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‘Mode-Labyrinth’ CIFF: Herausforderungen und Raum für Verbesserungen

Von Sylvana Lijbaart

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Messen |BERICHT

Eingang der CIFF 62. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

Vor einem Jahr übernahm die Copenhagen International Fashion Fair (CIFF) den Messekonkurrenten Revolver. 'Die Modebranche muss mehr zusammenarbeiten, um die Zeit nach der Pandemie zu gestalten', war die Botschaft, die CIFF-Direktorin Sofie Dolva damals an die Übernahme hängte. Die erste Form der Zusammenarbeit machte sich bei der Winterausgabe 2023 durch Shuttlebusse bemerkbar, die nun nicht nur die Besucher:innen zwischen den Revolver-Veranstaltungsorten beförderten, sondern auch im Bella Centre [dem CIFF-Sitz, Anm. d. Red.] Halt machten. Die SS24-Ausgabe trug den Namen CIFF x Revolver und fand unter einem Dach statt, um die Vision „One Copenhagen“ zu verfolgen. Diese Vision nahm im Januar 2024 neue Formen an: Die Messe präsentierte sich unter einem Namen und unter einem Dach, zu dem mehrere neue Hallen hinzukamen.

„CIFF 62“ fand im Bella Center statt, dem zweitgrößten Ausstellungs- und Kongresszentrum Skandinaviens, das zwischen dem Stadtzentrum und dem Flughafen Kopenhagens liegt. Mit anderen Worten, es ist für die Besucher:innen leicht zu erreichen. Und das ist wichtig, denn die dänische Messe wächst stetig. So hat sich die Zahl der Besucher:innen gegenüber der letzten Ausgabe verdreifacht, und immer mehr Marken finden den Weg zur Messe. Deshalb erweiterte die CIFF für die Ausgabe vom 31. Januar bis 2. Februar 2024 ihre Fläche um 30 Prozent und die Zahl der Aussteller:innen nahm um 20 Prozent zu. Insgesamt verfügte die „CIFF 62“ über eine Ausstellungsfläche von über 26.000 Quadratmetern, auf der mehr als 1000 Marken ausstellten. Hinzu kamen Showrooms im ersten und zweiten Stock, die rund 20.000 Quadratmeter umfassten.

Nach einem weißen Vorhang wurden Besucher:innen in ein CIFF-Wunderland entführt: Aus den Lautsprechern ertönt märchenhafte Musik, und die verschiedenen Blöcke, auf denen die einzelnen Messesegmente genannt sind, wechseln ihre Farben im Rhythmus der Melodie. Auf dem Boden finden sich die Farben der Segmente in Form von Linien wieder, die Besucher:innen helfen, sich in den verschiedenen Hallen zurechtzufinden: Premium & Classic Apparel, Schuhe & Accessoires, CIFF Kids, Outdoor Apparel und Contemporary Womenswear & Menswear. Es erinnert an ein Netz von U-Bahn-Linien und Sehenswürdigkeiten. Für die „CIFF 62“ haben sich die Veranstaltenden für ein „Town Square“-Konzept entschieden, bei dem die Besucher:innen Mode, Beauty, Unterhaltung, Snacks und Getränke sowie Musik entdecken können. So gibt es in jeder Halle verschiedene gastronomische Angebote; es wird Live-Jazzmusik gespielt, und unter den Aussteller:innen befindet sich dieses Mal auch Beauty-Anbietende. Im Zentrum der kleinen Modestadt befindet sich ein Marktplatz, auf dem Besucher:innen an Workshops teilnehmen, Live-Podcasts hören oder einfach nur bei Erfrischungen entspannen können.

Lange Silhouetten, der Haupttrend der CIFF 62. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

Lange Silhouetten, Nadelstreifen und der mehrlagige Netzrock: die Trends der „CIFF 62“

Wer seine erste Orientierungsrunde nach etwa anderthalb Stunden Fußmarsch hinter sich gebracht hat, dem fällt sofort etwas auf: Die FW24 steht ganz im Zeichen langer Silhouetten. Der Trend, der von mehreren Trendforscher:innen genannt wird, dominiert die Messe. Der Stand von Mlga Studio zum Beispiel ist voll von übergroßen Kleidungsstücken, wie einer burgunderroten Bluse, die bis zu den Knöcheln fällt, und einem schwarzen, maskulinen Trenchcoat, der mit einer zusätzlichen Schleppe neue Formen annimmt, die an ein Hochzeitskleid erinnern. Am Stand von Essentiel Antwerp sind auch mehrere lange Silhouetten zu sehen, wie zum Beispiel vergrößerte Blusen mit Blumendruck sowie eine braune Tunika mit weißen Längsstreifen und blauen Akzenten. Nü Denmark bestätigt diesen Trend, indem zwei Schaufensterpuppen mit meterlangen Röcken von der Decke hängen.

