Baselworld 2016: Uhren-Branche stellt sich auf unsichere Zeiten ein
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Während eine Branche nach der anderen vom digitalen Wandel überrollt wurde, konnte sich die Uhren-Industrie auf ihrer Messe Baselworld Jahr für Jahr im Glanz ihrer edlen Zeitmesser sonnen. Doch mit der Ruhe ist es in diesem Jahr endgültig vorbei. Allein schon der hohe Kurs des Franken und die wirtschaftlichen Turbulenzen im zunehmend wichtigen Markt China treiben den Managern der Schweizer Uhrenhersteller Sorgenfalten auf die Stirn. Doch noch viel wichtiger ist die neue Konkurrenz der Smartwatches, die von den Industriekapitänen erst belächelt wurden - und nun doch als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen wird, auf die man reagieren muss.
Dabei wird eine Trennlinie sichtbar: Die superteuren Uhren der Nobelmarken, die zehntausende Euro oder Dollar kosten können, sind nach wie vor ein Markt für sich. In die alltäglichere Preisklasse von 1000 Euro und weniger fallen hingegen die Computer-Uhren ein. Im vergangenen Weihnachtsgeschäft wurde schließlich ein Meilenstein erreicht: Die Smartwatch-Verkäufe übertrafen Marktforschern zufolge erstmals die Ausfuhren Schweizer Uhrenhersteller.
So errechnete die Analysefirma Strategy Analytics, dass im Schlussquartal vergangenen Jahres insgesamt 8,1 Millionen Computer-Uhren verkauft wurden - gut vier Mal so viele wie im Weihnachtsgeschäft 2014. Die Schweizer Hersteller kamen in dem Vierteljahr demnach auf einen Absatz von 7,9 Millionen Uhren nach 8,3 Millionen 2014.
Als treibende Kraft für das neue Segment erwies sich die im April gestartete Apple Watch. Der iPhone-Konzern wurde allein im Weihnachtsquartal nach Schätzung der Marktforscher mindestens vier Millionen Computer-Uhren los und um die zwölf Millionen seit Markteinführung.
Die aus einer Analyse von Handelskanälen und Zulieferketten errechneten Zahlen sind bisher der einzige Orientierungspunkt: Genauso wie andere Smartwatch-Anbieter macht Apple keine Angaben zu Verkaufszahlen oder Umsatz. Experten gehen aber davon aus, dass der durchschnittliche Preis pro Apple Watch irgendwo in der Nähe von 720 Franken (658 Euro) liegen dürfte, die Schweizer Anbieter im vergangenen Jahr pro Uhr am Handgelenk erzielten.
Der gesamte Export der Schweizer Hersteller sank im vergangenen Jahr dabei um 1,6 Prozent auf rund 28,13 Millionen Armbanduhren. Die Erlöse schrumpften noch schneller um 3,6 Prozent auf 20,22 Milliarden Franken (rund 18,5 Mrd Euro). Die Industrie reagiert - und versucht zugleich, das Hochpreis-Geschäft vom Wandel abzuschirmen.
So kündigte Branchenschwergewicht Swatch kurz vor der Baselworld eine Smartwatch-Offensive an, die sich aber zumindest vorerst vor allem bei den Plastik-Modellen der gleichnamigen Marke abspielen soll. Im Januar brachte der Konzern, zu dem auch Edel-Marken wie Omega, Tissot oder Longines gehören, in China bereits das bis zu 100 Euro teure Modell Swatch Bellamy auf den Markt, mit dem man an Kassen mit NFC-Kartenlesern auch kontaktlos bezahlen kann.
Swatch-Chef Nick Hayek beschwor auf der Eröffnungsfeier der CeBIT in Hannover die Innovationskraft seiner Industrie, die selbst bei mechanischen Uhren auf maschinelle Fertigung umstelle und doch den Menschen in den Vordergrund rücke. Es gehe um Emotionen und Leidenschaft, verkündete er - und ließ Politiker auf der Bühne die einfache Smartwatch "Touch Zero One" von Swatch umlegen und damit angestrengt Schweiz-Fähnchen schwingen.
Der Konkurrent TAG Heuer testet hingegen das Wasser im gehobenen Preissegment von 1500 Dollar. Das wichtigste an dem Modell "Connected" sei, dass es wie eine echte Uhr aussehe, erklärte TAG-Heuer-Chef Jean-Claude Biver. (DPA)