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Yorn - ein deutsches Glückskind eroberte die Pariser Modewelt

Von DPA

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«Normalerweise wird man in Bremen nach dem Abitur Kaufmann, Rechtsanwalt oder Zahnarzt.» Jürgen Michaelsen hat es anders gehalten: Der modebegeisterte Junge aus der Hansestadt ging 1956 nach Paris, wurde mit 21 Assistent bei Modegott Christian Dior. Weil der Vorname Jürgen für Franzosen kaum auszusprechen war, nannte Dior ihn Yorn. Der neue Name wurde zum Markenzeichen.

Gast im Glück

Yorn schuf sein eigenes Haute-Couture-Haus in der Welthauptstadt der Mode. Von dort aus brachte er über Jahrzehnte Pariser Schick zu Karstadt und Neckermann. Diesen märchenhaft scheinenden Aufstieg erzählt Yorn in seinen kurzweiligen Erinnerungen «Gast im Glück».

Etwas hanseatische Bodenständigkeit habe er sich in der «verdrehten Modewelt» bewahrt, sagte Yorn der Deutschen Presse-Agentur. «Was mir die Bremer Erziehung mitgegeben hat, ist die Ethik, das Rückgrat, wie man sich zu Erfolgen und Misserfolgen gestellt hat.»

Wer den 84-Jährigen dieser Tage in seinem Pariser Domizil anruft, hört eine jugendlich frische Stimme. Die Corona-Isolation stört ihn nicht. «Es gibt wesentlich schlimmere Situationen als die meine.» Weil die geplanten Buchpräsentationen ausfallen, hat Yorn sie durch ein Video ersetzt. Er bringt sich im hohen Alter das Filmen mit dem Smartphone bei. «Wie in Babelsberg» im Studio sehe die Wohnung mit all den Scheinwerfern aus, erzählt er. Ein Bekannter führt am Telefon Regie für die einzelnen Einstellungen.

Bis heute beobachtet Yorn, was seine jungen Modekollegen kreieren. «Ich stelle mir nicht einmal die Frage, ob es mir gefällt», sagt er. «Mode ist immer Ausdruck ihrer Zeit.» Chaos und Gewalt der heutigen Zeit spiegelten sich auch in der Mode. «Die 50er Jahre waren anders, weil die Zeiten anders waren.« Nostalgisch ist er trotzdem nicht. «Ich habe nicht den Eindruck, dass die Dinge den Bach runtergehen.»

Dabei ist sein Buch eine wunderbare Zeitreise in jene beschwingten Nachkriegsjahrzehnte. Humorvoll und lebendig erzählt Yorn von einem Auftritt als Schauspieler in Paris (er gewann damit eine Wette gegen Yves Saint Laurent), von den Kochkünsten seiner Zimmerwirtinnen, von ersten Kreationen und Modeschauen in viel zu kleinen Salons.

Die Familie schaut aus Bremen skeptisch seinem Aufstieg im fremden Metier zu. «Ein Haute-Couture-Haus in Paris zu eröffnen, ist in den Augen der guten Bremer Gesellschaft genauso frivol wie der Erwerb eines Etablissements auf der Hamburger Reeperbahn», schreibt Yorn.

Karstadt

Der erfolgreiche, aber mittellose junge Couturier nimmt Kontakt zu Chefeinkäufer Carl-Heinz Dahlbender von Karstadt auf. 1964 öffnet die erste Yorn-Boutique-Paris in Karstadt-Kaufhäusern mit einer maritim inspirierten Kollektion: «Blau-weiß verkauft sich immer.» Danach tragen Zehntausende Frauen und Männer in Deutschland Mode von Yorn.

Am sympathischen Eindruck des Buchs haben die Zeichnungen seines Freundes Jean-Jacques Sempé («Der kleine Nick») großen Anteil. Einwenden kann man gegen Yorns Erinnerungen nur, dass er sie zu früh enden lässt. Im letzten Kapitel findet er mit knapp 40 Jahren das verfallene Anwesen in der sonnigen Provence, das seine Zuflucht werden soll. Dann folgen - seine Lieblingskochrezepte.

Kein Wort zur zweiten Lebenshälfte, zum weiteren Schicksal seiner Modemarken, zu Aufstieg und Fall der Wirtschaftswunder-Legenden Karstadt und Neckermann. Die Rechte an der Marke Yorn hat er im Jahr 2000 verkauft. Bei Karstadt gibt es zwar noch Yorn-Hemden, -Socken und -Unterwäsche, doch die Marke läuft langsam aus.

Er habe keine Autobiografie schreiben wollen, sagt Yorn am Telefon, sondern «ein einfaches Buch über das Glücklichsein». Ihm geht es um die Lehre, die er aus Leben und Tod seines väterlichen Mentors Christian Dior gezogen hat. Der Modeschöpfer starb 1957 mit nur 52 Jahren. «Der Unterschied ist, dass er nie glücklich war», sagt Yorn. «Er träumte von einem einfachen Leben, das ich mir geschaffen habe.» (dpa)

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