Nadelstreifen finden in der FW24-Saison ihren Weg auch in die Anzugmode für Damen und Herren. Auffallend ist ebenfalls eine Weste, die Anzügen für Frauen zunehmend hinzugefügt wird. Ein weiterer Trend, der auf der Messe zu sehen war, ist die Rückkehr des mehrlagigen Netzrocks in leuchtenden Farben.

CIFF 62: Besucher:innen halten sich an vorgegebene Hauptroute, Nebengänge sind ruhig

Insgesamt sah „CIFF 62“ eher ruhig aus, aber was die Zahlen der Besucher:innen angeht, zählte die Messe bereits am ersten Tag rund 7.000 Besuchende, so Brand Manager Sinem Maria Printz Basaran gegenüber FashionUnited. In drei Tagen verzeichnete die CIFF 17.800 Besucher:innen. Die Zahl der individuellen Besucher:innen stieg um 30 Prozent.

Die Ruhe hat ihre Vor- und Nachteile. Einige Stände sind besser positioniert als andere, heißt es unter den Ausstellenden. Die niederländische Marke Barts zum Beispiel ist ganz hinten in einem Seitengang der zweiten Halle platziert. „Wir sind mit unserem Platz auf der CIFF zufrieden, aber wir hätten es vorgezogen, etwas weiter vorne zu stehen“, sagt eine Vertreterin der Marke. Barts hebt sich mit seinem Stand von den anderen ab, indem er in die Höhe geht und so seine bekannten Hüte hervorhebt. „Zum Glück können wir auf diese Weise wenigstens zeigen, dass wir da sind“, sagt sie.

Am Stand der deutschen Marke Mandala, die ebenfalls in einem Seitengang ausgestellt ist, ist eine ähnliche Geschichte zu hören. Die Marke gibt ihr Debüt auf der dänischen Messe, nachdem sie ihren skandinavischen Showroom geschlossen hat. „Wir sind auf der Suche nach neuen Kund:innen in dieser Region [Skandinavien, Anm. d. Red.]. Unsere erste Teilnahme an der CIFF ist aufregend, es ist eine Annäherung. Ich stelle fest, dass die Seitenwege der Hallen weniger Publikum anziehen als der Hauptweg mit den U-Bahn-Linien“, sagt Olga Meyer.

Bei der norwegischen Marke Hést geht es hoch her. Sie ist zum dritten Mal auf der Messe und schafft es, jedes Mal einen größeren Stand zu bekommen, so Prinzessin Märtha Louise von Norwegen, die Miteigentümerin der Marke. Hést ist im Hauptgang ausgestellt und kündigt mit Aufklebern auf dem Boden an, dass es internationale Agenturen sucht. „Die CIFF ist ein so wichtiger Akteur in dieser Branche. Wir bekommen dort immer eine Menge neuer Kund:innen. Dieses Jahr sind wir dort, um internationale Agenturen zu gewinnen.“ Hést verfügt inzwischen über 94 Verkaufsstellen in Norwegen und hat bereits viel an internationalem Boden gewonnen. Die Marke ist unter anderem in Skandinavien, Island, Italien, Spanien und der Schweiz sowie in Amerika tätig. Sie möchte nach Benelux, Deutschland und Frankreich expandieren, ist aber offen für eine Expansion in allen Märkten.

In Verlängerung trifft man auf CIFF-Veteran Cofur Denmark. Die Marke verwandelt vorhandene indische Stoffe in neue Kleidung. Der Stand zeigt Paisleymuster und viel Farbe. Ein Vertreter der Marke erklärt, dass Cofur Denmark bereits seit sechs Jahren auf der Messe vertreten sei. Die Tatsache, dass nun alles unter einem Dach zu finden ist, verschafft der Marke mehr Zulauf. „Am ersten Tag waren die Kund:innen ständig zwischen 11:00 und 17:00 Uhr am Stand. Am zweiten Tag ist es etwas ruhiger“, heißt es weiter.

