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Das Oktoberfest eröffnet: Almliebe verrät die angesagtesten Trachten-Trends zur Wiesn

Von Regina Henkel

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Die Trachtentrends zum Oktoberfest 23. Credits: Almliebe

Nicht nur in München zum Oktoberfest stellt sich jedes Jahr die Frage neu: Was trägt Frau oder Mann in diesem Jahr auf der Wiesn? Oktoberfeste gibt es inzwischen überall, und Trachten sind wieder in – auch und gerade bei den jüngeren Zielgruppen. Zwar sind die Grenzen der modischen Möglichkeiten beim Thema Tracht eng gesteckt, Trends gibt es aber trotzdem. Und bei keinem anderen Kleidungsstück wird so unverhohlen über „Fehler“ gesprochen.

Wir haben jemanden gefragt, der sich auskennt. Sonja Ragaller, ehemalige Moderedakteurin und mit ihrer Schwester Stefanie Inhaberin des Münchner Trachtengeschäfts Almliebe, vertritt einen modernen Trachtenstil und weiß, welcher Look gerade gefragt ist. In ihrem 200 Quadratmeter großen Store in der Münchner Altstadt und im gleichnamigen Onlineshop verkauft sie Marken wie Gottseidank, CocoVero, Hammerschmid oder Kinga Mathe. Almliebe macht inzwischen zudem auch eigene Kollektionen. Wir haben mit ihr über die neuen Trends, zu vermeidende Fehler, Hirsch- und Ziegenleder und über die Miesbacher Form gesprochen.

Morgen startet das Oktoberfest in München. Wie läuft die Saison? Können Sie dazu schon etwas sagen?

Sonja Ragaller: Das kann man jetzt schon sagen. Bei uns geht die Wiesn-Zeit im August los, und die Entwicklung ist wirklich sehr, sehr gut. Wir haben auch viel eingekauft, weil in diesem Jahr das erste reguläre Oktoberfest wieder stattfindet. Letztes Jahr war das Oktoberfest ja noch ein bisschen verhalten. Wir haben also damit gerechnet, dass die Leute jetzt wieder feiern wollen nach der langen Pause, die durch Corona bedingt war. Natürlich hatten wir auch ein paar Bedenken wegen der Inflation und der generell schlechten wirtschaftlichen Stimmung, aber man merkt, dass die Leute richtig Lust haben wieder unbeschwert zu feiern. Und dafür wollen sie sich auch gerne neu einkleiden.

Wann ist bei Ihnen im Geschäft am meisten los? Wann kaufen sich die Leute ihre Tracht?

Der mit Abstand stärkste Tag ist tatsächlich der erste Wiesntag. Da kaufen die Leute auch komplette Outfits. Nicht nur die ausländischen Tourist:innen, sondern auch viele deutsche Tourist:innen, die gerade in der Stadt sind und die Gelegenheit nutzen wollen. Also der Hauptumsatz findet auf alle Fälle im Herbst statt, nicht nur zum Oktoberfest, sondern auch zu den anderen großen Herbstfesten, beispielsweise in Rosenheim oder in Straubing. Aber auch im Frühjahr kaufen die Leute Tracht, weil heute wieder viele in Tracht heiraten und auch zu anderen Anlässen Tracht tragen.

Die beiden Geschäftsführerinnen: Sonja Ragaller (links) und Schwester Stefanie. Bild: Almliebe

Woher kommen Ihre Kund:innen?

Der Fokus liegt auf Süddeutschland und mittlerweile auch Österreich. Im Onlineshop verkaufen wir deutschlandweit, weil ja auch viele aus dem Norden Deutschlands aufs Oktoberfest angereist kommen. Außerdem gibt es inzwischen überall Oktoberfeste. Übers ganze Jahr gesehen ist Bayern aber der Hauptfokus.

Wer bringt den meisten Umsatz, die Männer oder die Frauen? Wer kleidet sich häufiger neu ein?

