IFCO: Türkische Modeindustrie wirbt um die Gunst Europas
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Die Türkei gilt als Textilland, das sich auf hochwertige Produktion konzentriert. Das Land tritt in Konkurrenz mit den größten Akteuren der Bekleidungsindustrie, wie Bangladesch und China. Trotz jahrelanger Marktbehauptung wird die türkische Wirtschaft jedoch nach wie vor von hoher Inflation und den Nachwirkungen der Erdbeben von 2023 geprägt.
Die türkische Textilindustrie geht jedoch keine Kompromisse bei den Preisen ein – Qualität steht über Quantität. Die Türkei verfügt über eine starke Infrastruktur, eine diversifizierte Produktionskapazität und großes Design-Talent. Dank ihrer geografischen Lage fungiert sie als Brücke zwischen Asien und Europa und verfolgt das Ziel, sich als Zentrum der Modebranche zu etablieren.
Die Istanbul Fashion Connection (IFCO) soll dieses Bestreben unterstützen. Die siebte Ausgabe der Textilmesse, die vom 5. bis 7. Februar 2025 in der türkischen Metropole stattfand, zielte darauf ab, den weltweiten Export hochwertiger Bekleidung anzukurbeln. FashionUnited war auf Einladung vor Ort.
Internationalisierung und ein erweitertes Angebot an Kindermode
Die türkische Inflation ist in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Der Januar markierte den achten Monat in Folge mit rückläufiger Inflation und endete bei 42,12 Prozent im Jahresvergleich, während die Lebenshaltungskosten im Monatsvergleich um 5,03 Prozent stiegen, wie aktuelle Zahlen des türkischen Statistikamtes Tüik zeigen. Bekleidung und Schuhe wurden im Januar um 27,53 Prozent teurer als im Vorjahr, während die monatliche Inflation hier 5,17 Prozent betrug. Die Prognose geht davon aus, dass die Inflation im Laufe des Jahres weiter sinkt und bis Jahresende bei rund zwanzig Prozent liegt.
Die IFCO soll zur wirtschaftlichen Erholung beitragen und die hohe Inflation bekämpfen. Die Messe dient als zentrale Plattform für türkische Hersteller:innen und internationale Modehändler:innen. Das Event fand im Expo Center statt und zählte über 500 Ausstellende auf einer Fläche von 35.000 Quadratmetern. Die Messe deckt verschiedene Segmente ab, darunter Damen-, Herren- und Kindermode, Sportbekleidung, Accessoires, Abendmode und Denim, verteilt auf sechs Hallen.
Auf der Herbst/Winter-Ausgabe der nun dreijährigen Messe zeigt sich, dass die IFCO große Fortschritte in Richtung Internationalisierung gemacht hat. Zudem liegt der Fokus verstärkt auf jungen Designer:innen und Marken, während das Angebot an Kindermode erheblich erweitert wurde.
An den ersten beiden Tagen drängten sich die Besucher:innen am Eingang. Ticket-Scanner piepten unaufhörlich, und die Drehkreuze werden im Eiltempo passiert. Der dritte Messetag diente vor allem dem Networking unter den Ausstellenden. Offizielle Besucherzahlen zur siebten Ausgabe hat die IFCO zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch nicht veröffentlicht, doch laut Pressemitteilung rechnete die Organisation mit 30.000 internationalen Gästen. Zum Vergleich: Die sechste Ausgabe der türkischen Modemesse zählte über 18.000 Besucher:innen, von denen 17 Prozent aus Europa kamen.
IFCO setzt auf Internationalisierung: Nachfrage nach europäischen Besucher:innen scheint erfüllt
Auffällig bei dieser Ausgabe: Die türkische Modeplattform war besser auf internationales Publikum vorbereitet. Viele Ausstellende sprachen Englisch, es gab zahlreiche englischsprachige Seminare, und die Übersetzungstechnologie – etwa bei der Eröffnungszeremonie von Mustafa Paşahan, Vizepräsident der Istanbul Apparel Exporters’ Association (IHKIB), und Mustafa Gültepe, Präsident des türkischen Exportverbandes – funktionierte deutlich besser als in vorherigen Jahren.
Türkische Modemarken pflegen bereits enge Beziehungen zur arabischen Welt, Nordafrika und Russland, möchten aber auch in anderen Regionen Fuß fassen. Die Messe zielt darauf ab, mehr Interessierte aus den USA, Südafrika und Europa anzuziehen. Besonders im Fokus stehen dabei die deutschen, französischen, spanischen und britischen Märkte sowie die Balkanstaaten.
