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​Wie Hongkong an seiner Modezukunft arbeitet: Eindrücke von der Messe Centrestage

Von Weixin Zha

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Messen|REPORTAGE

In der internationalen Modewelt hat sich die Rolle Hongkongs bislang auf die Produktion und Beschaffung von Kleidung beschränkt. Angesichts der zunehmenden Abwanderung von Produktionsstätten in südlichere Länder, setzt die asiatische Metropole nun auch auf eigenes Designtalent, das sie mit Modemessen wie der Centrestage fördert. Mit dem Aufstieg des Modesektors auf dem chinesischen Festland bleibt nur die Frage, welche Rolle die Stadt in der Zukunft spielen wird.

Neonröhren und schwarz-gelbe Streifen, die quer über den Boden der Messehalle verlaufen, verleihen der dritten Ausgabe von Centrestage die Atmosphäre einer futuristischen Baustelle. Unter dem Motto “Tomorrow Lab” fand die vom Hong Kong Trade Development Council organisierte Modemesse zwischen dem 5. bis 8. September statt. Der Ausrichtungsort im Convention and Exhibition Center erlaubte den 8.700 Einkäufern zwischen dem Sichten von 230 Labels und 20 Modeschauen immer wieder einen Blick auf das Markenzeichen Hongkongs: den Hafen und Wolkenkratzer der temporeichen Millionenmetropole.

“Wir wollen nicht nur lokale Marken und Designer fördern, sondern auch dass Asien und die gesamte Welt nach Hong Kong kommt, um neue Brands und Design-Talente zu zeigen”, sagte Lawrence Leung, der Vorsitzende des beratenden Textilausschusses des Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) und Geschäftsführer des Textilherstellers Sun Hing Knitting Factory Ltd, in einem Interview auf der Messe. “Hong Kong liegt im Zentrum von Asien und ist aus vielen Teilen der Welt leicht erreichbar.”

Hongkongs Bekleidungsindustrie blühte nach dem zweiten Weltkrieg auf als Investoren aus Shanghai mit einem Textilhintergrund in die Stadt kamen, erzählte Leung. Mit der Zeit verlagerte sich ein Großteil der Textilherstellung in Länder wie Kambodscha, Myanmar und Bangladesch, nur die hochwertige blieb in Hongkong. Zugleich festigte sich die Stellung der Stadt Sourcing Hub, in der internationale Einkäufer ihre Ordern aufgeben.

Die Daten des Statistikamtes von Hongkong spiegeln diese Entwicklungen wider: Die Anzahl der Bekleidungshersteller fiel von 1.081 im Jahr 2008 auf 603 zehn Jahre später. Ähnlich Tendenzen weisen die die Bekleidungsexporte auf. Nach einem Rückgang von 7 Prozent 2017, fielen sie im ersten Halbjahr 2018 um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Um den heimischen Modesektor zu unterstützen, hat die Regierung im Budget für 2016-17 500 Millionen HongKong Dollar bereitgestellt um lokale Designer zu unterstützen. Eine Plattform für das heimische Talent bietet die Messe Centrestage.

Mode-Ereignis Asiens

Doch Centrestage ist ambitionierter und will sich auch als internationales Mode-Ereignis etablieren. Die Messe gab ihren alten Namen “World Boutique, Hong Kong” auf und verlegte ihr Datum von Januar auf September um besser in den internationalen Modekalender zu passen. Das Ziel der Messe sei es nicht bestehende Formate zu kopieren sondern ein Leitevent in Asien zu werden, sagte Byron Lee, Senior Exhibitions Manager beim Hong Kong Trade Development Council. Die ausstellenden Marken wurden von einem Panel aus Einkäufern, Moderedakteuren und anderen Branchenfachleuten ausgewählt, erklärt er in einem Gespräch.

In die drei thematische Zonen Metro, Iconic und Allure unterteilt, dominieren Avantgarde Label und die auf Handwerk fokussierten Marken die Messe. Urbane und legere Marken machen rund ein Fünftel der gesamten Kollektionen aus. Koreanische Labels wie Navy Studio mit spannenden Details und Schnitten zu attraktiven Preisen finden sich zwischen eigenwilligen jungen Labels aus Hongkong wie Loom Loop. Ein paar Stände weiter zeigt Yoshiharu Wada handgefärbte Indigo-Hüte und Schals, die sich einer aus der japanischen Edo-Periode überlieferten Technik bedienen.

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“Es ist unsere erste Messe außerhalb Europas”, sagte Nada Lahjomri, Sales Managerin bei der AFA Agency, die im DACH Showroom Designer aus Österreich, Deutschland und der Schweiz vertritt. Der Hauptgrund hinter dem Besuch in Hongkong sei es den chinesischen Markt für die Designer zu erkunden und Kontakte zu knüpfen, erzählt sie. Lahjomri schätzt, wie Centerstage mit einem Vermittlungsservice das Treffen zwischen Brands und Einkäufern erleichert. Bis jetzt hat sie acht Einkäufer getroffen und eine Order erhalten.

