Vorbei: So war die letzte Ispo in München
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„Wir belegen nach wie vor neun Messehallen, das ist sehr, sehr stark“, sagte Lena Haushofer, Exhibition Director der Ispo Munich, während ihrer Präsentation der aktuellen Daten und Fakten zur Ispo während der Messe. 1.750 Ausstellende aus 54 Ländern, mehr Start-ups als je zuvor, aber auch etwas weniger Fläche als beim letzten Mal, „alles ist etwas kompakter geworden“, so Haushofer weiter. Gut gefüllte Gänge (zumindest am Montag), jede Menge Möglichkeiten Sport selbst auszuprobieren – vom Paddleball bis zum Boxen - und auch sonst machte die Veranstaltung keineswegs den Eindruck, als hätte die Messe München den Spaß an der Ispo verloren.
Es gab hochkarätige Talkrunden, eine gelungene Premiere des Retail Conference Formats mit regionalen und internationalen Perspektiven. Auch Inspiration hatte die Messe zu bieten: Auf den Sonderflächen 520M von Highsnobiety und der hauseigenen Zeitgeist-Fläche wurden wichtige Marken präsentiert, die den Spirit einer urbanen, modernen Sport-Community verkörpern. Zu den bekannten Marken gehörten hier etwa Rains, On, Peak Performance, Merrell und Napapijri, aber auch Newcomer wie Karma8a, eine junge Boulder-Community-Marke aus Paris, die Londoner Golf-Brand Manors oder Roa, eine italienische Urban-Outdoor-Marke. Ergänzt wurden sie von etablierten Outdoor Größen wie Bergans of Norway, Icebug, von Fitnessmarken wie Athletica und Wintersportmarken wie 4F.
Die Weiterentwicklung von Urban Outdoor
Auch Messe-Premieren gab es, wie etwa den europäischen Launch der chinesischen Highend-Marke Vertex des chinesischen Daunenspezialisten Bosideng. Diese wurde gemeinsam mit dem Designer und Acronym-Gründer Errolson Hugh entwickelt. Bosideng, einer der größten Hersteller von Daunenjacken in China, wagt sich allmählich auf den europäischen Markt. In London wurde der erste Flagship-Store eröffnet, mit der Marke Vertex will das Unternehmen nun verstärkt europäische Händler:innen und Konsument:innen gewinnen. „Vertex ist unsere Antwort auf den Markt: Urbaner Lifestyle und die Funktionalität von Outdoorbekleidung wachsen zusammen“, sagt Yuandan Feng, Executive Director des Innovation- & Research-Teams von Bosideng. Hochfunktionelle Mode gleicht schließlich nicht nur beim Bergsteigen Temperaturschwankungen aus, sondern auch in Städten, in denen man immer wieder von drinnen nach draußen wechselt. Auf der Ispo war Bosideng auch in anderer Form zu sehen, nämlich auf der Fläche des Ispo Awards, mit dem die Marke in den letzten Jahren wiederholt für ihre Produktinnovationen ausgezeichnet wurde.
Auch Serab Levent, Strategy Director von Highsnobiety, macht darauf aufmerksam, dass „Outdoor nicht nur Berge und Trails sind. Es ist auch eine Kultur, eine Identität und eine Community, die in urbanen Regionen zu Hause ist. Die bebaute Umwelt ist die neue Wildnis, nicht im Gegensatz zur Natur, sondern in ständigem Dialog mit ihr“. Eisbaden oder Open-Water-Swimming in Flüssen und Seen von Metropolen wie Paris, München oder London bringen wilde Erlebnisse zurück in den urbanen Alltag. Aber auch Bouldern entwickelt sich weiter. René Grianourt, Gründer des Boulder Labels Karma8a aus Paris: „Wir sind eine neue Generation von Kletterer:innen und haben nach etwas gesucht, das unseren Lifestyle und unsere Identität widerspiegelt. Das haben wir bei den großen Marken nicht gefunden.“ Er sieht Bouldern inzwischen als eine neue, internationale Bewegung, ähnlich dem, was früher einmal Skateboarden oder Snowboarden gewesen ist.