Bei den Frauen bewegt sich trendmäßig natürlich mehr. Die kaufen wahrscheinlich häufiger neue Dirndl oder auch mal zwei pro Saison. Aber bei uns sind schon auch die Männer stark. Die sind oft auch unkomplizierter und kaufen sich dann gleich das komplette Outfit. Wir verkaufen beispielsweise wahnsinnig viele Lederhosen.

Gibt es dafür eine Erklärung?

Wir haben uns mit hochwertigen Ziegenlederhosen einen Namen gemacht, beispielsweise von Ostarrichi aus Österreich. Früher gab es einen großen qualitativen Unterschied zwischen Ziegenlederhosen und Hirschlederhosen. Hirschleder ist das hochwertigere Leder, und früher war der Unterschied zu Ziegenleder deutlich sichtbar. Inzwischen hat sich bei den Ziegenlederhosen optisch sehr viel getan, und wir können jetzt auch sehr hochwertige Ziegenlederhosen anbieten, die toll verarbeitet sind und auch von den Stickereien und den Waschungen her toll ausschauen. Und die kosten nur um die 500 Euro. Bei der Hirschlederhose geht es erst bei 1000 Euro los.

Es gibt also auch bei den Männern und sogar bei den Lederhosen echte Trends?

Es gibt auf alle Fälle auch bei den Männern Trends, das ist nicht immer das Gleiche. Die Trends sind dort wahrscheinlich ein bisschen langfristiger, es wechselt nicht so häufig wie bei den Damen, aber es gibt auch bei den Männern Trends.

Welche Trends sind das denn? Was tragen die modischen Männer in diesem Jahr auf der Wiesn?

Wir verkaufen mittlerweile beispielsweise nur noch kurze Lederhosen. Früher gab es noch Kniebundhosen, aber die sind bei uns komplett weggefallen. Die bieten wir auch gar nicht mehr an. Von den Farben her gehen vor allem die hellen Töne und Grautöne. Also kein klassisches Braun mehr, da geht es total weg. Die Stickereien sind auch eher dezent und Hosenträger sind komplett weg.

Der Look sieht so aus: Kurze helle Lederhose, schmales Stehkragenhemd dazu in weiß oder dunkelblau, vielleicht mit dezenten Streifen - kariert ist völlig weg - und darüber ein Gilet oder die Trachtenweste, alles meist hochgeschlossen. Und wer komplett angezogen sein will, der zieht noch einen Trachtenjanker aus Loden drüber.

Insgesamt ist alles viel figurbetonter geworden, diese weiten Sakkos und Janker oder auch Hemden sind total vorbei. Heute ist alles slimfit. Ja, und bei den Socken verkaufen wir inzwischen nur noch Kniestrümpfe, keine Loaferl mehr (Wadenwärmer). Und dazu klassische schwarze Haferlschuhe.

Darf man noch Sneaker zur Lederhose tragen?

Das Ist eigentlich zu so einem festlichen Anlass wie dem Oktoberfest vorbei. Man kann schon im Biergarten Lederhose mit T-Shirt und einem Sneaker tragen, aber die meisten kaufen für das Oktoberfest klassische Haferlschuhe dazu.

Und was ich noch zum Thema Trends bei den Männern sagen wollte: Es darf auch bei den Männern etwas auffälliger sein. Beispielsweise gibt es beim Gilet neue Formen. Derzeit ist die Miesbacher Form ein neuer Trend. Diese Form hat vorne eine ovale Öffnung mit einem Kettchen. Auch bei unseren eigenen Westen, die wir selbst produzieren, haben wir ein zweireihiges Gilet im Kutscherstil mit großen Münzknöpfen. Auch Samt - in Schwarz oder Grün - ist für Männer wieder sehr angesagt.

Die neue Opulenz bei Dirndln 2023. Bild: Almliebe

Welche Trends sehen wir aktuell bei den Frauen?