Das gleiche ist auch in anderen Hallen zu hören: Wer sich auf dem Hauptgang befindet, hat das große Los gezogen; Ausstellende in den Nebengängen müssen nach Besucher:innen suchen. So war zum Beispiel der Zulauf am Stand von Kings of Indigo enttäuschend, aber der Stand von Essentiel Antwerp war drei Tage lang mit potenziellen Kund:innen gefüllt. Am Stand von Neo Noir waren Vertreter:innen damit beschäftigt, über iPads Bestellungen aufzugeben, und am Stand von Sommerstedt probierten die Leute Kleidung an. Für die peruanische Marke Sophia Lerner hätte es etwas lebhafter sein können. „Aber“, erklärt Sara Portal Paredes, “das lag vielleicht auch daran, dass unsere Kollektion nicht rechtzeitig zur Messe eingetroffen ist.“ Die Marke musste improvisieren, was sich in einem Stand mit zwei schwarzen Kleiderständern manifestierte, an denen Fotos der Kollektion hingen. „Manche Leute dachten, das sei eine absichtliche Aktion, aber das ist es nicht“, fügt sie hinzu.

Beauty als Fragment zwischen Modeständen. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

Beauty in Fragmenten

Wer im Vorfeld die CIFF-Website besucht oder über die App bereits einen Blick auf den Hallenplan geworfen hat, war wahrscheinlich überrascht, keinen separaten Beauty-Bereich zu sehen. Auf der Messe wird schnell klar, dass das Beauty-Segment in Fragmenten zwischen den Modeständen zu sehen ist. In jedem Hauptgang sind etwa fünf Beauty-Stände aufgebaut. Erkennbar sind diese an langen weißen Vorhängen, die über den Ständen hängen.

Dass es diesmal keinen separaten Bereich für dieses Segment gibt, liegt an den Rückmeldungen, die die Messeveranstaltenden erhielten. Die Beauty-Ausstellenden freuen sich daher über den neuen Platz auf der Messe. „Die CIFF ist und bleibt eine Modemesse. Bei der letzten Ausgabe haben wir festgestellt, dass sich die Besucher:innen weiterhin auf Mode konzentrierten, obwohl unsere [Beauty-]Halle damals voll war. Die Tatsache, dass wir jetzt in der Modehalle sind, sorgt für mehr Besucher:innen an den Ständen“, heißt es. Am Stand von Woods_ Copenhagen zum Beispiel war es die ganze Messe über nicht einen Moment lang ruhig. „Wir befinden uns in einer erstklassigen Lage - mitten in einer der Haupthallen, was viele Besucher:innen dazu veranlasst, sich trotzdem umzuschauen, auch wenn sie nicht unbedingt auf der Suche nach Schönheitsprodukten sind“, erklärt ein Vertreter. Das gleiche ist bei der grönländischen Marke Inuacare sowie bei Mantle und Nuori zu hören.

CIFF 62. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

CIFF: das Mode-Labyrinth, in dem nicht alle ihren Weg fanden

Ein wachsender Messeplan wird zwar oft positiv gesehen, bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. Wie stellt man sicher, dass alle ihren Weg finden? Die CIFF machte sich darüber Gedanken und verband alle Hallen mit farbigen Linien, die den Weg weisen sollten, und stellte an verschiedenen Orten Hallenpläne aus. Die Messe verfügt auch über eine App, mit der sich Besucher:innen zum Stand einer bestimmten Marke auf dem Hallenplan navigieren lassen können. Dies war übrigens nicht klar angegeben und schien auch bei Einkäufer:innen und Ausstellenden nicht ganz verstanden zu werden. Um dem Publikum die Orientierung zu erleichtern, brachten die Veranstalter:innen am zweiten Tag Aufkleber auf den Hallenplänen an, die deutlich machten, in welcher Halle (A, B, C oder D) man sich befand. Doch auch das erwies sich nicht als die richtige Lösung.

Wer Schuhe und Accessoires suchte, musste schon fast Labyrinth-Expertise haben, um die richtige Halle zu finden. Es ist dort sehr ruhig, zu ruhig, darin sind sich die Standinhaber:innen einig. Ein Vertreter von Börjesson Handskar stimmt zu; die schwedische Marke ist seit Jahren auf der CIFF vertreten, findet aber die Winterausgabe 2024 enttäuschend. „Das könnte an der Einteilung liegen. Wir stellen fest, dass die Besucher:innen unsere Halle nicht finden. Wenn ich über die Messe gehe, sehe ich viele Besucher:innen vor allem im Eingangsbereich und in der Halle, in der die Damen- und Herrenmode ausgestellt wird. Übrigens gibt es dort auch Stände für Schuhe und Accessoires. Da kann ich verstehen, dass die Leute nicht gezielt nach diesem Stand suchen.“