Ausstellende berichteten FashionUnited, dass Länder wie Frankreich, Italien und Spanien aufgrund ihrer hohen Modestandards besonders attraktiv sind – so war es an den Ständen von Ocur Leather Goods und Lacarino zu hören. Ocur Leather Goods ist im Private-Label-Segment tätig, produziert in der Türkei und exportiert 25 Prozent seiner Produktion nach Europa, wobei Frankreich und Spanien die wichtigsten Märkte sind. Enes Oruc, Mitinhaber des Unternehmens, erklärte, dass die Produktion in der Türkei vorteilhaft sei, da die Lieferzeiten kurz sind und die Kund:innen keine hohen Zölle zahlen müssen, wie es beispielsweise in China und Fernost der Fall ist. Dennoch sieht er Herausforderungen im Wholesale-Export: „Die Versandkosten aus der Türkei sind drastisch gestiegen, sie haben sich verdreifacht. Das ist verrückt und macht uns für den europäischen Markt weniger attraktiv.“
Auch der Denimhersteller Lacarino suchte gezielt nach Kund:innen aus mediterranen Ländern. Das Unternehmen ist bereits zum fünften Mal auf der IFCO vertreten und konnte nach eigenen Angaben zahlreiche neue Kontakte knüpfen. Am Stand berichtet das Team, dass Gespräche mit Besucher:innen aus dem Balkan, Frankreich, Rumänien und Russland geführt wurden. Die Marke hat hauptsächlich türkische und russische Kund:innen, wobei die Wholesale-Preise zwischen 14 und 25 Euro liegen.
Auch das Vereinigte Königreich erwies sich als vielversprechender Markt. Die Kommunikation auf Englisch gestaltet sich unkompliziert, was besonders für das Accessoire-Label Helmbrook von Vorteil ist. Die junge Marke mit Sitz in London produziert in Istanbul. Ali Ammar Özkul, Geschäftsführer des Unternehmens, möchte neben Frankreich, Italien und Spanien auch in Großbritannien Fuß fassen und hofft, dass Helmbrook im nächsten Jahr in britischen Geschäften erhältlich sein wird. Sein Ziel ist es, aus Helmbrook ein „europäisches Label“ zu machen – jedoch sei der Start in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nicht einfach.
„Unsere Produktionskosten sind mittlerweile fast so hoch wie in Europa“, erklärt Özkul. Das führt dazu, dass viele Marken sich zurückziehen und verstärkt auf Länder wie China, Ägypten und Vietnam setzen. Er berichtete, dass er auf der Messe Besucher:innen aus den USA, Deutschland, Großbritannien, Japan und Spanien getroffen hat. Auch an den Ständen von Intersivin und Machinist zeigt sich ein großes Interesse an britischen Kund:innen.
Die Nachfrage nach europäischen Modehändler:innen wächst bereits seit mehreren IFCO-Ausgaben und schien in der siebten Edition weitgehend erfüllt zu sein. Dennoch gaben viele Ausstellende an, dass nach wie vor zahlreiche Interessierte aus Russland, den arabischen Ländern und den Golfstaaten auf der Messe vertreten waren.
Kindermode verdoppelt ihr Angebot auf der türkischen Messe
Kindermode nahm eine immer zentralere Rolle auf der IFCO ein. Während dieses Segment in der sechsten Ausgabe lediglich 16 Stände umfasste, sind es in der Februar-Edition bereits 40. Paşahan erklärte gegenüber FashionUnited, dass die Erweiterung des Kindermodebereichs gezielt auf die Bedürfnisse der Besucher:innen abgestimmt wurde.
Dass es eine wachsende Nachfrage nach Kindermode gibt, bestätigt sich auch in Gesprächen mit Ausstellenden in diesem Bereich. Moonstar, Pamina und Loco Loco lobten die IFCO als eine produktive Messe, auf der regelmäßig neue Geschäftskontakte geknüpft und Termine mit potenziellen Kund:innen vereinbart werden – zudem bietet die Veranstaltung eine wertvolle Networking-Plattform für Ausstellende untereinander.
Bbx Natural, das nach eigenen Angaben ein fester Bestandteil der italienischen Kindermodemesse Pitti Bimbo ist, nahm in diesem Jahr erstmals an der türkischen Modemesse teil. Das Unternehmen produziert Private-Label-Kollektionen für europäische Marken und zählt vor allem Kund:innen aus Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Ziel der Teilnahme an der IFCO war es, die Präsenz in mediterranen Ländern sowie auf dem Balkan auszubauen – mit Erfolg: Das Unternehmen konnte das Interesse von El Corte Inglés wecken, einer der größten europäischen Warenhausketten und die drittgrößte weltweit.
