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Von Fashion Week zum Messestandort: Die Modestadt Berlin orientiert sich neu

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Messen|KOMMENTAR

Mit weniger Schauen im Angebot und dem nicht mehr stattfindenden Berliner Salon, entwickelt sich Berlin zusehends zur Stadt der Modemessen und nicht mehr der Modewochen.

Panorama und Premium sortierten sich neu, was insbesondere auf dem Messegelände für einen kompakteren und klaren Auftritt sorgt. Ein starkes Bild gibt auch die Nachhaltigkeitsmesse Neonyt ab (früher Green Showroom und Ethical Fashion Show). Es hilft, dass die Ausstellung im Kraftwerk durch Events und ein zugkräftiges Kongressprogramm zu Nachhaltigkeits- und Technologiethemen flankiert wird. Die große Herausforderung für die Zukunft wird sein, die Pionierarbeit, die hier von kleinen Labels geleistet wird, aus der Nische zu bringen und für den Massenmarkt nutzbar zu machen. Nachhaltigkeit wird auch ein Kernthema und Verkaufsargument für alle Premium- und Panorama-Aussteller in der kommenden Woche sein.

Das Münchener Label WE.RE war ebenfalls vor einem Jahr zum ersten Mal auf der Modemesse Seek dabei. „Es lohnt sich in jedem Fall, auch wenn Berlin von vielen als Scouting-Ort gesehen wird“, bestätigen Gründerinnen Theresa Reiter und Katharina Weber. „Es ist der erste Termin der Saison, so eine Art Klassentreff der Branche“. Die beiden zeigen aber auch in Kopenhagen, wo sie seit einiger Zeit präsent sind. Würden sie nochmal Berlin machen? Auf jedem Fall.

Berlin zu einem international relevanten Marktplatz zu machen ist ambitioniert, aber machbar

Zweigleisig zu fahren ist eine erprobte Strategie vieler Designer, auch die von dem Münchner Designer Marcel Ostertag, der mittlerweile in Berlin sein Büro hat, und in Berlin aber auch in New York seine Schauen veranstaltet. In Deutschland zu Hause, international unterwegs. Jetzt muss aber der nächste Schritt her – internationale Einkäufer, weiteres Wachsen, kein Jungdesigner mehr sein. Die Existenzberechtigung der Berlin Fashion Week liegt unter anderem in der internationalen Strahlkraft, die der Ort potenziell entfalten kann. Berlin zu einem international für Einkäufer und Brands relevanten Marktplatz beziehungsweise einer Inspirations- und Kommunikations-Plattform für den globalen Modemarkt zu entwickeln - gerade im Bereich Nachhaltigkeit - ist ambitioniert, aber machbar.

Der Media Impact Value (MIV) von Launchmetrics beweist es ebenfalls: Deutschland erzielte in der vergangenen Saison den höchsten Wert bei der medialen Berichterstattung über Modewochen, mit einem vergleichbaren Gesamt-Wert von über 5 Millionen US-Dollar (4.4 Millionen Euro). Zum Vergleich: Der Wert der medialen Aufmerksamkeit über Print, Online und soziale Medien betrug in den Vereinigten Staaten knapp 4,8 Millionen US-Dollar, Frankreich kam auf 3,5 Millionen US-Dollar und Italien auf 3,2 Millionen US-Dollar. Während das Hauptthema in Paris, New York oder Mailand Celebrities, Marken und Shows bleiben, sprachen die Medien zur Berlin Fashion Week im Januar 2019 am meisten über die Neonyt und die Messe erzielte damit einen Wert von 30.632 US-Dollar. Die in Potsdam ansässige Marke Maisonnoée lag mit ihrer Show mit einem medialem Wert von 198.503 US-Dollar zwar an erster Stelle, aber die Engagement-Zahl von 236 fiel niedrig aus. Dagegen konnte die Neonyt stolze 15.853 Engagements kassieren, vor allem in den sozialen Medien.

Relevanz ist zuallererst eine Frage des Angebots. Möglicherweise ist es da gar nicht so sinnvoll, etablierten Modemetropolen wie Paris und Mailand nachzueifern, sondern erfolgversprechender, verstärkt auf Felder zu setzen, die diese alten Modestädte links liegen lassen – und da sind Nachhaltigkeit und Fashiontech innovative Wachstumsfelder, die Berlin glaubwürdig besetzen kann. Auch für Streetwear steht die deutsche Hauptstadt wie kaum eine andere. Zugleich reicht es natürlich nicht, nur auf die Nischen zu zielen. Um relevant zu sein, ist ein kompetentes Angebot an marktrelevanten Kollektionen unabdingbar. Deswegen ist es gut, dass Anbieter wie Riani, Marc Cain und Bogner die Plattform Berlin für Shows und Events nutzen. Weniger ist doch mehr. Ganz große Namen sind in diesem Jahr nicht dabei, aber das macht nichts. So bleibt Aufmerksamkeit für junge Talente.

Berlin bleibt spannend, und wie keine weitere Plattform in Deutschland relevant, auch wenn es weniger um Prominenz und abwesende große Labels geht. Vielleicht ist die neue Richtung ganz gut - sachlich, High-Tech und nachhaltig orientiert - wie bei der gesamten Modebranche, der das Jahr des Aufwachens vorausgesagt wird. Berlin ist unser Spiegel; es lohnt sich, sich einmal selbst zu betrachten.

Geschrieben von Team Launchmetrics. Launchmetrics ist eine Marketing- und Datenanalyseplattform für die Mode- Luxus und Beautyindustrien, die mit über 1000 Kunden und Partnern weltweit arbeitet. Das Team von Launchmetrics ist vor Ort in Berlin mit einem Workshop „Making Sense of Data – How To Measure & Read Data to Drive Your Business Sustainably” (Neonyt, 2. Juli 17 Uhr) und Diskussionsrunde zum Thema Sustainable Future (Premium, 3. Juli 14 Uhr).

Bild: Launchmetrics

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