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Dessouschneiderin: Viele Frauen tragen schlecht sitzende BHs

Von DPA

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Bild: Antonius Ferret

Es zwickt, kneift und drückt. Der BH-Kauf kann eine schwierige Sache sein. Vor allem: Wie findet man die richtige Passform? Und ist erst einmal das passende Exemplar gefunden, wird es auch mal getragen, bis es auseinanderfällt.

«Viele Frauen tragen schlecht sitzende BHs», sagt Stephanie Schneider aus Woltersdorf in Brandenburg. Sie ist Dessouschneiderin und näht für verzweifelte Frauen Büstenhalter nach Maß.

«Sobald Frauen flachere oder größere Brüste haben, fallen sie komplett aus dem deutschen BH-Größensystem», so ihre Erfahrung. Der nicht passende Büstenhalter sei aber häufig ein Tabu-Thema. «Viele denken, sie seien falsch oder mit ihnen stimme etwas nicht», sagt Schneider.

Manchmal wird ein großer Busen zum Problem für den Rücken. Eine ihrer Kundinnen etwa sei eine ältere Dame aus Sachsen-Anhalt, erzählt Schneider. Diese habe durch ihren großen Busen einen krummen Rücken bekommen. Mit einem maßgeschneiderten BH sei es gelungen, die Brust 20 Zentimeter anzuheben und der Frau wieder einen aufrechten Gang zu ermöglichen. «Inzwischen hat sie 20 Kilo abgenommen, weil sie wieder spazieren gehen konnte.»

'Verband Gesamtmasche, der Dessoushersteller': 80 Prozent der Frauen kennen ihre BH-Größe

Anja Barth vom 'Verband Gesamtmasche, der Dessoushersteller' in Deutschland vertritt, sagt: «Schätzungsweise 80 Prozent der Frauen kennen ihre BH-Größe nicht und greifen daher oft zur falschen Größe. Darin sind die meisten Passformschwierigkeiten begründet.»

Zu dem Thema gebe es verschiedene Studien, sagt Simone Morlock, Chefin des digitalen Passformlabors beim Prüfdienstleister Hohenstein. Eine Vermessung und Befragung von 1500 Frauen durch Hohenstein habe im Jahr 2001 gezeigt, dass mehr als 50 Prozent der Frauen eigentlich eine größere BH-Größe tragen müssten.

«Unser Größensystem kann das Brustvolumen nicht richtig beschreiben», erklärt die Expertin. Die Cup-Größe gebe nicht an, wie groß das Volumen der Brust sei und es sich im Körbchen verteile. Jede Frau sei individuell. Auch die Körbchen der einzelnen Hersteller hätten ganz unterschiedliche Formen.

«Und Frauen vergessen auch, ihre BH-Größe im Laufe der Jahre anzupassen», ergänzt Morlock. «Selbst wenn man immer schlank bleibt, verändert sich die Brust.» Und Frauen neigten leider nicht dazu, zu einer größeren Kleidungsgröße zu greifen.

«Jeder weibliche Körper ist anders», sagt Anja Barth. Die Größensystematik biete zwar keine perfekte Passform, sei aber aufgrund vielfältiger BH-Größen eine gute Orientierungshilfe. «Durch Größenstandards wird die hochwertige Serienfertigung von Kleidung erst möglich.»

Doch was hat es eigentlich mit den Größen auf sich? Die Spur führt ins Jahr 1958. Damals, vor 65 Jahren, hat Hohenstein zum ersten Mal Tausende von Frauen in Westdeutschland vermessen. Reihenmessungen wie diese sind Grundlage für sogenannte Miedertabellen. «Und auf diesen basieren die BH-Größen», erklärt Simone Morlock.

Wann das System der Cup-Größen erfunden wurde, lasse sich nicht sagen. Klar ist aber: Die Zahl in der BH-Größe beschreibt den Unterbrustumfang, die Körbchengröße die Differenz zwischen Brust- und Unterbrustumfang. Eine Wissenschaft für sich. Das Internet bietet daher viele Anleitungen. Das Forum Busenfreundinnen.net hat es sich sogar zur Aufgabe gemacht, Frauen die «BHlogie» näherzubringen.

Einzelanfertigungen und 3-D-Scan

Maßtabellen hin oder her - die Dessous-Schneiderin Stephanie Schneider verzichtet ganz darauf. Eine Einzelanfertigung sei für die meisten Frauen aber keine Option. «Das ist für die Mehrheit nicht erschwinglich», sagt Barth. «Das Teure am BH ist die Schnittkonstruktion. Das ist wahnsinnig kompliziert. Da geht es um Architektur und Physik, um die Ableitung von Kräften», erläutert Stephanie Schneider. Das passe nicht in den Gewinnoptimierungsgedanken vieler Hersteller:innen.

Herstellende wie Triumph bieten Kundinnen inzwischen auch einen 3-D-Scan, um die Suche nach dem passenden BH zu erleichtern. Das Scan-Angebot werde bisher aber noch zurückhaltend angenommen. «Die meisten Frauen «kennen» vermeintlich ihre Größe und vermessen sich nicht - anders als von uns empfohlen - vor jedem Kauf», sagt Claudia Roos, Leiterin Kreatives Design bei Triumph. Sie empfiehlt, sich im Fachgeschäft beraten zu lassen.

Triumphs Body Scanner Bild: Triumph

Manche Hersteller:innen versuchen zunehmend, sich vom Größen-Korsett frei zu machen. «Unsere Kollektion beinhaltet Produkte mit einem sogenannten Easy Sizing, welches unabhängig von der Cup-Größe ausgelobt wird und eine sichere Passform garantiert», erläutert etwa Alexandra Schmid, Leiterin Produkt-Management bei Schiesser.

Soft-Bustiers, die sich an den jeweiligen Körper anpassen, seien derzeit besonders angesagt, sagt Anja Barth. «Körperliche Schwankungen sind da kein Problem mehr - sie passen sich an.» Der Trend gehe generell in Richtung bequeme Wäsche und mehr Natürlichkeit. «Frauen wollen sich nicht mehr in ein enges Korsett pressen lassen», ist sie überzeugt. Das habe auch mit der Body-Positivity-Bewegung zu tun, die versucht, gegen unrealistische Schönheitsideale anzukämpfen.(dpa)

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