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Modeausstellung "Catwalk" in Amsterdam: Das Rijksmuseum zeigt die Prunkstücke seiner Kostümsammlung

Von Jan Schroder

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Kultur

Rembrandt, Vermeer, Hals – das Rijksmuseum in Amsterdam ist vor allem für seine exzellente Kollektion niederländischer Maler bekannt. Nun hat es eine eher unbekannte Schatzkammer geöffnet. Im Rahmen der Sonderausstellung „Catwalk“ zeigt es Highlights aus seiner Kostümsammlung. Noch bis zum 16. Mai sind dort herausragende Kleidungsstücke aus dem 17. bis 20. Jahrhundert zu sehen. Gestaltet wurde die recht überschaubare, aber äußerst sehenswerte Ausstellung vom namhaften niederländischen Fotografen Erwin Olaf.

Grundsätzlich beeindruckt die großartige Arbeit der Restaurierungswerkstatt des Rijksmuseums. Auch Jahrhunderte alte Kleider wirken zumeist wie neu. Im Rahmen der Ausstellung bieten sie einen nicht lückenlosen, aber pointierten Überblick über die wichtigsten Trends in mehr als dreihundert Jahren. Barocke Kleider und Herrenanzüge, die schnell wechselnden Moden des 19. Jahrhunderts und wesentliche Neuerungen des 20. Jahrhunderts sind durch Glanzstücke der Sammlung hervorragend repräsentiert. Dabei gelingt der Ausstellung der nicht ganz einfache Spagat zwischen ästhetischem Genuss und didaktischer Klarheit.

Exzellente Arbeit: Hervorragend restaurierte Kleider dokumentieren den Wandel der Moden vom 17. bis zum 20. Jahrhundert

Originell ist die Präsentation diverser Kleider aus dem 19. und 20. Jahrhundert im größten Saal der Ausstellung. Dort wurde ein Laufband installiert, auf dem die Puppen wie auf einem Laufsteg – dem „Catwalk“, der sich im Namen der Ausstellung wiederfindet – an den Besuchern vorbeiziehen. Die können sich auf den daneben platzierten Stuhlreihen wie in der Front Row einer Modenschau fühlen.

Ansonsten fehlt es an Bewegung, aber nicht an Qualität: Barocke Damenroben und Herrenanzüge werden auf Podesten zu eindrucksvollen Gruppen komponiert, die feinen Stoffe, subtilen Schnitte und aufwändigen Dekorationen lassen sich so aus nächster Nähe in Ruhe bewundern.

Doch die Ausstellung setzt nicht nur auf unmittelbare Schauwerte – auch wenn sie es angesichts der Opulenz ihrer Exponate könnte. Ein Raum widmet sich anhand einiger ausgewählter Kleider der Entwicklung typischer Silhouetten über mehrere Jahrhunderte, in einem anderen wird eines der schlichten, bequemen Mondrian-Kleider, die Yves Saint Laurent 1965 entwarf, einer Gruppe prächtiger historischer Kleider gegenübergestellt, die den Körper in der einen oder anderen Weise deformieren, um künstlich übersteigerte Silhouetten zu schaffen. Ein prägnanter Kontrast, der unmittelbar sichtbar macht, wie sich emanzipatorische Motive zumindest zeitweise ganz unmittelbar in der Mode manifestierten.

Von der Unterhose bis zum Brautkleid – das Rijksumseum wagt einen augenzwinkernden Blick auf die Modegeschichte

Doch neben schlüssiger Didaktik und schierem Prunk schafft es die Ausstellung auch, einen augenzwinkernden Blick auf die Mode zu bewahren. So wird eine leinene Unterhose aus dem 17. Jahrhundert, die einst Graf Hendrik Casimir I. von Nassau-Dietz gehörte, als zentrales Schaustück präsentiert – und damit der Blick von den prunkvollen Oberflächen auf das notwendige Darunter historischer Kostüme gelenkt. Und eines der Highlights, das Brautkleid von Helena Slicher aus dem Jahr 1759, firmiert etwas sensationalistisch als „das breiteste Kleid der Niederlande“. Aufgrund der seinerzeit modischen Hüftverbreiterung kommt es auf die tatsächlich beeindruckende Weite von mehr als zwei Metern. Das Kleid wird aber keineswegs als Groteske aus einer längst überwundenen Epoche vorgeführt – seine filigranen Blumenstickereien werden auf den Wänden des Ausstellungsraumes in vergrößerten Dimensionen reproduziert und damit dem Besucher in ihrer ganzen Schönheit und handwerklichen Finesse eindrücklich vor Augen gestellt.

So schafft es die Ausstellung, woran es Präsentationen historischer Kleider oft mangelt. Weder ist sie zu nüchtern und belehrend, noch verlässt sie sich ausschließlich auf die augenfällige Pracht und handwerkliche Meisterschaft der Exponate. „Catwalk“ in Amsterdam zeigt vielmehr anhand herausragender historischer Beispiele, was Mode noch heute so faszinierend macht: Schneiderkunst, exquisite Materialien und innovative Formen auf der einen Seite, das Wissen um die vergängliche, dem Moment verhaftete Bedeutung auf der anderen.

Die Ausstellung „Catwalk“ ist bis zum 16. Mai im Rijksmuseum Amsterdam zu sehen. Das Museum ist täglich von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Tickets können online im Voraus gebucht werden . Am 21. und 22. April findet ein Symposium zur Ausstellung statt. Anstelle eines Katalogs wird im Sommer ein Buch über die Kostümsammlung des Museums erscheinen.

Fotos: Rijksmuseum Amsterdam (Fotografen: Erwin Olaf, Carola van Wijk), Fashionunited


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