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Kann die Foodszene der Modebranche als Blaupause dienen?

Von Reinhold Koehler

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Einzelhandel

Schaut man sich die Händlerstrukturen in den deutschen Innenstädten an, wird immer klarer: die Gastronomie scheint die Mode langsam aus den Straßen zu verdrängen. Wo über Jahrzehnte Boutiquen, Concept Stores oder Wäschegeschäfte residierten, ziehen nun Restaurants, Imbisse oder systemgastronomische Massenkonzepte ein. Viele ehemalige Einkaufsstraßen haben sich so mittlerweile in wahre Fressmeilen verwandelt.

Doch was macht die Gastronomie so erfolgreich und warum gewinnt die Nahrungsaufnahme gegenüber der Kleidung immer mehr Oberhand? Kann die Modebranche zu guter Letzt sogar etwas von der Gastronomie lernen, um mittelfristig auch auf der Fläche wieder in die Erfolgsspur zurückzukehren? Angesichts der aktuellen Entwicklung auf dem deutschen Bekleidungsmarkt, der im ersten Halbjahr wieder einmal unter den Umsatzvorgaben aus dem Vorjahr zurückgeblieben ist, eine durchaus nachvollziehbare Überlegung.

Das Deutsche Modeinstitut (DMI) hat sich zuletzt etwas näher mit dieser Fragestellung beschäftigt und im Rahmen seines letzten Fashion Days die Frage diskutiert, was das Modebusiness von der Foodbranche im Allgemeinen und der Gastronomie im Besonderen lernen kann. Das Institut hatte längst erkannt: „Die momentan zu beobachtenden Hypes in der Foodbranche und in der Gastronomie sind nicht allein dem Zeitgeist geschuldet. Vielmehr ist die beneidenswerte Bilanz der Foodbranche hausgemacht – oder, um im Jargon zu bleiben – ‚homemade‘.“

Mehr Sinnlichkeit gefordert

Für Ilona Marx, Chefredakteurin des Modemagazins J’N’C, liegt der Erfolg der Foodbranche vor allem auf deren professionelle Präsentationsmethoden zurück. Im Rahmen eines DMI-Workshops stellte sie fest: „In Sachen Inszenierung und Interior Design gibt es kaum einen anderen ähnlich zeitgeistigen Lebensbereich, keine Disziplin, die es schafft, ihre Produkte so attraktiv in Szene zu setzen und sie in einem derart maßgeschneiderten Ambiente zu präsentieren.“

„Gleichgültig, welcher Trend in der Modewelt gerade angesagt war – ob ‚Retromania‘, ‚Superfuture‘ oder ‚Zurück zur Natur‘ –, in der Gastronomie konnte man die gleichen Tendenzen, die Farben und artverwandte Materialien finden. Dort allerdings bereits umgesetzt und mit allen Sinnen erlebbar“, so Marx. Daraus habe sich für für die Einsicht ergeben: „In kleinen Restaurants und Bars, in Cafés und Kneipen internationaler Großstädte kann man – mit etwas Abstraktionsvermögen – Bekleidungstrends aufspüren und zudem wertvolle Anregungen für die Präsentation dieser Trends im Fashion Retail sammeln.“

Sie fordert daher von der Bekleidungsindustrie mehr Mut zur Individualisierung und ein besseres Antizipieren der Bedürfnisse der Verbraucher. Gerade, um der modischen Vereinheitlichung durch die Vertikalen entgegenzuwirken, brauche es mehr Mut zur Individualität. Die immer stärker werdende Do-it-yourself-Bewegung zeuge von diesem Anspruch, heißt es. Für Marx und das DMI sind die Signale jedenfalls klar erkennbar: „Der Weg führt weg vom Einheitsbrei – hin zum Statement.“

Um den Modehandel auch in der Fläche wieder erfolgreich zu machen, fordern die Experten neben „konsequent durchdeklinierten“ Konzepten mehr Sinnlichkeit und Erlebnis auf der Fläche. Zudem sei es in Zukunft für Modehändler unerlässlich, eigene Communities zu schaffen und eine gewisse Szene um das eigene Geschöäft aufzubauen. Communities, die einen physisch erlebbaren Treffpunkt haben, den sogenannten dritten Ort – neben dem Zuhause und der Schule oder dem Arbeitsplatz – sind Gold wert“, so Ilona Marx und die DMI-Experten. Auch die Kombination von Fashion Store und Gastronomie sei ein probates Mittel, müsse aber detailliert an die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe angepasst werden. Ein beliebiges, leicht austauschbares Café an den eigenen Retail Space anzugliedern, sei hingegen wenig erfolgversprechend.

Foto: Timo Klostermeier / pixelio.de

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