Ähnlich klingt es am Stand der französischen Schuhmarke Mephisto. Helga Meersmans, Mitbegründerin der belgischen Taschenmarke Kaai, führt die Ruhe vor allem auf die Lage auf der Halle zurück. „Wir befinden uns ganz hinten in einem Nebengang einer Halle, die kaum besucht wird. Die Leute, die diese Halle betreten, folgen hauptsächlich den vorgezeichneten Linien, so dass wir viele Besucher:innen verpassen. Es wäre besser gewesen, uns einfach zwischen die Damenmode zu platzieren.“

Hier und da sind Aussteller:innen im Bereich Schuhe und Accessoires noch optimistisch. Die niederländische Marke O My Bag zum Beispiel hatte einen guten Tag am zweiten Messetag, an dem neue Kund:innen hinzukamen. Unter den Interessierten am Stand befanden sich viele Besucher:innen aus Norwegen, Schweden und einige aus Deutschland. Auch für die deutsche Marke Tamaris, die ebenfalls einen Showroom im Bella Centre unterhält, ist die CIFF 62 als gute Messe zu bezeichnen. Tamaris ist an einem der Eingänge positioniert und erhält daher immer noch viel Aufmerksamkeit. Die deutsche Marke stellt dort ihre Taschenkollektion vor. „Taschen sind relativ neu auf diesem Markt. Wir merken, dass das Interesse da ist und unsere Kund:innen wiederkommen, um zu plaudern. Das ‘eigentliche Geschäft’ wird aber oben [im Showroom] gemacht“.

Der Bereich „Shoes & Accessories“. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

Einkäufer:innen tauchen ins CIFF-Angebot ein

Für das Publikum, das sich natürlich auch in der „Modestadt“ zurechtfinden musste, war es vor allem ein Vergnügen. Ein Einkäufer der niederländischen Modekette Rinsma Modeplein erzählt: „Wir kommen schon seit mehreren Jahren zur CIFF. Seit kurzem befindet sich alles unter einem Dach, und das ist fantastisch für uns. Wir haben ein Geschäft mit mehr als 250 Marken. Auf der CIFF suchen wir nach Marken, die sich abheben, die einzigartig sind. Weil die Messe so groß ist, ist es manchmal schwierig, alles auf einen Blick zu sehen. Deshalb sind wir zwei Tage lang auf der Messe anzutreffen: einen Tag, um uns zu orientieren, und einen Tag, um wirklich mit den Marken ins Gespräch zu kommen.“

Für Mie Bager, leitende Einkäuferin beim schwedischen Unternehmen Boozt, wird die „One Copenhagen“-Vision auch in dieser Ausgabe als positiv erlebt. Die Messe bietet alles: von guten Lunch-Hotspots über ein vielfältiges Markenangebot bis hin zu genügend Platz, um mit Ausstellenden richtig ins Gespräch zu kommen. „Da die Messe so groß ist, ist der Andrang verteilt und man wird nicht einfach vom Stand gejagt.“ Die gleiche Erkenntnis teilen auch drei Einkäufer:innen aus China, die die Messe zum ersten Mal besuchen. Für zwei Inhaber des dänischen Modehauses Soho ist CIFF seit Jahren der richtige Ort, um alle ihre Marken kennenzulernen. Hier und da entdecken sie neue Marken, mit denen sie später zusammenarbeiten, obwohl sie nicht unbedingt deshalb hierher kommen.

Der Marktplatz der „Stadt“ auf der CIFF 62. Bild: FashionUnited / Sylvana Lijbaart

Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die „CIFF 62“ als völlig eigenständige Modestadt etabliert hat; von einer Podcast-Station auf dem „Marktplatz“ bis hin zu Mittagslokalen an jeder Straßenecke und von Workshop-Räumen bis hin zu mehr als 1000 Ausstellenden. CIFF wächst weiter und das bringt immer neue Herausforderungen mit sich. Wie stellt man etwa sicher, dass sich das Publikum in einem Modelabyrinth zurechtfindet? Dies schien in der Winterausgabe 2024 aufgrund der geringen Besucher:innenzahlen im Bereich Schuhe und Accessoires nicht ganz zu gelingen. Darüber hinaus schienen die farbigen „Metro-Linien“ das Publikum nur durch die Hauptgänge der Hallen zu führen. Dennoch herrschte unter den Ausstellenden Optimismus aufgrund des großen Interesses des internationalen Publikums und der in den Modebereich integrierten Beauty-Stände.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.

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