Was den Handel mit Europa in Zeiten hoher Inflation betrifft, so gibt das Unternehmen zu, dass die wirtschaftlichen Herausforderungen spürbar sind. Dennoch – so wie viele andere Marken und Hersteller:innen betonten – steht Qualität über Quantität. Dies sei laut Unternehmensvertreter:innen einer der Hauptgründe, warum europäische Marken weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten. Allerdings sei es in der aktuellen wirtschaftlichen Lage schwieriger, neue Marken als Kund:innen zu gewinnen.
Ein weiteres Unternehmen, das sich aktiv darum bemüht, seine Kund:innen langfristig zu binden, ist BabyCosy. „Wenn man immer nur das Gleiche macht, geht man in der Masse unter. Innovation ist entscheidend“, erklärt Hüseyin Adatepe, CEO des Unternehmens. BabyCosy setzt auf kontinuierliche Qualitätsverbesserung und optimiert die Produktion seiner Kund:innen. „Wir stellen sicher, dass unsere Kund:innen mit den Produkten zufrieden bleiben, indem wir ihr Feedback ernst nehmen und gezielt umsetzen – das ist heute Gold wert.“
BabyCosy ist in 70 Märkten aktiv, mit Russland und den türkischen Republiken als Hauptabsatzregionen. Seit 2024 expandiert das Unternehmen auch in die USA und vertreibt seine Produkte bereits seit Jahren in Australien.
Auf dem Stand von Ozmoz herrscht eine positive Stimmung hinsichtlich der Besucher:innen auf der Messe. Die Marke hat bereits mehrfach an der IFCO teilgenommen, doch dieses Mal sei ein deutlicher Anstieg des internationalen Publikums zu verzeichnen. „Wir warten noch auf mehr europäische Kund:innen, aber das wird kommen. Für sie gibt es hier viel zu entdecken“, berichtete Mahir Özden, Textilingenieur bei Ozmoz. „Türkische Hersteller:innen verstehen, welche Designs auf dem europäischen Markt gefragt sind und welche Anforderungen sie erfüllen müssen. Es genügen nur wenige Worte, und wir wissen genau, was europäische Kund:innen wollen.“
Ozmoz ist seit 48 Jahren im Kindermode-Segment tätig und setzt gezielt auf nachhaltige Produktion. Das Unternehmen verwendet Materialien wie Bambus, Bio-Baumwolle und recycelte Stoffe und reduziert den Einsatz von Chemikalien auf ein Minimum. Die Erweiterung des Kindermode-Segments auf der Messe schien eine sinnvolle Verbesserung zu sein. Ausstellende berichteten, dass sie vor allem Besucher:innen aus Russland und den türkischen Republiken begrüßen konnten, aber auch das Interesse aus Europa sei gewachsen – wenngleich hier noch viel Potenzial bestehe. „Die Türkei ist ein zuverlässiger Partner für eine langfristige Geschäftsbeziehung“, betont Özden.
The Core Istanbul rückt nationales Designtalent in den Fokus
„The Core Istanbul“ hat sich als fester Bestandteil der Messe etabliert und bietet eine exklusive Plattform für junge Marken, die für hochwertige Qualität stehen. In diesem Jahr präsentierten sich 26 Labels, die durch einen kleinen Beitrag an der Messe teilnehmen können. Vertreten waren unter anderem: Alaii, Be Oz, Bianco E Nero, Bist., Denimheads, Dilek Süslüer, Erkan Demiroğlu, Eynaco, Gokhanyavas, Hcr Collection, Helin Aydoğan, heva, Lazaza, Maison Kairos, Majura, Meltem Yabar, Meltem Özbek, Mert Erkan, Minimalist, Ryder Act, Syga, Şebnem Yildiz, Thestance.co, Tuba Ergin, Urban Muse und Viola & Vesper.
Für Besucher:innen, die bereits auf der IFCO waren, fiel auf, dass nicht nur neue Labels ins Rampenlicht gerückt werden. So haben Marken wie Alaii, Denimheads und Meltem Özbek bereits in vorherigen Ausgaben dieser Plattform teilgenommen. Die Designer:innen berichteten auf ihren Ständen, dass sie sich über diesen besonderen Platz auf der Messe freuten – er bot ihnen zusätzliche Aufmerksamkeit in einer riesigen Vielfalt an Modemarken und Hersteller:innen. Auch Helin Aydoğan und Viola & Vesper teilten diese Einschätzung.
