Arbeiten in der Modebranche - fünf Absolventinnen, fünf Lebensläufe
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Vor beinahe zehn Jahren, 2007, schloss ich als eine von etwa 60 Diplomanden mein Modedesign-Studium an der Esmod Modeschule in München ab. Sechzig junge Menschen, die in der Modebranche arbeiten wollten, wurden an diesem Tag auf den Markt entlassen. Wo sie nun, fast zehn Jahre später gelandet sind, habe ich einige davon nun gefragt. Die Antworten zeigen, dass es so viele Wege in die Modeindustrie gibt, wie Absolventen. Fünf meiner ehemaligen Kommilitoninnen erzählen, welche Wege sie gegangen sind.
Svenja Liehn, Modedesignerin mit eigenem Trachten-Label
Was war Dein Berufswunsch, bevor Du die Modeschule besucht hast?Designerin und Ärztin stand ganz hoch im Kurs. Nachdem aber das Medizinstudium sehr lange gedauert hätte, ist es die Modeschule geworden. Kunst und Design haben mir schon immer Spaß gemacht. Ich dachte aber nachher ehrlich gesagt eher an eine Anstellung als Designerin, die Selbstständigkeit war damals noch kein Thema für mich.
Was machst du jetzt, zehn Jahre nach Abschluss?Ich habe meine eigenes Label gegründet und bin dort als Designerin und Geschäftsführung tätig. Eigentlich bin ich derzeit das Mädchen für Alles, aber so ist das in den ersten drei Jahren der Selbstständigkeit, habe ich mir sagen lassen. Nachdem ich lange im Corporate Design tätig war, bin ich irgendwann in den Trachtenbereich gerutscht. Meine Trachten-Firma heißt El Picaflor Munich. Wir präsentieren zwei Kollektionen mit ca 70 Damen- und Herrenteilen im Jahr.
Woraus besteht Deine tägliche Arbeit?Der Designpart nimmt mittlerweile einen sehr geringen Teil meiner Arbeitszeit ein. Man stellt sich das am Anfang ganz anders vor. Schlussendlich macht das Designen vielleicht noch fünf bis zehn Prozent maximal aus. Die hauptsächliche Arbeit besteht aus Materialbeschaffung, Produktionsanweisung und -Kontrolle, Buchhaltung, Verkauf, Marketing, Eventplanung, Messen etc. Man muss lernen, eine Marke zu kreieren und zu führen.
Welcher Weg hat Dich dorthin geführt?Ich hatte nach dem Studium einen Styling Job bei diversen TV-Sendern in München. Danach habe ich als Junior Designerin bei einer Münchner Corporate Fashion Firma angefangen. Da die damalige Chef-Designerin schwanger war, was ich zur Einstellung aber nicht wusste, stieg mein Aufgabenvolumen und die Anforderungen sehr schnell an. Bereits nach sechs Monaten war ich dort alleine und musste den Laden schmeißen. So habe ich schnell gelernt die Produktionen im Ausland einzusteuern und überwachen. Die beste Schule für mich.
Was ist Dein Tipp für junge Menschen, die in der Mode arbeiten möchten?Wer der es wirklich will, der wird es schaffen. Wichtig ist, Schritt für Schritt zu gehen. Wir fallen alle mal auf die Nase. Aufstehen, Krönchen richten und weiter geht’s.
Nadine Platz, Einkäuferin und Kundenberaterin bei einem Maßkonfektionär für Herren
Was war Dein Berufswunsch, bevor Du die Modeschule besucht hast?Ich habe zuerst eine fundierte kaufmännische Ausbildung als Bankkauffrau gemacht und in diesem Beruf insgesamt zehn Jahre gearbeitet. Dann wurde meine innere Stimme immer lauter und ich beschloss, Modedesign zu studieren. Mit Stoffen und Farben zu arbeiten, war immer schon meine heimliche Leidenschaft.