Bei den Frauen ist extrem auffällig, dass es wieder festlicher, edler und ein bisserl opulenter sein darf. In den letzten Jahren haben wir auch Trachtenröcke oder Trachtenkleider verkauft, die man gut im Alltag tragen konnte, aber ein Dirndl ist ja doch immer etwas Festliches, und Feste gab es ja nicht mehr. Aber das ist jetzt ganz vorbei. Der Fokus ist total aufs Dirndl, und es muss festlich sein und weg vom Alltagstauglichen. Die Jahre vor der Pandemie waren eher schlicht, mit schlichtem Leinen und viel Ton-in-Ton. Vielleicht haben wir mit den opulenten Dirndln jetzt ein bisschen eine Gegenbewegung zu den schlechteren wirtschaftlichen Zeiten.

Wie drückt sich die Opulenz aus?

Das geht zum einen über Materialien. Samt ist bei den Damen ein Riesenthema, also eigentlich das Hauptthema jetzt im Herbst. Mit Samtmieder und Ton-in-Ton Schürzen oder auch ganz auffällige Schürzen dazu. Wir haben auch in der eigenen Kollektion viele edle Stoffe, viel Schwarz und dunkle Töne, aber dann auch mit edlen, schönen Details wie beispielsweise Borten oder Ornamentstickereien. Und zum anderen über die Silhouette, beispielsweise mit längeren Ärmeln und wieder etwas mehr gepufften Ärmeln.

Welche Trends gibt es beim Ausschnitt? Tiefer Ausschnitt oder hochgeschlossen?

Wir haben auch einige hochgeschlossene Dirndl wieder mit dabei, weil das immer wieder nachgefragt wird. Ich würde aber sagen, dass es langsam wieder eher in Richtung Ausschnitt geht. Die Dirndlbluse war in den letzten Jahren schon sehr wichtig, vor allem mit Spitze, aber das geht zurück und die Bluse ist nicht mehr ganz so hochgeschlossen. Man hat schon wieder ein bisserl mehr Dekolleté. Gleichzeitig wird das Dirndl wieder etwas länger. Bei uns war es ja nie ganz kurz, aber die Standardlänge war immer so 70 Zentimeter Rocklänge. Jetzt machen die meisten 80 Zentimeter, also eine schöne Midi-Länge.

Edle Stoffe spielen eine wichtige Rolle. Bild: Brandboxx / FESCH, Credit Studio Soco GmbH

Welche Trends sehen Sie bei den Accessoires?

Das Thema ist völlig weg. Es waren ja eine zeitlang mal Damenhüte in, aber das ist weg. Auch Schmuck ist durch die hochgeschlossenen Blusen weggefallen. Blumenschmuck auch. Es ist eher schlicht, und ich würde sogar sagen, Flechtfrisuren sind eher auch out. Bei den Schuhen tragen die meisten Stiefeletten aus der Mode. Es muss kein Trachtenschuh sein.

Beim Thema Tracht wird ja auch immer gerne über Fehler gesprochen, die man nicht machen darf. Welche Fehler wären das aus Ihrer Sicht?

Bei den Männern ganz klar Kniebundlederhosen und kariertes Hemd. Furchtbar ist es auch immer, wenn man nicht den passenden Schuh hat. Wenn das ganze Outfit eigentlich toll ist, und der Schuh zerstört es dann einfach. Bei den Damen ist es nicht schön, wenn ein Dirndl zu kurz ist und nur bis zum Knie geht. Auch das geschnürte Mieder ist völlig weg, genauso zu viel Glitzer.

Nach dem Barbiefilm lautete die Prognose, dass es auch auf dem Oktoberfest viel Pink geben wird. Können Sie das bestätigen?

