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"Made in Bangladesh" erkundet Sweatshops durch Tanz

Von Simone Preuss

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Kultur

Auf neuartige Weise hat die deutsche Choreographin Helena Waldmann die Thematik 'Sweatshops' und die Ausbeutung von Arbeitern in der Bekleidungsindustrie umgesetzt, nämlich durch die 70-minütige Tanzaufführung "Made in Bangladesh", die die klassische indische Tanzform Kathak benutzt. Das Stück zieht sogar Parallelen zu dem "Sweat Shop", der ein normales Tanzstudio sein kann. Es wurde vom Kathak-Experten Vikram Iyengar aus Kolkatta co-choreographiert und bereits elf Mal in Zürich, Deutschland und Luxemburg aufgeführt. Derzeit tourt es in Indien.

Waldmann kam die Idee für ein Stück über Bekleidungsarbeiter, als sie auf einer Busfahrt von Dhaka nach Sylhet an Bekleidungsfabriken vorbeifuhr. Sie war geschockt von deren heruntergekommenem Zustand und nahm sich vor, sie bald auch von innen zu sehen. Sie hielt Wort und besuchte tatsächlich bald mit Hilfe der Tanzpionierin Lubna Marium aus Bangladesch, die auch Leiterin von Shadhona ist, einer Tanzschule und einem Zentrum zur Förderung der südasiatischen Kultur in Dhaka, ein paar Bekleidungsfabriken.

Bangladesch ist überall

Durch diese Besuche bekam Waldmann einen Eindruck der Ordnung und Harmonie der Fabriken, die unter strengem Zeitdruck operieren und Arbeiter bestrafen, die ihren Teil der Arbeit nicht schnell genug abliefern. So hatte Waldmann bald genug Material, um "Made in Bangladesh" zu konzipieren. Der Standort ist dabei nicht landesspezifisch - Bangladesch könnte überall sein. "Es ist nicht nur ein Stück über Bangladesch. Es geht um uns und unsere endlosen Ansprüche", erklärt Waldmann.

Die Choreographin beeilt sich auch zu versichern, dass sie es nicht darauf abgesehen hat, die Bekleidungsindustrie zu kritisieren. "Die Mädchen, die ich in der Fabrik getroffen habe, sind froh, dass sie dort arbeiten können, statt in ihre Dörfer zurück zu müssen, wo sie von ihren Familien kontrolliert und zur Hausarbeit verdonnert würden. Hier fühlen sie sich 'unabhängig', obwohl sie 10-14 Stunden täglich für einen niedrigen Lohn arbeiten und kaum Freizeit haben", sagt Waldmann.

Die 12 Darsteller aus Bangladesch sind erfahrene Kathak-Tänzer und alle Teil von Shadona. Um ihnen einen so authentischen Eindruck wie möglich zu gewähren, lud Waldmann die Aktivistin Nazma Akter ein, die sich gegen die Ausbeutung in der Textil- und Bekleidungsindustrie einsetzt und mit den Tänzern und dem Produktionsteam zusammenarbeitete. Zudem bekam jeder Tänzer beziehungsweise jede Tänzerin auch eine/n Fabrikarbeiter/in als Mentor und besuchte sie sogar vor Ort.

Der erste Teil der Aufführung, der 35 Minuten dauert, repräsentiert daher eine Bekleidungsfabrik, wobei das rhythmische Surren der Nähmaschinen durch rudimentäre Hand- und Fußbewegungen des Kathaks verdeutlicht werden.

Der zweite Teil, der 20 Minuten lang ist, zieht Parallelen zwischen Künstlern und Bekleidungsarbeitern, die beide im Nahmen von Kreativität und Leistung ausgebeutet werden. "Tänzer haben die gleichen Probleme. Es geht mehr um die Leistung, nicht das Geld. Beim Treffen mit Tänzern hat es mich schockiert, dass sie längere Arbeitszeiten haben und weniger verdienen. Das trifft besonders auf Balletttänzer zu, die immer Disziplin zeigen und Anweisungen befolgen müssen", sagt Waldmann.

Der dritte, 15-Minuten-lange Teil der Aufführung befasst sich mit der "Optimierung der menschlichen Leistung". Aber statt mit dem Finger auf jemanden zeigen oder gar die Bekleidungsbranche durch ihre Produktion ändern zu wollen, möchte Waldmann ihren Zuschauern lieber einen Spiegel vorhalten und sie auf ästhetische und künstlerische Weise dazu bewegen, ihre Anforderungen im Zaum zu halten. "Wir müssen aufhören, unseren Bedarf nach mehr Leistung und Wünschen zu erfüllen", sagt Waldmann. Und das ist doch ein schöner Ansatz für die Modebranche, die Nützlichkeit und Humanität ihrer Praktiken und Anforderungen zu überdenken.

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