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Kostümdesigner Stefano Canulli: „Es ist eine Maßanfertigung, fast schon Haute Couture”

Von Pia Schulz

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Kultur|Interview
Stefano Canulli | Foto: Friedrichstadt-Palast | Bernd Brundert

Ein pompöses Kleid, dessen Rock einem Zifferblatt ähnelt, transparente Bodysuits mit neonfarbenen Akzenten und ein mit Strasssteinen besetzter Anzug – diese extravaganten Kostüme gibt es in der Arise Grand Show des Berliner Friedrichstadt-Palastes zu sehen. Sie bringen die Show neben den imposanten Auftritten der Künstler:innen zum scheinen.

Aber wie kommen Modeschaffende dazu Kostüme für Theaterstücke und Musicals zu entwerfen? Wir haben in unserer Serie “Work in Fashion” hinter die Kulissen der Show geblickt und sprachen mit Kostümdesigner Stefano Canulli. Der Italiener entwirft schon bei der dritten Grand Show in Folge die Kostüme für die Darstellenden auf der Bühne. Was seine Arbeit ausmacht und welche Fähigkeiten dafür besonders wichtig sind, erklärte er im Interview mit FashionUnited.

Photoshooting | Foto: Nady el Tounsy

Herr Canulli, Sie haben lange Zeit in klassischen Modehäusern gearbeitet. Jetzt sind Sie Kostümdesigner im Friedrichstadt-Palast. Erzählen Sie von Ihrem Werdegang.

Ich habe meine Karriere im Kostümdesign begonnen. Damals arbeitete ich als Assistent von großen Kostümdesignern wie Piero Tosi, Mauro Pagano oder Mario Ambrosino in Rom. Danach habe ich Mode illustriert und anschließend in Modehäusern gearbeitet, darunter Capucci, Valentino, Zola und Lancetti.

Dann ging ich zurück zum Kostüm und arbeitete für den Cirque du Soleil, Holidays on Ice, Follies Paris und nun für den Friedrichstadt-Palast.

Welchen Reiz hat das Kostümdesign für Sie, dass Sie dahin zurückgekehrt sind?

Die Vielfalt von Körpern in Bewegung. Es ist eine andere Art einen kreierten Look zu zeigen. Im Grunde ist es eine “Maßanfertigung” für jeden einzelnen, fast schon Haute Couture, nicht so wie Mode, die ist zu stereotypisiert für Proportionen und die Art zu leben. Ebenso ist die Modebranche zum Großteil nur Marketing – sehr langweilig!

The Love of Light is Divine | Foto: Nady El-Tounsy

Kann man Ihren Beruf auch noch mit anderen Worten beschreiben?

Ja, als Illustrator, Maler und Storyboarder. Aber auch als Art Director, Designer für Accessoires und Kostümbildner.

Von italienischen Modehäusern in den Berliner Friedrichstadt-Palast. Wie kam es dazu?

Durch meine langjährige Zusammenarbeit mit Thierry Mugler, mit dem ich bei The Wyld Grand Show die Kostüme entwarf. Danach folgte Vivid und nun Arise Grand Show.

 

Über Stefano Canulli:

  • Ausbildung: Abschluss an der Kunsthochschule, danach Studium der Kunstgeschichte
  • Aktuelle Position: Kostümdesigner beim Berliner Friedrichstadt-Palast
  • Berufshintergrund: Assistent im Kostümdesign, Illustrator, Art Director

Gibt es Fähigkeiten, die Kostümdesigner:innen besonders gut können müssen?

Beobachten, Herumprobieren und fantasievoll sein. Zwischen den Zeilen der Körpersprache lesen.

Anemone | Kostümdesign: Stefano Canulli | Foto: Kristian Schuller

Die Kostüme für die Arise Grand Show sind sehr extravagant und glamourös. Welche Inspiration steckt dahinter?

Für mich geht es um das Gefühl, das die Texte hervorrufen können. Es geht darum, von Visionen überwältigt zu werden.

Wann beginnen Sie mit den Designs? Steht das Programm, die Choreographie und die Musik zu dem Zeitpunkt schon fest?

In der Regel starten wir nach dem Briefing des Regisseurs, das manchmal spezifische Anweisungen für die Choreographie oder spezielle Acts wie Akrobatik beinhaltet. Andererseits kann das Kostümdesign auch die Aufführungen und die Inszenierung inspirieren, sodass wir versuchen unsere Gefühle und Stimmungen zu überkreuzen, um das visionäre Ergebnis zu verbessern.

Und wie sieht der Entstehungsprozess für Kostüme einer so großen Show aus?

Normalerweise beginnt alles mit einem Brainstorming zusammen mit den Regisseuren. Dann geht es an den Entwurf, den Vorschlag und die Validierung. Anschließend folgt die Auswahl der Materialien und der Herstellungsprozess. Danach kommt das Fitting und die Gestaltung des Make-ups, bevor die Kostüme dann auf die Bühne gehen.

Death Tango & Monochrome | Kostümdesign: Stefano Canulli | Foto: Kristian Schuller

Müssen bei dem Entwurf bestimmte Dinge beachtet werden, wie beispielsweise Funktionalität? Entwickeln Sie dafür die Kostüme zusammen mit den Darstellenden?

In erster Linie geht es darum die Botschaft zu vermitteln, dann geht es um die Funktionalität für die Darsteller und an dritter Stelle steht die tägliche Pflege des Kostüms für die Arbeit auf der Bühne. Aus Erfahrung können wir einige Probleme vorhersehen, aber es muss sicherlich mit den Künstlern und Künstlerinnen abgesprochen werden, damit sie sich wohl fühlen, wenn sie auf der Bühne agieren.

Was genau mögen Sie an ihrem Job und was eher weniger?

Ich liebe es, etwas abzubilden, zu zeichnen und den Charakter wie eine lebendige Figur zu gestalten. Ich mag keine langen Sitzungen und unnötige Protokolle.

Welche Ratschläge können Sie jemandem geben, der den gleichen Berufsweg einschlagen möchte?

Man braucht viel Wissen, Erfahrung und Demut. Man sollte Stolz vermeiden und anderen zuhören, die Menschen respektieren – das Team, die Künstler, das Publikum.

It's time | Foto: Nady el Tounsy

Dieses Interview wurde in schriftlicher Form durchgeführt.

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