Jetzt, fast zehn Jahre nach dem Abschluss, was ist Dein Beruf?Ich arbeite als Einkäuferin und Kundenberaterin bei einem Maßkonfektionär für Herren - ein toller, abwechslungsreicher Job
Woraus besteht Deine tägliche Arbeit?Ich kümmere mich um Stoffeinkauf, Orderbearbeitung, Maßberechnungen, Kundenberatung, Desktop Publishing und vieles mehr.
Welche anderen Jobs und Praktika hattest Du nach Deinem Studium?Ich habe als Junior Produktmanagerin Lingerie, als Personal Shopper, als Stylistin, im Visual Merchandising und als Marketingmanagerin Lingerie gearbeitet. Praktika musste ich mit meinen beruflichen Vorkenntnissen zum Glück keine mehr machen.
Was rätst Du einem jungen Menschen, der in der Modebranche arbeiten möchte?Die eigene Passion zu finden. Ich konnte immer meine Kreativität mit meiner kaufmännischen Basis vereinen. Unbedingt diese Leidenschaft im Auge behalten und an Träumen festhalten.
Stefanie Hamann, Kostümbildnerin beim Fernsehen
Was war Dein Berufswunsch, bevor Du die Modeschule besucht hast?Bevor ich zur Esmod ging, war mein Wunsch in der Moderedaktion einer Zeitschrift zu arbeiten. Mein großer Traum war damals die Vogue. Nach der Esmod war das immer noch so, aber irgendwie bin ich stattdessen beim Fernsehen gelandet.
Welche anderen Jobs und Praktika hattest du nach dem Studium? Was machst Du jetzt?Beim Fernsehen habe ich erst als Garderobiere gearbeitet, dann als Kostümbildassistentin und nun arbeite ich selbst als Kostümbildnerin. Ich habe komplett ohne Praktika gestartet. Das war Glück, ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Woraus besteht Dein Arbeitsalltag?Meine Arbeit is super vielfältig. Viele, die weniger kreative Jobs haben, sehen es als Traumjob an: prominente Leute treffen und shoppen gehen. Im Endeffekt hat mein Job aber sehr viel Organisation und Recherche zu tun. Man bespricht die Vorstellung vom Projekt mit dem Regisseur und danach erarbeitet man die einzelnen Rollen. Man kauft Klamotten ein oder leiht sie im Kostümverleih. Hier hat man denn großen Vorteil, dass die Kleidung bereits 'gelebt' aussieht. Dann werden die Schauspieler gefittet. Hier ist Einfühlungsvermögen von Nöten, nicht jede Rolle schmeichelt der Figur oder dem Ego. Dabei muss man den schmalen Grad schaffen zwischen realistischer Darstellung und dem Wohlbefinden des Schauspielers. Danach beginnt die Drehzeit. Am Set kümmern sich Garderobieren um Verwaltung und Pflegen der Kostüme. Man kommuniziert viel mit anderen Departments wie Maske oder Szenenbild, damit einfach alles am Ende ein stimmiges Bild abgibt.
Was rätst Du einem jungen Menschen, der Kostümbildner werden will?Um beim Film in der Kostümabteilung zu arbeiten, sollte man aufgeschlossen sein, interessiert an Mode und ein Gespür haben für kleine Details. Im Idealfall beginnt man mit einem Praktikum. So bekommt man den Ablauf mit: Die Vorbereitungen, der Dreh und die Abwicklung. Man ist die Hilfe für die Kostümbildnerin, die Assistentin und die Garderobieren. Jeder, der hierbei aufmerksam und gut organisiert dabei ist, wird bald als Garderobiere im Filmgeschäft arbeiten können. Dann kann man überlegen, welche Arbeit einem mehr liegt. Die der Garderobiere am Set oder eher die kreativere der Assistentin und Kostümbildnerin.
Vanessa Morin, Designerin, eigenes Modelabel
Was war Dein Berufswunsch, bevor Du die Modeschule besucht hast?Ich wollte eigentlich immer irgendwas Kreatives machen. Auf der Fachoberschule für Design konnte ich viele kreative Bereiche ausprobieren (Grafik, Fotografie, Druck, Handwerk) aber es war schnell klar, dass mir der textile Bereich am meisten Spaß gemacht hat.