Urbane Looks gab es auch bei der japanischen Outdoormarke Snow Peak zu sehen, die einen daunengefütterten, feuerfesten und wasserdichten Poncho präsentiert hat, den man gleichzeitig zum Schlafsack oder zur Picknick-Decke umwandeln kann. In der Bekleidungslinie setzt die Brand auf klassische Ripstop-Stoffe, die Retro-Feeling hervorrufen und gleichzeitig clean und minimalistisch wirken. Roa zeigte neben leichten Jacken auch superleichte, multifunktionelle Handtaschen im modischen Look, die sich ebenfalls an ein urbanes Publikum richten und innerhalb der klassischen Outdoor-Szene durchaus überraschend wirken. Rains zeigte hingegen Jacke-Hose-Kombinationen aus dicken Fleece-Stoffen mit Bundfaltenhosen und kurzen, weiten Jacken mit Gummizug im Saum.
Thema Nachhaltigkeit ist nach wie vor stark gefragt
Wie schon in den letzten Jahren gehörte die Sustainability-Fläche mit dem Material-Lab zu den Flächen mit großer Anziehungskraft. Hier präsentierten sich ausgewählte Unternehmen und Organisationen, die die Branche dabei unterstützen, die ökologische Transformation hinzubekommen. So präsentierte Textile Exchange beispielsweise seinen neuen Meta-Standard „Materials Matter“, der erst am 12. Dezember offiziell gelauncht wird. Er soll alle bisherigen Standards ablösen und bis 2027 zu einem vereinen. „Wir wollen damit die Komplexität reduzieren und es auch für den Endverbraucher leichter machen, sich an Standards zu orientieren“, sagte die Vertreterin von Textile Exchange.
Der Schuhhersteller Icebug präsentierte eine innovative Lösung zur Reduzierung der CO2-Emissionen in der Lieferkette, die Schule machen sollte: Statt selbst in Solarpaneele zur Stromgewinnung investieren zu müssen, wurden die Dachflächen von allen Zulieferbetrieben an Stromhersteller vermietet, die dort auf eigene Kosten Solarstrom erzeugen. Der Vorteil: Es entstehen keine Kosten für die Zulieferbetriebe!
Zu den Highlights im Material Lab gehörte das Unternehmen Colorifix, das Bakterien dazu bringt, Farbstoffe non Pflanzen oder Tieren aufgrund ihrer genetischen Codes nachzubauen. Über einen Fermentierungsprozess wird die Farbe gewonnen und kann in industrieüblichen Prozessen verwendet werden. Dieser Prozess spart zudem 77 Prozent Wasser und 35 Prozent Energie und es entstehen keine umweltschädlichen Abwässer.
Blick nach Vorne: Die neue Messe in Amsterdam
Aber natürlich zeigte die Messe auch die Schwierigkeiten, die dazu geführt haben, dass der Standort in München aufgegeben wurde. Vor der Pandemie zählte die Messe noch über 80.000 Besuchende, im letzten Jahr waren es nur noch 55.000. Auch der nahezu komplette Wegfall des Wintersportsegments – früher das Aushängeschild und die tragende Säule der Wintermesse – war ein schwerer Verlust, der kaum kompensiert werden konnte.
„Die Consumer Goods Shows haben sich verändert“, sagt Messe München CEO Stefan Rummel. „Es sind neue Retailmodelle entstanden, die Branche hat sich fragmentiert“, so Rummel weiter. Auch den noch früheren Termin, den sich die Industrie wünschte, konnte die Messe aufgrund anderer Belegungen nicht ermöglichen. „Wir haben viel versucht. Aber es hat sich nicht verbessert.“ Die Ispo an einen anderen Standort und an eine neue Organisation zu übergeben, sei eine strategische Entscheidung gewesen, die getroffen werden musste. Sonst hätte es die Ispo im nächsten Jahr gar nicht mehr gegeben. Rummel: „You disrupt yourself, or you get disrupted“.
Auch die neuen Messemacher, die Raccoon Media Group aus London, haben die letzte Ispo Munich genutzt, um Werbung für die neue Veranstaltung in Amsterdam zu machen. Vom 3. bis 5. November 2026 soll sie dort erstmals mit neuem Konzept stattfinden. Unternehmen wie Burton Snowboards oder Pentland habe man zumindest als Speaker schon gewinnen können, berichtet CEO Mike Seaman. Auch Skateboard-Rampen und Kletterwände will Raccoon integrieren um für die richtige Atmosphäre zu sorgen. Eine Millionen Euro will Seaman investieren. Wie heißt es doch: „Jedem Ende liegt auch ein neuer Anfang inne“.