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Ein Fest für die Sinne: “India in Fashion”-Ausstellung im NMACC Mumbai

Von Simone Preuss

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Kultur

Indien-inspirierte Kleider von Christian Dior (links) und Tarun Tahiliani (rechts). Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Alles an der “India in Fashion”-Ausstellung in Mumbai gibt sich in großem Stil - der Umfang, die Designer:innen, die Materialien, die Opulenz der Ausstellung und nicht zuletzt der Veranstaltungsort selbst. Sie ist im neu eröffneten Nita Mukesh Ambani Cultural Center (NMACC) in BKC in Mumbai untergebracht, erstreckt sich über mehr als 4.600 Quadratmeter und neun Ausstellungsräume und bietet ein einzigartiges Erlebnis.

Die von Hamish Bowles kuratierte und von Patrick Kinmonth zusammen mit Rooshad Shroff gestaltete Ausstellung widmet sich nicht der indischen Mode per se, sondern vielmehr ihrem Einfluss auf die Welt. So werden Besucher:innen nicht nur auf eine rein chronologische Reise mitgenommen, sondern auch auf Abstecher in die Welt der Materialien, der Silhouetten und natürlich der Stickerei.

Michelle Obama in einem Kleid des indisch-amerikanischen Designers Naeem Khan, das sie 2009 beim ersten Staatsdinner mit dem damaligen indischen Premierminister Manmohan Singh und dessen Frau trug. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited
Das Taeem Khan-Kleid aus der Nähe. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Eine Ausstellung dieser Größenordnung im Zentrum der Bollywood-Filmindustrie ist fast verpflichtet, diese allgegenwärtige Kraft im Leben aller Inder:innen zu erwähnen. Wie kein anderer Einfluss beflügeln Filme die Fantasie, und dazu gehört auch, was die Helden und Heldinnen, ihre Freunde und Freundinnen und die vielen Nebenfiguren tragen.

Nach einer Einleitung, die sich damit befasst, wie indische Seidenstoffe und Stickereien bei Hofe im 19. Jahrhundert verfeinert wurden, folgt der obligatorische Verweis auf Bollywood mit “An India of the Imagination”, das die indische Kleidung von der Fantasie bis zum Film nachzeichnet.

Der Einfluss von Bollywood auf die Mode und die Mode auf Bollywood am Beispiel von drei Blockbustern: “Dilwale Dulhania Le Jayenge” oder DDLJ (“Wer zuerst kommt, kriegt die Braut”) von 1995; “Kabhi Khushi Kabhie Gham” (K3G; “In guten wie in schweren Tagen”) von 2001 und “Dostana” von 2008, der als erster Mainstream-Film in Hindi sich mit dem Thema Homosexualität befasste. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited.

Von dort werden Besucher:innen “in einem Mughal-Garten versammelt”, um eine prächtige Ausstellung von opulenten, geblümten Chintz-Kleidern zu bewundern, die im modischen Westen großen Eindruck machten und von der europäischen Couture aufgegriffen wurden, ebenso wie Musselin-Kreationen, die im nächsten Raum anhand von sechs sommerlichen und leichten Kreationen gezeigt werden.

Handbesticktes Kleid aus Chintz mit Schlitz und Ballonärmeln des indischen Designers Rahul Mishra, Kommissionsarbeit für “India in Fashion”, März 2023. Blumenmuster, wie sie schon vor Jahrhunderten beliebt waren, sind immer noch in Mode, wie diese Hose der Besucherin des britischen Einzelhändlers Marks and Spencer zeigt. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited.
Verschiedene luftige Kreationen aus Musselin. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited.

Die nächsten drei Räume sind dem Thema “India’s allure meets Paris couture” gewidmet, das in jeweils einem Raum durch Ensembles von Chanel, Christian Dior und Yves Saint Laurent aus den Jahren 1960 bis 1968 zeigt, wie sich die Pariser Couture von der indischen Mode inspirieren ließ.

Chanel-Ensembles aus den 1960er Jahren. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited
Yves Saint Laurent-Kreationen aus den 1960er Jahren. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited
Christian Dior-Outfits aus den 1960er Jahren. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Beim Übergang von einem Bereich zum nächsten fällt einem die Erkenntnis der US-amerikanischen Modekolumnistin und -redakteurin Diana Vreeland auf (bereits aus dem Jahr 1956): “Pink ist das Marineblau Indiens”. Das ist auch heute noch so, wie diejenigen bestätigen können, die schon einmal auf einer indischen Hochzeit oder in einem indischen Büro waren - Pink in verschiedenen Schattierungen ist überall zu sehen und wird von Frauen und Männern gleichermaßen selbstbewusst getragen.

“Pink is the navy blue of India” neben Valentino-Kreationen. Bild: FashionUnited
Christian Dior stimmt mit diesem hübschen pinken Kleid zu. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Im nächsten Raum warten Valentinos Kreationen auf die Besucher:innen, die “die Vermählung von Ost und West” symbolisieren, gefolgt von der unvermeidlichen “Reise des Saris” und einem Blick darauf, wie dieses Wunderwerk der Drapierung seinen rechtmäßigen Platz in der Geschichte der westlichen Mode eingenommen hat. Hier entfaltet sich die ständige Neuerfindung des Saris in Kreationen von Paul Poiret aus dem Jahr 1922, von Elsa Schiaparelli aus dem Jahr 1939 sowie von Mainbocher, Madame Grès, Carolyn Schnurer, Hubert de Givenchy und in jüngerer Zeit Cristobal Balenciaga, Ritu Kumar, Jean Paul Gaultier und Raw Mango.

