer:innen, die auch Designer:innen sind, vor allem für jüngere Marken eine gewaltige Herausforderung darstellt.

Tom Ford befindet sich nach der kurzen Amtszeit von Peter Hawkings als Kreativdirektor in einer entscheidenden Übergangsphase und fügt sich damit in die Reihe von Häusern wie Helmut Lang, Martin Margiela und Jil Sander ein, die mit den Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die kreative Dynamik in der Ära nach der Gründung aufrechtzuerhalten.

Dieser Kampf steht im Gegensatz zu der relativen Stabilität etablierter Häuser wie Chanel, Balenciaga und Givenchy, die ähnliche Übergänge schon lange hinter sich haben. Die Divergenz dieser Erfahrungen unterstreicht eine kritische Frage, vor der die Branche steht: Wie können sich jüngere Luxusmarken erfolgreich über ihre Gründungsvisionär:innen hinaus entwickeln und gleichzeitig ihre wesentliche DNA bewahren?

Die Marken-DNA bewahren

Dieses Problem lässt sich auf ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren zurückführen, zu denen vor allem das Konzept der Markentradition gehört. Die älteren Modehäuser haben den Vorteil der Zeit, dass ihre Identität über Jahrzehnte hinweg reifen und sich festigen konnte. Oft überlebten sie ihre Gründer:innen um Generationen, wie im Fall von Dior, Chanel und Louis Vuitton.

Diese Langlebigkeit hat ihnen die Möglichkeit gegeben, eine Marken-DNA zu entwickeln, die über eine einzelne kreative Vision hinausgeht und reibungslosere Übergänge zwischen künstlerischen Leiter:innen ermöglicht. Da auch Chanel nach der Trennung von Virginie Viard gerade eine neue kreative Spitze ernennt, kann man davon ausgehen, dass das Haus weniger anfällig für Schwankungen ist als Tom Ford.

Zeitvorteil

Umgekehrt befinden sich jüngere Marken wie Tom Ford in einer prekären Lage. Da das Ausscheiden ihrer Gründer:innen und ihre Tradition noch frisch im kollektiven Gedächtnis der Verbraucher:innen und der Modewelt sind, müssen die (neuen) Eigentümer:innen das heikle Gleichgewicht zwischen der Würdigung ihrer Tradition und der Entwicklung eines neuen Weges finden.

Die Erwartungen der Verbraucher:innen spielen bei dieser Dynamik eine entscheidende Rolle. Bei neueren Marken haben die Kund:innen oft sehr spezifische Erwartungen, die auf der jüngsten Arbeit der Gründer:innen beruhen, so dass jede Abweichung ein potenzieller Streitpunkt ist.

Die Unternehmenslandschaft macht die Sache noch komplizierter. Während die Luxusmarken Balenciaga und Fendi seit langem in größere Luxuskonglomerate integriert sind, die über gut funktionierende Systeme zur Bewältigung von Wechseln in der Designetage verfügen, erleben jüngere Marken oft ihre ersten größeren Führungswechsel unter neuen Firmeninhaber:innen. Dies kann zu Konflikten zwischen Erwartungen und kommerziellen Erfordernissen führen und den Übergangsprozess weiter destabilisieren.

Im grellen Licht der sozialen Medien

Darüber hinaus hat die Modebranche selbst seismische Verschiebungen erfahren. Die Übergänge älterer Häuser fielen in eine Zeit, in der die Medien weniger intensiv auf sie eingingen und die Modezyklen langsamer waren. Die heutigen Marken müssen ihre Entwicklungen unter dem unbarmherzigen Licht der sozialen Medien und in einem Markt, der ständige Innovation verlangt, bewältigen. Ganz zu schweigen von den Gewinnen der Aktionär:innen.

Etablierte Marken verfügen in der Regel über ein breit gefächertes Produktportfolio und mehrere Einnahmequellen, die einen Puffer gegen die Turbulenzen kreativer Übergänge bilden. Jüngere Marken, die sich oft noch stark auf charakteristische Produkte oder eine Ästhetik stützen, die eng mit ihren Gründer:innen verbunden ist, sind in Zeiten des kreativen Wandels einem größeren finanziellen Risiko ausgesetzt.

Während die Branche Tom Ford dabei zusieht, wie er dieses schwierige Terrain meistert, stellt sich die umfassendere Frage: Können diese jüngeren Modehäuser den Übergang von der Kreativität der Gründer:innen zu dauerhaften institutionellen Marken erfolgreich bewältigen? Die Antwort liegt wahrscheinlich in ihrer Fähigkeit, die Essenz ihrer Gründungsvisionen in eine Reihe von Markenkernwerten zu destillieren, die wechselnden kreativen Führungen standhalten und sich an sie anpassen können.

Helmut Lang zum Beispiel hat unter seinen verschiedenen Eigentümer:innen nie den Erfolg erreicht, den das Modehaus hatte, als Herr Lang die Marke entwarf. Auch Jil Sander brauchte mehrere kreative Iterationen, bei denen Milan Vukmirovic, Raf Simons, Rodolfo Paglialunga, eine kurze Rückkehr der Gründerin Jil Sander und jetzt Lucie und Luke Meier die kreative Leitung innehatten. Letztere werden allgemein gut aufgenommen.

Für Tom Ford hat Estée Lauder einen hohen Preis gezahlt und kann es sich nicht leisten, dass Umsatz und Bedeutung zurückgehen. Unter der kreativen Leitung von Tom Ford wurden alle Aspekte des Marketings, des Ladendesigns, der Werbekampagnen, der Modenschauen und der Produktkollektionen unter einer einzigen Vision, nämlich der von Tom Ford, zusammengeführt. Auch wenn die Konfektionsmode in den letzten Jahren weniger cool wurde, vielleicht sogar an Schwung verlor, war sie immer einheitlich und integraler Bestandteil eines facettenreichen Geschäfts.

Aber wenn die Verkäufe von Schönheitsprodukten und Düften, der finanziellen Stütze des Hauses, zurückgehen, dann braucht Estée Lauder einen Notfallplan, wenn der langjährige Mitarbeiter und erste Nachfolger von Herrn Ford, Peter Hawkings, jemand, der die Marke und ihre Werte wirklich versteht, den Übergang nicht durchsteht.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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