Dokumentation erinnert an goldene Textilära im niedersächsischen Nordhorn
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Das niedersächsische Nordhorn, nah an der niederländischen Grenze, erhielt in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts den Spitznamen „Klein Amerika“, da der wirtschaftliche Aufschwung potenzielle Auswanderer in den Ort an der Vechte zog. Zwei Jahrzehnte später - von den 1950er bis 1980er Jahren - gaben drei Textilunternehmen von internationaler Bedeutung rund 12.000 Menschen Arbeitsplätze - Rawe, Povel und Nino.
Letzterer war Ausstatter der deutschen Fußballnationalmannschaft, der die Spieler auch abseits des Spielfeldes einkleidete - in helle Anzüge mit leichten Mänteln. „Aufgrund der Hitze in Mexiko“, erinnert sich Fußball-Legende Uwe Seeler an die Weltmeisterschaft im Jahr 1970, in der Deutschland den dritten Platz belegte. „Und das hat auch Qualität gehabt, das war schon absolute Spitze“, so Seeler über die Ausstattung von Nino.
Modedesigner Wolfgang Joop zeichnete einst für Nino und auch Karl Lagerfeld hinterließ seine Spuren in Nordhorn, ebenso wie die britische Schauspielerin Diana Rigg und Fotograf Helmut Newton.
Nino, Rawe und Powel beschäftigten 12.000 Menschen
Mit fast 6.000 Beschäftigten war Nino zu Spitzenzeiten eines der drei größten Textilunternehmen Westdeutschlands; Stoffhersteller Rawe, dessen Produkte für Arbeitskleidung, Unterwäsche, Schlafanzüge, Nachthemden und Schürzen verwendet wurden, beschäftigte rund 2.600 Menschen und Weberei Povel zu Spitzenzeiten etwa 3.000.
Die Rezession der 60er Jahre machte auch den Textilbetrieben das Leben schwer und in den 80er Jahren machte die Internationalisierung auch vor der niedersächsischen Stadt nicht halt: die Kleidungsproduktion wanderte nach Asien und Afrika ab, wo sich Textilien billiger herstellen ließen.
Auf den Niedergang einer Industrie folgte jedoch Nordhorns eigenes kleines Wirtschaftswunder - Fabrikruinen wurden saniert und andere Produktions- und Dienstleistungsunternehmen siedelten sich an.
Die inzwischen unter Denkmalschutz stehende ehemalige Nino-Spinnerei wurde 2009 umfassend saniert und zum „Kompetenzzentrum Wirtschaft“ umgestaltet. Das Stadtmuseum zeigt dort auf einer Fläche von 1.200 Quadratmetern die Ausstellung zur Textilkultur und Modegeschichte Nordhorns. Aus dem Povel-Fabrikgelände in der Stadtmitte entstand ein neuer Stadtteil, die Wasserstadt Povel und Teile des Rawe-Areals beherbergen heute ein Einkaufszentrum und einen Baumarkt.
In einer NDR-Dokumentation aus der Reihe „Unsere Geschichte“ erinnern sich Beschäftigte, Prominente, Kaufleute und die Starfotograf:innen der großen Modeblätter an die Glanzzeiten. Historische Film- und Fotoaufnahmen sorgen dafür, dass sich die Zuschauer:innen in diese Zeit zurückversetzen können, die eine wichtige für die deutsche Textil- und Bekleidungsbranche war.
Der Beitrag „Mode Macht Nordhorn“ in der Reihe „Unsere Geschichte“ ist in der ARD Mediathek verfügbar.