Bringing Sexy Back: Warum Haut zeigen jetzt wieder im Trend liegt
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Die schier endlose Pandemiezeit hat den Wunsch danach, sich die Jogginghosen vom Leib zu reißen und in sexy Kleidung zu wechseln, wachsen lassen. Noch vor einem Jahr lag Loungewear voll im Trend, doch längst sehnen sich die Menschen danach, auszugehen und sich dafür schick zu machen.
Aufgrund der Lockdowns und der Tatsache, dass die Menschen sich den ganzen Winter über nicht mehr persönlich sehen, geschweige denn berühren konnten, liegt der sogenannte „Hot-Vax-Sommer“ oder „Summer of Love“ des Jahres 2021 hinter uns, der allerdings vom schlechten Wetter hierzulande stark ausgebremst wurde. Es läutete die Rückkehr zur Sexiness ein. Die emotionalen Gründe dafür haben bis 2022 und darüber hinaus Bestand.
Wo der Trend herkommt
Natürlich geschah dieser Wandel nicht über Nacht. Im Frühjahr 2021 begannen die Loungewear-Angebote, sinnlichere Designs zu zeigen, was zum Teil darauf zurückzuführen war, dass die Kundschaft der Jogginghosen überdrüssig war. Insbesondere aber lässt sich dies auf eine zunehmende Aufbruchstimmung angesichts steigender Impfraten zurückführen. Die körpernahen Slip-Kleider von Skims, die im März dieses Jahres auf den Markt kamen, überzeugten die Frauen davon, in sexy Loungewear zu investieren. Sie gingen auf der Social-Media-Plattform TikTok viral. Als sich die Verbraucher:innen von Sweatshirts und Loungewear lösten, kamen Pullover und Strickwaren ins Spiel, die einen eleganten Look boten, der leicht von der Innen- zur Außenbekleidung überging. Der Bequemlichkeitsfaktor war bei Strickwaren schon immer von grundlegender Bedeutung, aber was sich verändert hat, sind die Silhouetten. Statt übergroßer Volumina rückten die Modelle näher an den Körper heran, oft mit Unterstützung von geschmeidigem Rippenstrick. Während Strick-Sets im Trend lagen, tauchten im Sommer auch Strickkleider mit Cutouts auf, wie das Serita-Kleid von Cult Gaia - ein Favorit von Berühmtheiten wie Hailey Bieber und den Jenners. Ihre Säulenform ist zweifellos sexy und wird von Ausschnitten an der Seite oder am Rücken abgerundet. Strickkleider bleiben ein Schlüsselstil in den Frühjahrskollektionen 2022.
Wie er sich verbreitete
Um den Trend noch weiter anzufachen, haben ausgewählte Marken Werbekampagnen gestartet, die Intimität in den Mittelpunkt stellen. Die vielleicht überraschendste ist die „The New Normal“-Werbung von Suit Supply, die eine Orgie von Männern und Frauen in Unterwäsche zeigt, bis auf einen Mann im Anzug. Der Zeitpunkt der Werbung zu Beginn des Jahres erschien einigen etwas verfrüht, während die Marke Diesel (der sexy Werbung nicht fremd ist) zur gleichen Zeit eine ähnliche Kampagne vorstellte. Die Diesel-Notizen zu der Anzeige mit dem Titel „When Together“ boten eine nachvollziehbare Erklärung und beschrieben sie als „eine Porträtaufnahme von Abwesenheit und Sehnsucht, erzählt durch die Worte von Liebenden, die sowohl die Zeit der Trennung als auch die darauf folgende intensive Wiedervereinigung erlebt haben“. Kürzlich posierten Megan Fox und Kourtney Kardashian in der Skims-Kampagne für Herbst 21 zusammen in Unterwäsche und fütterten sich gegenseitig mit Obst. Wie Paris Hilton kommentierte, ist das „hot“ und bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung.
Was ist jetzt sexy?
