Berlin Fashion Week: Vladimir Karaleev kehrt mit offenen Gedankengängen zurück
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Nach acht Jahren ist Designer Vladimir Karaleev wieder zurück auf der Berliner Modewoche. Das 2010 gegründete Label zeigt – am Mittwoch von 16 bis 20 Uhr – die Kapselkollektion Dis/Play während eines Pop-ups in der NBB Gallery. Im Interview spricht er über die Gründe zur Rückkehr nach Berlin und wie er in der Zwischenkollektion die Grenzen von Form und Funktion auslotet.
Warum haben Sie sich entschieden, wieder in Berlin zu zeigen?
Vladimir Karaleev: Ich habe immer wieder Off-Schedule gezeigt, aber diesmal war der richtige Moment gekommen. Ich hatte die Möglichkeit, gemeinsam mit und unterstützt vom Fashion Council Germany meine Kollektion und Installation Dis/Play zu realisieren.
Warum mit einer Kapsel?
Eine Kapselkollektion erlaubt mir freier zu arbeiten und mich stärker dem Experiment zu widmen. Es sollen Einzelteile entstehen – eine Art "Swatch Book", in dem ich verschiedene Ideen ausprobiere. Für mich sind diese Zwischenkollektionen oft spannender in der Entwicklung als die Hauptkollektionen, die stärker auf den kommerziellen Showroom ausgerichtet sind.
Die SS26-Kollektion wird also weiterhin im September in Paris gezeigt?
Ja, in Paris wird dann die reguläre SS26-Kollektion in einem Showroom präsentiert.
Bedeutet das, dass Sie als Label keine Laufsteg-Schauen mehr machen?
Hier bin ich generell total offen, ich finde alle Präsentationsformate sehr spannend! Das Modell Showroom in Paris funktioniert für mich sehr gut.
Welche Ideen haben Sie in dem Sketch Book erkundet und wie verhalten sich diese Zwischenkollektionen zu den Hauptkollektionen? Sind es Fortführungen von Gedankengängen, die noch offene Experimente erfordern?
In der Zwischenkollektion beschäftige ich mich generell mit der Gestaltung von Flächen durch Textil, erstmal ohne Rücksicht auf die Reproduzierbarkeit der Kleidungsstücke. Damit möchte ich selbst meine Grenzen testen – wie weit kann man Form und Funktion ausdehnen im Bezug zum Körper, wann ist ein Kleidungsstück zweckfremd? Ich gehe immer zwei Schritte weiter, um dann einen zurückkommen zu können und die Balance wiederherzustellen. Dieser Prozess wird sichtbar in der Kollektion. Wichtig ist immer die Basis: der Ausgangspunkt ist die Tragbarkeit eines Kleidungsstückes, die praktikable Anwendung.
Daher ist die Annahme richtig – es sind Fortführungen von Gedankengängen, die aber keinen kommerziellen Zweck erfüllen müssen. Diese Fragmente und Ideen können dann später an die kommerziellen Ansprüche der Hauptkollektion angepasst werden.
Wie hat sich die Fashion Week Ihrer Meinung nach entwickelt?
Großartig! Es ist spannend, was jede Saison passiert und wie viel gute Mode in unterschiedlichsten Formaten zu sehen ist – das ist eine enorme Entwicklung. Berlin hat sich mittlerweile mit einem ganz eigenen Profil etabliert.
Was macht die Berlin Fashion Week für eine Marke wie Vladimir Karaleev aus?
Sie ist ein Teil von mir, weil ich sehr früh dabei war, viel miterlebt habe und hoffentlich auch etwas beitragen konnte. Die Berlin Fashion Week bleibt wichtig – sowohl für den lokalen Markt als auch für unsere Community. Damit kann ich mich gut identifizieren. Es bedeutet mir viel, hier authentisch präsent zu bleiben.
Ist das diesmal ein One-off?
Ganz sicher nicht – ich freue mich schon auf die nächste Saison im Februar.
Was macht Sie so sicher, dass Sie zurückkehren werden?
Ich freue mich sehr darauf, die Capsule Collection Dis/Play in dieser Woche dem Fachpublikum und auch direkt interessierten Käufer:innen vorstellen zu können. Diese Vorfreude allein lässt mich schon ahnen, dass ich, wenn ich jetzt wieder aktiver Teil der Berlin Fashion Week bin, auch direkt am nächsten Format weiterarbeiten möchte.
Ist die Berliner Modewoche für Sie wieder ein interessanter Kontext, um Kontakt zu Einkäufer:innen von Stores aufzubauen, wo Sie bisher nicht vertreten sind?
Der Kontext der Berlin Fashion Week wird immer noch interessanter, da jetzt wichtige internationale Stores vertreten sind und sich die Modeszene hier immer deutlicher positioniert. Ich habe meine wichtigsten Partner von 16 Jahren direkt in Berlin gefunden. Damals war ich noch im Studium, trotzdem habe ich schon Kollektionen gemacht, ein japanischer Einkäufer scoutete hier kleine Indiebrands und so entstand eine meiner wichtigsten Partnerschaften. Oft sehe ich Einkäufer:innen in Paris sehr überfordert mit der Menge an Brands. Hier habe ich das Gefühl, dass sie sich mehr Zeit nehmen können, um Brands zu entdecken.
Wäre auch eine Show mit Präsentation der vollen Kollektion vorstellbar?
Vorstellbar ist alles. Aus kreativer Perspektive reizt mich ein Showformat aktuell weniger: mich interessieren kleinere Formate und besondere Orte, an denen man konzeptuell arbeiten und Mode anders darstellen kann. Gleichzeitig gibt es Labels, die den Laufsteg spannend neu interpretieren – das finde ich auch inspirierend. Nur das klassische große Showformat wirkt für mich derzeit auserzählt. Es muss mehr passieren. Wie das aussehen kann, würde ich in den nächsten Saisons zeigen wollen.
Welche Restriktionen oder Konventionen des klassischen Showformats sind für Sie auserzählt?
Das klassische Laufsteg-Format muss überdacht werden, auch was Aufwand und Verbrauch von Ressourcen angeht. Es werden oft große Sets aufgebaut, die danach verschrottet werden, das finde ich nicht unbedingt zeitgemäß. Hier denke ich an große Luxushäuser, die ein großes Budget haben und damit auch eine große Verantwortung.
Heißt das künftig: Sie zeigen künftig experimentellere Formate in Berlin, und die Hauptkollektion im Pariser Showroom?
Das wäre eine sehr spannende Aufteilung!
Wie viele Stockists hat die Marke derzeit?
Aktuell zehn.
Könnten Sie einige Beispiele nennen?
No6 und Assembly in New York, Una in Portland, Shine in Hong Kong, Destination und Desperado in Tokio
Dieses Interview wurde in schriftlicher Form geführt.