Jetzt, fast zahn Jahre nach dem Abschluss, was ist Dein Beruf?Ich bin tatsächlich weiterhin Modedesignerin meines eigenen Modelabels und arbeite parallel als Freelance Designerin für andere Kunden.
Woraus besteht Deine tägliche Arbeit?Das ist sehr unterschiedlich. Wenn ich als Freelance Designerin unterwegs bin, fahre ich viel zum Kunden, arbeite vor Ort an unterschiedlichen Projekten. Für mein eigenes Label kommt es immer auf die Entwicklungsphase an, entweder ich gehe auf Stoffmessen, recherchiere die neuesten Trends, arbeite an Designs, begutachte Prototypen, fahre zu den Produzenten oder bin in meinem Laden und lerne meine Kunden kennen.
Welche anderen Jobs und Praktika hattest du nach dem Studium?Ich war immer im Feld der Mode unterwegs. Von Design Jobs für Merchandise-Design-Firmen über Auslandsaufenthalte in Paris im Design bei Damir Doma habe ich verschiedene Bereiche innerhalb der Mode gesehen, aber fühle mich in der High- beziehungsweise Contemporary Fashion am wohlsten.
Was rätst du einem jungen Menschen, der in der Modebranche arbeiten möchte?Fleißig und organisiert sein, um die Ecke denken können, authentisch sein und sehr gut sein im Bezug auf Präsentation, sowohl visuell (gute Illustrationen und Design Zeichnungen) als auch im mündlichen Verkaufen seiner Ideen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Branche im Wandel begriffen ist. Es herrscht viel Unsicherheit, die Branche ist nicht einfach und es gibt viele Absolventen, die sich auf wenige Jobs bewerben.
Nadine Fässler, Designerin bei Lacoste
Was war Dein Berufswunsch, bevor Du die Modeschule besucht hast?Mein Berufswunsch vor der Modeschule war Fotografin oder Innendekorateurin. Ich habe aber schnell gemerkt, dass Kunst, Fotografie, Möbeldesign und Architektur eine grosse Inspirationsquelle für meine wirkliche Leidenschaft, die Mode sind.
Was machst Du jetzt?Heute, fast zehn Jahre nach dem Abschluss, arbeite ich als 'Assistante Tendance et Iconographie' bei Lacoste in Paris.
Woraus besteht Dein Arbeitsalltag?Meine tägliche Arbeit besteht daraus, Inspirationen für die kommenden Kollektionen zu recherchieren und nach Austausch mit unserem Creative Director Felipe Oliveira Baptista und dem Designteam Moodboards zusammenzustellen. Ausserdem zeichne ich unter anderem die Prints und grafischen Animationen für die Défilékollektionen und mache die Placements für die Modelle.
Welche anderen Jobs und Praktika hattest du nach dem Studium?Nach dem Studium habe ich ein kleines Praktikum bei Sharon Wauchob in Paris gemacht. Danach ging es in die Schweiz, wo ich für ein Jahr Designassistentin bei Akris Punto war und anschliessend vier Jahre für Akris' Défilé- und Haupt- und Prekollektionen, wo ich unter anderem Prints für mich entdeckt habe. Dann wollte ich zurück nach Paris wo ich einer rennomierten Stylistin assistierte während einem Jahr. Mit ihr habe ich Fotostrecken für Numéro und Vogue Japan gemacht, sowie diverse andere Shootings für Prêt-à-Porter labels.
Was rätst Du einem jungen Menschen, der in der Modebranche arbeiten will?Wichtig ist es, sich selbst treu zu bleiben und flexibel und offen zu sein. Es gibt viele verschiedene Wege in dieser Branche. Man sollte immer Respekt gegenüber der Arbeit der Profis zu haben und Netzwerke spannen. Viele Jobs werden durch Bekanntschaften, Empfehlunen und Kontakte vergeben. Und zu guter Letzt: Spaß an der Arbeit haben.
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Other photos: El Picaflor, Vanessa Morin