Nein. Wir verkaufen ja jetzt die Herbstkollektion, und da sind die Farben immer gedeckter, also viel Schwarz, Dunkelblau und Dunkelgrün. Wir haben zwar auch Modefarben mit dabei, zum Beispiel Lila. Aber diese pastelligen Farben verkaufen wir eher im Frühjahr.

Sie haben inzwischen auch eine eigene Almliebe Kollektion. Wie groß ist die?

Die haben wir in den letzten Jahren ausgebaut. Wir hatten früher immer nur so ein, zwei Modelle pro Saison. Und dieses Jahr haben wir an die 17 verschiedene Dirndlmodelle gemacht. Auch für die Männer gibt es Westen und zwei, drei Trachtenjanker oder Trachten Sakkos. Wir haben uns da ein bisschen herangetastet. Zuerst haben wir über einen Trachtenhersteller produziert und uns dann unsere eigene Produktionsstätte gesucht. Die ist mittlerweile in Pforzheim. Und das macht total Spaß. Wir gehen auf die Stoffmessen und suchen die Stoffe, Zutaten und die Details aus - der Schnitt ist ja immer ähnlich. Aber wir haben auch schon neue Schnitte mit einer Schnittmacherin entwickeln lassen.

Wie erfindet man die Tracht denn immer wieder neu? Wie gehen Sie vor?

Die Grenzen sind ja immer recht eng. Wir versuchen deshalb über die Materialien zu gehen. Die Trachtenstoffhersteller bieten ja mehr oder weniger immer die gleichen Stoffe an, und dann schauen wir, dass wir die Stoffe woanders herkriegen. Wir kaufen viel von französischen Stoffanbietern. Aber man darf sich vom Design und vom Stoffdessin her nicht zu weit wegbewegen von der Tracht und von der Tradition. Es hat dann mal andere Stoffe, Knöpfe oder neue Silhouetten, beispielsweise durch Puffärmel oder Rocklängen.

Trachten 2023. Bild: Almliebe

Wie wichtig ist für Sie der Onlinehandel? Wie hoch ist der Anteil am Umsatz?

Der liegt fast bei 50/50. Wir haben ein gutes Zusammenspiel zwischen dem Geschäft und dem Onlinehandel. Viele informieren sich online und kommen dann ins Geschäft, viele auch von weiter weg, weil sie die Sachen doch lieber direkt anprobieren wollen.

Welche Marken sind gerade angesagt oder für Sie trendweisend?

Für uns ist das die Marke ‚Gottseidank‘ aus München. Die haben wirklich ein bisschen Innovation in das Thema Tracht gebracht, für Frauen und Männer. Natürlich kann man so viel nicht ändern am Dirndl, aber Kleinigkeiten schon, und die schaffen auch einen anderen Look. Beispielsweise über die Silhouette, die Armlänge – die haben jetzt eine 3/4 Armlänge drin und diesmal auch wieder leichte Puffärmel. Puffärmel gibt es in der modischen Spitze auch wieder bei den Blusen, die waren in der letzten Zeit ja immer eher schmal, mit viel Spitze und hochgeschlossen. Neu ist, dass man wieder ein bisschen weggeht von der Spitze und hin zu einem eher schlichteren Stoff, aber dann mit einer angepufften Schulter.

Der Oktoberfest-Boom der letzten Jahre bedeutete ja auch, dass plötzlich alle Dirndl verkauft haben, sogar die Modeketten. Ist das noch so, oder spüren Sie das?

In München ist die Konkurrenz schon wahnsinnig groß. Alle Kaufhäuser haben Tracht und inzwischen eröffnen auch die Marken ihre eigenen Pop-up Stores. Es war ganz gut, dass wir uns hier so reingeschlichen haben. Zuerst gabs ja nur den Onlinestore, dann haben wir 2015 einen kleinen Laden im Glockenbachviertel eröffnet und sind 2018 in die Altstadt gezogen und haben uns dort vergrößert. Als man uns sozusagen bemerkt hat, hatten wir schon all die wichtigen Marken.

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