Die Silhouetten haben sich zweifellos dem Körper angenähert, was durch die Wiederkehr von Kleidungsstücken wie Body-Con-Kleidern verdeutlicht wird, die jetzt mit Details wie Rüschen, Ausschnitten und Stoffdrapierungen eine moderne Note erhalten. Die Idee, den Körper wieder in den Mittelpunkt zu rücken, kann auf die derzeitige Stimmung für sexy Kleidung und eine neue Saison der sinnlichen Ausgelassenheit zurückgeführt werden. Auf den Laufstegen haben wir gesehen, wie die Modehäuser durch die Zurschaustellung von viel Haut auf sinnliche Looks gesetzt haben, wobei die Kleidungsstücke so geschneidert sind, dass nur wenig der Fantasie überlassen wird. Mutige Ausschnitte, die vom Dekolleté bis zu den Hüftknochen reichen, zeigen die Besessenheit der Mode von neuen erogenen Zonen: Schultern und Schlüsselbeine werden durch Neckholder- und Schulterträger sowie trägerlose Ausschnitte enthüllt, die sich gleichzeitig befreiend und inklusiv anfühlen. Hüftausschnitte in Form eines Tanga-Hosen-Hybrids können ebenfalls gewagt und aufregend sein und kommen besonders bei der Generation Z gut an.
In der Tat sind beim Einkaufen neuer Ausgeh-Kleidung das An- und das Ausziehen eng miteinander verbunden. Sexy Ausschnitte prägen die neuen Modelle, von Kleidern bis hin zu Oberteilen. Sogar Wintermode wie Cardigans spielen mit einer offenen Vorderseite, unter der nichts zu sehen ist – ein weiteres Beispiel ist die Strickjacke mit Logo-Verschluss von Jacquemus, die bei Gen Z ebenfalls sehr beliebt ist. Aber der Trend zu nackter Haut hat (paradoxerweise) auch dazu geführt, dass einige lang verschollene Kleidungsstücke wieder zurückkehren. Miniröcke zum Beispiel waren auf den Laufstegen allgegenwärtig, von Miu Mius Mikro-Minis bis zu Chanels neu aufgelegten Mini-Tweed-Anzügen. Nachdem in den vergangenen Jahren Midi-Säume die Kategorie der Röcke dominierten, scheinen Miniröcke ein neues Verlangen zu wecken. Vervollständigt wird der Look durch ähnlich freizügige Modelle wie BH-Tops, um die gezeigte Hautfläche zu maximieren. Diese Kleidungsstücke wecken zweifellos die Begeisterung eines immer größer werdenden Publikums, das sich nach etwas Neuem sehnt – in diesem Fall nach der Entblößung des Körpers.
Neues und Bemerkenswertes
Diese Mode ist aus mehreren Gründen nicht mehr so sexy wie in den Achtzigern oder den 2000ern. Neben den etablierten Luxusmarken ist eine jüngere Generation von Modeschaffenden die treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Die Londoner Designerin Nensi Dojaka, die vor kurzem den LVMH-Preis 2021 gewonnen hat und eine Favoritin von Dua Lipa ist, ist mit ihren Body-Con-Partykleidern und Lingerie-Details die erste Adresse für diese neue Art von Sexiness. Weitere namhafte Kreative sind Supriya Lele, Rejina Pyo, KNWLS und Ottolinger. Es sollte angemerkt werden, dass diese neue Garde allesamt Frauen sind, die für Frauen entwerfen, was die Macht des männlichen Blicks auf das verlagert, was Frauen tatsächlich tragen wollen, um sich sexy zu fühlen.
Was diese allgemeine Veränderung von den meisten Trends unterscheidet, ist die Tatsache, dass es in der Regel keine spezifische Ästhetik gibt, die dem Trend zur Sexiness zugeordnet wird. So lassen sich beispielsweise Cutouts bei Stella McCartney genauso gut auf sportliche Looks anwenden, wie auf Disco-Catsuits bei Saint Laurent. Die einzige Ausnahme ist, dass diese neue Welle des Körperbewusstseins vor allem bei den Y2K-besessenen Menschen auf Resonanz stößt – man denke an Blumarine mit den Micro-Shorts und den geknüpften Strickjacken.
Zu guter Letzt geht sexy Kleidung in diesem Jahrzehnt mit einem neuen Gefühl der Befreiung und einer Dosis post-pandemischem Eskapismus einher. Anders als in den Nullerjahren, geht es jetzt mehr darum, wie sich die Trägerin fühlt, und weniger darum, den männlichen Blick zu bedienen. Sexy Kleidung ist für alle da, mit hochgeschlossenen Säumen und taillierten Silhouetten, die das Körperbewusstsein im wahrsten Sinne des Wortes auf ein neues Niveau heben.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