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Christina Dean: "Die Nachfrage nach Unterricht in nachhaltiger Mode ist groß"

Von FashionUnited

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Mode |INTERVIEW

Christina Dean, Gründerin und Präsidentin von Redress, einer Umwelt-NGO aus Hong Kong, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die negativen Auswirkungen von textiler Fertigung auf die Umwelt zu reduzieren. Auf ihrem Weg nach Paris nahm sich die Unternehmerin einen Moment Zeit, um mit FashionUnited über ihre Nachhaltigkeitsziele, Redress und den EcoChic Design Award zu sprechen.

FashionUnited: Wann hast du begonnen, in der Mode zu arbeiten und wie wurde Redress ins Leben gerufen?

Christina Dean: "Ich wuchs in Südafrika und später im Vereinigten Königreich auf und machte dort einen Abschluss in Kieferchirurgie. Ich folgte einer Familientradition, aber meine Leidenschaft galt dem Journalismus. Dann zog ich vor elf Jahren nach Hong Kong, wo mein zweites Kind zur Welt kam. Ich arbeitete für verschiedene Magazine, die sich mit Umwelt- und Gesundheitsthemen befassten. Was aber wirklich mein Leben verändern sollte, war meine Arbeit zum Thema Umweltverschmutzung. Das Level an Luft- und Umweltverschmutzung, das China erreicht hat, erschreckte mich. Ein großer Teil des Problems wird von der Modeindustrie verursacht. Und da China der größte Hersteller von Textilien und Bekleidung auf der Welt ist, wusste ich, was ich tun musste: Ich wollte ein Bewusstsein für das Problem schaffen und gründete Redress. Hong Kong ist dafür der optimale Ort. Viele große Unternehmen haben hier ihren Sitz und Hong Kong ist so voller positiver Einflüsse, die, so hoffe ich, letztlich einen positiven Einfluss auf China haben werden.

Redress ist jetzt zehn Jahre alt. Was hat sich seither verändert?

„Ich sehe die Veränderungen als sehr positiv. Konsumenten ziehen die Unternehmen zunehmend zur Verantwortung und stellen Fragen. Gesetze zu Umweltverschmutzung und Menschenrechten verbessern sich und Modehändler sehen sich ihre Lieferketten genauer an. Aber ich denke auch, dass die Bewegung noch an Fahrt aufnehmen kann. Bei Redress geht es uns vor allem darum, über Mode-Lieferketten aufzuklären. Wir geben Unternehmen Beratung, die ihnen helfen soll, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wir versuchen aber auch, Konsumenten aktiv in das Gespräch zu integrieren und Teil der Lösung zu sein.“

Was ist der EcoChic Design Award?

„Heute ist der EcoChic Design Award der größte Nachwuchs-Wettbewerb für nachhaltiges Design. Wir haben ihn 2011 ins Leben gerufen und nun nehmen schon mehr als 80 Modeschulen daran teil. Wir erhalten stetig mehr Bewerbungen von Kandidaten. Es gibt eine echte Nachfrage nach Unterricht auf dem Gebiet und wir glauben, dass jeder Designer Zugang zu Informationen haben sollte, wie er oder sie nachhaltiger designen kann. Insbesondere stellen wir ein großes Interesse von Designern aus China und Indien fest. Up-Cycling entwickelt sich zu einem richtigen Markt – wir arbeiten auf diesem Gebiet zum Beispiel mit Esprit oder Shanghai Tang zusammen. Unsere Arbeit erreicht immer mehr Menschen. Im Moment befinden wir uns im Auswahlprozess für die siebte Ausgabe des Wettbewerbs, bei dem Designer aus Asien, Europa und zum ersten Mal auch Amerika teilnehmen.“

Was ist die Rolle von Modeschulen in der Modeindustrie?

„Modeschulen spielen eine entscheidende Rolle in der Zukunft der Modeindustrie. Sie müssen die Innovation leisten, damit wir anstehende Herausforderungen meistern können. Wir können es uns nicht leisten, die nächste Generation nicht in Nachhaltigkeit auszubilden. Oft fehlt es an den Möglichkeiten, dem Zugang und den Fähigkeiten der Lehrer. Deshalb haben wir Training-Packs geschaffen, die bereits in 55 Ländern heruntergeladen wurden.

Was ist von den sogenannten ‚nachhaltigen’ Kollektionen der fast Fashion-Giganten zu halten ? Ist das nichts weiter als Greenwashing?

„Im Allgemeinen gibt es eine zunehmende Bereitschaft aller Modemarken, ihre Unternehmen und Produktionen nachhaltiger zu gestalten – vom Luxussegment bis hin zum Massenmarkt. Manche beginnen mit Capsule Collections, die den Konsumenten eine Wahl geben, Nachhaltiges zu kaufen. So wird auch der Rest des Marktes zum nachziehen bewegt. Aber noch immer ist die Kluft zwischen dem Konzept nachhaltiger Mode und der Industrie, die schnelle Mode zum Wegwerfen produziert, groß. Manche betreiben tatsächlich Greenwashing. Deswegen unterrichten wir die Konsumenten, damit sie das erkennen können und die Unternehmen in die Verantwortung nehmen.“

Worum geht es in der 365 Challenge?

„Das war eine Challenge, die ein Jahr lang lief, von Januar bis Dezember 2013. In dieser Zeit trug ich nur benutzte oder gespendete Klamotten. Ich wollte ein positives Beispiel aufzeigen, und klar machen, wie viel ungenutztes Potenzial auf den Müllkippen dieser Welt landet. Ich wählte jeden Tag ein neues Outfit aus einem Kleidungs-Recyclingcenter in Hong Kong. Dabei habe ich 12 Tipps und Techniken entwickelt, die jeder für sich nutzen und seine Garderobe ein wenig nachhaltiger machen kann.“

Du hast gerade ein Buch herausgebracht, das ‚Dress [With] Sense’ heißt. Worum geht es da?

„Die Idee war es, einen leicht lesbaren Guide mit Fashion-Tipps und praktischen Ratschlägen zu entwickeln, mit dessen Hilfe jeder seine Kleidung langlebiger und seine Garderobe nachhaltiger gestalten kann. Das Buch gibt Ideen und zeigt die Leute — Models, Blogger, Aktivisten — die sich Ethik durch Ästhetik und eine nachhaltige Garderobe nähern. Der Guide besteht aus vier Teilen: KAUFE besser und treffe nachhaltigere Entscheidungen; TRAGE Kleidung auf kreative Weise und entdecke deinen Kleiderschrank neu; PFLEGE Kleidung, indem du sie richtig wäschst und lagerst; RESPEKTIERE deine Kleidung, indem du sie weggibst, tauschst oder recycelst – Hauptsache, sie kommt nicht in den Mülleimer.

„Ich hoffe aufrichtig, selbst die größten Shopping-Junkies so positiv beeinflussen zu können, damit sie Mode auf eine positivere Weise nutzen.“

Fotos: Redress

Christina Dean
EcoChic Design Award