Innenstädte: Versandhandel will nur für 0,1 Prozent des Verkehrs verantwortlich sein
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Die Innenstadtregionen deutscher Metropolen leiden verstärkt am stets wachsenden Verkehrsaufkommen. Immer mehr Fahrzeuge drängeln sich durch die teils engen Gassen der Städte und verursachen neben starker Luft- und Lärmbelastung die schrittweise Vollverstopfung ganzer Regionen. Eine große Mitschuld am Innenstadtverkehr wird dem Versandhandel zugeschrieben, der seit Jahren zweistellige Wachstumsraten generiert und immer mehr Waren an Privatkunden ausliefert.
Doch nun wehrt sich die Branche gegen die Anschuldigungen. Selbst wenn sich die Anzahl der Paketsendungen durch den Onlinehandel verdoppele, führe dies nicht zwangsläufig zum Verkehrsinfarkt, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (BEVH). Eine Untersuchung der Ballungsräume Hamburg, Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und München zeige vielmehr, dass die Lieferungen von Onlinebestellungen nur einen marginalen Anteil am Verkehr einnähmen: Im Mittel seien es nur 0,1 Prozent des Verkehrs pro Quadratkilometer, so der Verband.
Der Großteil der untersuchten Verkehrsströme entfalle erwartungsgemäß auf den Individualverkehr. Dessen Anteil schwanke, unter anderem infolge der unterschiedlichen Bevölkerungsdichte in den untersuchten Städten, geringfügig zwischen 98 und etwas über 99 Prozent, heißt es seitens des BEVH. An zweiter Stelle folge die Belieferung des Einzelhandels, die für 0,4 bis ein Prozent des Verkehrs in den Ballungsräumen stehe. Der Wert des Onlinehandels liege jedoch in keiner der untersuchten Städte über 0,14 Prozent des Gesamtverkehrsaufkommens. Dabei sei Berlin der Spitzenreiter. „In diese Zahlen sind die Retoursendungen bereits eingerechnet“, lässt der Verband wissen.
Sinnvolle Quartiersplanung gefordert
Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des BEVH, fordert daher einen „verkehrspolitischen Neustart“ in der Diskussion um den vermeintlichen Lieferkollaps: „Obwohl oft etwas anderes behauptet wird: Der Einfluss des E-Commerce auf die Verkehrsdichte in deutschen Großstädten ist marginal. Auch an Spitzentagen im Weihnachtsgeschäft. Er kann sogar helfen, den Individualverkehr zu verringern.“ Was hingegen zwingend nötig sei, sei eine Quartiersplanung, die konsequent durch Lieferzonen eine Zustellung ohne Behinderung des Verkehrs möglich mache.
In der Tat hatte eine im Januar veröffentlichte Vorstudie am Beispiel der Hansestadt Hamburg erstmals gezeigt, dass die tägliche Verkehrsbelastung deutlich stärker von B2B-Lieferverkehren für stationären Einzelhandel und Gastronomie beeinflusst wird, als von Paketlieferungen aus dem Onlinehandel an Endkunden. Dies habe sich mittlerweile für alle größeren Ballungsräume der Republik bestätigt, so der Verband.
In absoluten Zahlen gerechnet, steht Berlin mit 1,9 durch Onlinebestellungen ausgelösten Verkehren pro Tag und Quadratkilometer an zweiter Stelle, hinter München mit 2,2 B2C-Lieferverkehren pro Tag und Quadratkilometer. Frankfurt folgt mit 1,4 Verkehren, Düsseldorf erweist sich mit 1,3 E-Commerce-induzierten Verkehren pro Tag und Quadratkilometer als Schlusslicht der untersuchten Städte.
Generell zeigten die Daten, dass der durch den E-Commerce ausgelösten Lieferverkehr nur einen äußerst geringen Anteil am Verkehrsaufkommen habe und dieser somit nicht primär ursächlich für die zunehmend angespannte Verkehrssituation in Großstädten sei, so der BEVH.
Foto: M.E. / pixelio.de