Meltem Aybar präsentierte ihre Designs zum ersten Mal auf der Messe und zeigte eine Haute-Couture-Kollektion, die aus opulenten, mit Pailletten verzierten Kleidern bestand. Jede einzelne Paillette wurde per Hand auf das Kleid gestickt, erklärte die Designerin. Ihre Kollektion umfasste 35 Kleidungsstücke mit Einzelhandelspreisen zwischen 1.000 und 2.000 Euro.
Großhändler:innen zahlten die Hälfte des Preises. Meltem Aybar verkaufte ihre Kollektionen weltweit über den Online-Handel und verfügte bereits über einige Wholesale-Kund:innen. Ihr Ziel war es, den europäischen Markt weiter zu erschließen, und sie zeigte sich offen für Kooperationen mit europäischen Einzelhändler:innen. Die Designerin beschrieb die Messe als „erfolgreich“, da sie eine große türkische Einzelhandelskette als potenzielle Partnerin gewinnen konnte und sich in Vertragsverhandlungen befand.
Etwas weiter präsentierte Ryder Act eine handgefertigte Leinenkollektion in sanften Pastelltönen. Das Label existierte seit acht Jahren und betrieb eine Showroom-Fläche im angesagten Einkaufsviertel Galataport. FashionUnited wurde eingeladen, die ruhige, in Elfenbeintönen gehaltene Oase der Marke zu besuchen. Kuya Demir war nicht nur Designerin, sondern auch Yogalehrerin. Daher überraschte es nicht, dass ihre Showroom-Fläche ebenfalls einen Yogaraum beinhaltete, in dem sie regelmäßig Kurse gab. Entlang der Außenwände waren ihre Kollektionen auf hölzernen „Ästen“ ausgestellt. Demir war überzeugt, dass Sport ein essenzieller Bestandteil des Lebens ist. Ihr Kollektionsthema basierte auf der aktiven Frau und der Art und Weise, wie sie sich selbst definierte. Ihr Ziel war es, der Welt die elegante Seele der Frau näherzubringen.
Türkische Bekleidungsexporte gehen zurück, zeigen aber Widerstandskraft
Trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Bedingungen blickte die Türkei mit Zuversicht in die Zukunft. Das Land verzeichnete einen Rückgang seiner Bekleidungsexporte auf 17,9 Milliarden US-Dollar in 2024 – zum Vergleich: 2022 lag das Exportvolumen noch bei 21,2 Milliarden US-Dollar. „Natürlich hatte diese Situation negative Auswirkungen auf unsere Produktion und Beschäftigung. Viele Unternehmen hatten ihre Produktion heruntergefahren oder sogar schließen müssen“, erklärte Gültepe während der Eröffnungszeremonie der IFCO. „Einige hatten ihre Fertigung ins Ausland verlagert. Vor zwei Jahren beschäftigten die Bekleidungs-, Textil-, Leder- und Teppichbranchen insgesamt 1,4 Millionen Menschen. Leider lag diese Zahl mittlerweile unter einer Million. Allein in der Bekleidungsindustrie hatten wir 159.000 Arbeitsplätze verloren.“
Doch wirtschaftliche Spannungen gab es weltweit, nicht nur in der Türkei, betonte Paşahan in einem Interview. „Dass Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern, beeinflusste die Zahlen zwar, aber es stellte noch keine existenzielle Bedrohung dar. Die Türkei war stark genug, um diese Herausforderungen zu meistern.“ Der IHKIB-Vorsitzende unterstrich erneut die Bedeutung Europas: „Siebzig Prozent unserer Exporte im Bereich Ready-to-Wear gingen weiterhin nach Europa. Wir wussten, dass unsere Preise für europäische Modehändler:innen hoch waren, aber wir machten keine Kompromisse. Wir setzten ausschließlich auf höchste Qualität, und das würde langfristig stabile Partnerschaften sichern.“
In den folgenden Jahren musste die Türkei Widerstandskraft beweisen. Sie musste ihr kulturelles Erbe, ihre geografische Lage und ihre Designexpertise nutzen, gleichzeitig aber auch neue Technologien und Innovationen vorantreiben, um im Wettbewerb mit Asien weiterhin bestehen zu können.
FashionUnited reiste auf Einladung nach Istanbul, um die siebte Ausgabe der IFCO zu besuchen.
Dieser Artikel erschien zuvor auf Fashionunited.nl und wurde mithilfe von digitalen Tools übersetzt.
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