“Indiens beständigstes Kleidungsstück mit seinen Lagen und Drapierungen hat das Interesse der Modedesigner:innen mehr geweckt als jede andere indische Kleidungsform”, heißt es im Begleittext.

“The Great Exhibition London 1851”. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Von dort aus gelangt man zu dem einzigen Teil der Ausstellung, der eher zufällig zusammengestellt zu sein scheint. “The Great Exhibition London 1851” erinnert an die internationale Veranstaltung, die von Königin Victoria eröffnet wurde und bei der mehr als 100.000 Objekte ausgestellt wurden. In diesem Ausstellungsraum sind Kleider, Accessoires und andere Gegenstände aus verschiedenen Jahrzehnten vor und nach der Veranstaltung zu sehen.

Dem Begleittext zufolge markierte die “Great Exhibition” “einen Höhepunkt in den komplexen kolonialen Beziehungen zwischen Großbritannien und Indien”. “Die Vorliebe für Kaschmirschals und die Verwendung des Buta [Paisley-Design] erreichte in den 1850er Jahren einen Höhepunkt an Raffinesse und ist weiterhin in den Arbeiten sowohl westlicher als auch indischer Designer:innen von Christian Lacroix bis Anamika Khanna zu finden”, heißt es weiter.

Eleganter Hosenanzug von Jean Paul Gaultier. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Der Einfluss Indiens auf die Mode erlebte in den 1960er Jahren und danach einen Aufschwung, als die Menschen begannen, nach Indien zu reisen und sich von der Mode und Kultur des Landes inspirieren zu lassenen. Die Ausstellung würdigt diese Entwicklung mit “The Hippie Trail”, einem Bereich, der den verspielten und farbenfrohen Kreationen der Designer:innen aus den 60er und 70er Jahren gewidmet ist.

Kleid von 1967 aus Bandhari-Baumwollgaze des österreichisch-amerikanischen Designers Rudi Gernreich. Bild: FashionUnited
Farbenfrohe Kreationen entlang des “Hippie Trail”. Bild: FashionUnited

Die Ausstellung endet mit einem Bereich, der den “Traditionen und Innovationen” gewidmet ist und einen Blick auf die zeitgenössische indische Mode wirft: “Die Identität der indischen Designer:innen ist untrennbar mit dem reichen Textil- und Handwerkserbe des Landes verbunden. Indiens außergewöhnliche Handwerksgemeinschaft hat ihre magischen Fähigkeiten in die Kollektionen der zukunftsorientierten Design-Visionär:innen des 21. Jahrhunderts eingebracht”, heißt es abschließend.

Reich bestickte Kleider des indischen Designers Sandeep Khosla. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited
Kreationen des indischen Designers Rahul Mishra, einschließlich des “Sea Nettle Padded Jellyfish Cape Dress” (Mitte). Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

“In einer abschließenden Bienenwabe von Räumen feiern wir die bemerkenswerte Vielfalt zeitgenössischer indischer Designer:innen und ihre Fähigkeit, Indien in vielen verschiedenen Formen zu sehen. Während die Welt ihre Augen für ihren Beitrag und neue Dimensionen der Darstellung öffnet, erhalten indische Modedesigner:innen endlich den ihnen gebührenden Platz im modernen Lexikon der globalen Mode”, resümiert die Ausstellung.

Reich bestickte Ensembles des indischen Designers Manish Malhotra, die vom traditionellen Phulkari-Kunsthandwerk beeinflusst wurden. Kommissionsarbeiten für die Ausstellung. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited
Manish Malhotra-Kreation von hinten. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Eine Ausstellung dieses Umfangs zusammenzustellen, war keine leichte Aufgabe, und man kann denjenigen, die daran beteiligt waren, nur gratulieren. Die Liste der Leihgeber:innen allein ist beeindruckend und reicht von den Archiven von Couture-Häusern wie Jean Paul Gaultier, John Galliano und Balenciaga über die persönliche Sammlung der Designerin Ritu Kumar bis hin zu Museumsleihgaben aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem MoMu Fashion Museum Antwerpen, dem Museum of the City of New York, dem FIDM Museum in Los Angeles und dem Palais Galliera in Paris.

Sabyasachis asymmetrisches Kedia, Tüll-Lehnenga und Schleier aus der “Bater”-Kollektion, Juli 2015. Bild: Sumit Suryawanshi für FashionUnited

Ein paar Tipps vor dem Besuch der Ausstellung: Nicht entmutigen lassen, wenn es auf der Website heißt, Tickets seien ausverkauft; man kann sie noch vor Ort kaufen. Man braucht außerdem eine gute Lesebrille, denn die Exponate sind - verständlicherweise - schwach beleuchtet, die Beschriftung ist jedoch ziemlich klein. In jedem Raum gibt es zudem viel Personal, das sanft, aber bestimmt davon abrät, zurückzugehen - man sollte sich also gründlich sattsehen, bevor man versucht, weiterzugehen. Und zu guter Letzt, um sich in Ruhe umzusehen, sind Ohrstöpsel zu empfehlen, denn die Musik aus den Lautsprechern passt nicht zum ansonsten ruhigen Ambiente.

Auf jeden Fall ein Muss für Modeliebhaber:innen. “India in Fashion” ist noch bis zum 4. Juni 2023 im Nita Mukesh Ambani Cultural Centre in Mumbai zu sehen.

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