Einkäufer aus China

Die Anzahl der Einkäufer stieg um 2,4 Prozent auf 8,700 gegenüber 2017 an. Für den Zuwachs sorgten dieses Jahr vor allem mehr Besucher aus Kanada, Frankreich, Deutschland, Indien, Korea, Russland, Taiwan und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

“Einkäufer aus Hongkong machen etwa 50 Prozent der Besucher von Centrestage aus, deshalb haben wir eher hohe Erwartungen an den lokalen Markt in Hongkong”, sagte Lim Donghwan, Team Manager beim koreanischen Showroom Gyeonggi Fashion Creative Studio, durch einen Übersetzer. Er hat 13 Labels im Gepäck, von denen er überzeugt ist, dass sie nicht nur in Asien sondern auch weltweit mithalten können.

Die zweitgrößte Einkäufergruppe kommt aus Festland China, darunter Warenhäuser und Multibrand-Geschäfte von Shanghai bis Chengdu, sagte Lee.

“Es gibt viele neue Designer aus China und Hong Kong. Wir schicken einen Einkäufer für Menswear oder Womenswear zur Centrestage um zu schauen, was gerade in Hongkong oder China los ist”, sagte Michael Mok, General Merchandise Manager von Joyce, in einem Interview. Der Multibrandstore aus Hongkong führt Designer von JW Anderson bis hin zu Marni und betreibt auch zwei Häuser auf dem chinesischen Festland.

Lange ein Textilhersteller der das Design westlicher Marken ausführt, wird China 2025 die USA und Europäische Union als Bekleidungsmarkt mit einem Volumen von 400 Milliarden US-Dollar (342 Milliarden Euro) überholen, prognostiziert das Institut Français de la Mode in einem Bericht über Damenmode in China. Obwohl chinesische Frauen weiterhin westliche Marken bevorzugen, werden lokale Marken interessanter und Konsumenten ‘modebewusster’, zeigte die Studie.

Die Straßen von Shanghai zeigen bereits, wie der Einfluss der westlichen Marken schwindet. “Dank sozialer Medien sowie Bloggern und Influencern, die verschiedene Trends schnell aufgreifen, fühle ich, wie sich die Lücke zwischen Ost und West schließt”, sagte Anupreet Bhuui, Senior Editor für Streetwear des Trendprognose-Unternehmens WGSN, während ihres Vortrags auf der Messe. “Shanghai hat sich wirklich auf die globale Landkarte manövriert. Die Art von Streetstyle, die aus Schanghai kommt, ist so interessant, sie ist weder von West noch Ost geprägt. Shanghai hat seinen individuellen Stil. Er ist sehr modern, urban und zeitgemäß.“

Talentförderung

Designer aus Hong Kong wie Redemptive, House of V und Loom Loop strahlten eine Energie auf dem Messegelände aus, die nur aus einer jungen Modeszene kommen kann. Centrestage hat aufstrebende Talente auch mit mehreren Wettbewerben unterstützt, die zur Messe stattfanden: der Hong Kong Young Designers Award, der Hong Kong Knitwear Designers’ Contest und der Redress Design Award, der der größte auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wettbewerb sein will.

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Um sich als Mode-Ereignis in Asien zu etablieren, hat Centrestage auch drei Designer aus China, Japan und HongKong eingeladen um bei einer Gala-Show ihre Frühjahr/Sommer 2019 Kollektion zu präsentieren. Ms Min aus China ließ sich von den goldenen Zwanzigern in Shanghai inspirieren, kombinierte Elemente traditionell chinesischer Kleidung subtil mit zeitgemäßen Formen globaler Ausstrahlung. Facetasm aus Japan widersetzte sich mit seinem Street-Ansatz den Geschlechter- und Altersgrenzen. Idism aus Hongkong erschaffte Kleidung, die die Sinne in einer schnellen Modewelt ansprechen sollen. Leggings und Ärmel enthalten auch die Elemente des alten Hongkong, wie Neonlichter, die dabei sind aus der Stadt zu verschwinden und die Julio Ng, Teil des Designer-Duos, gerne mit seiner Kamera einfängt.

“Wenn du darauf schaust, wie klein Hong Kong ist und wie weit wir gekommen sind, ist es eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden”, sagte Julio Ng, über einen seiner Lieblingsorte in der Stadt. Von dem Aussichtspunkt Victoria Peak erscheinen die Wolkenkratzer und der Hafen der mondänen Stadt plötzlich sehr klein.

Die Modewelt bewegt sich schnell, der Bekleidungssektor auf dem chinesischen Festland gewinnt durch die steigende Kaufkraft seiner Konsumenten an Bedeutung. Welche Rolle Hongkong hier einnehmen kann, bleibt noch offen. Lawrence Leung glaubt, dass die Handelsgeschäfte weiterhin in der Stadt erhalten bleiben. Das weiterhin praktizierte britische Recht, lasse die Einkäufer sich geschützt fühlen, wenn sie einen Vertrag unterschreiben.

“In Hong Kong sprechen wir ein gutes Englisch, haben einen hervorragenden kaufmännischen Verstand und sprechen eine gute ‘Textilsprache’. Hongkong wird daher noch eine große wirtschaftliche Rolle spielen”, sagte Leung, der auch dem örtlichen Textilproduzenten-Verband, Federation of Hong Kong Garment Manufacturers, vorsteht. Aber er fügt auch hinzu: “In Hong Kong müssen wir uns auch ständig erinnern, nicht zurückzufallen.”

FashionUnited hat auf Einladung des Veranstalters die Messe Centrestage in Hong Kong besucht.

Fotos: Centrestage & FashionUnited

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