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Apropos: „Wir sind produktfanatisch“

Von Barbara Russ

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Einzelhandel|Interview
Fassade des neuen Apropos-Stores in Berlin. Bild: Anastasia Hermann

1984 wurde Richard von Weizsäcker westdeutscher Bundespräsident, Prince brachte Purple Rain heraus und im oberbergischen Gummersbach eröffneten Klaus Ritzenhöfer und Daniel Riedo den ersten Apropos-Store.

Henning Korb stieß vor 15 Jahren dazu, heute ist er Managing Partner und komplettiert das Trio. Im Juli eröffnet in Berlin der zehnte Apropos-Store neben den bereits bestehenden Geschäften in Köln, Düsseldorf, Hamburg, München und Gmund sowie Rottach-Egern am Tegernsee, im geschichtsträchtigen Alhambra-Gebäude am Kurfürstendamm. FashionUnited traf alle drei zum Gespräch in der Nähe des noch uneröffneten Ladens in Berlin.

Wie kam es zu der Eröffnung eines Concept-Stores in Berlin, war die Expansion in die Hauptstadt von langer Hand geplant?

Klaus Ritzenhöfer: Wir hatten nicht geplant, nach Berlin zu kommen. Aber uns verbindet eine Historie mit Berlin, weil wir Mitte der 90er Jahre das Quartier 206 beratend betreut haben. Damals haben wir sieben Einzelhandelsgeschäfte nach Berlin gebracht. Daher kennen wir Berlin noch, aber aus einer anderen Zeit.

Das Ladenlokal im Alhambra kam zu einer Unzeit bei uns auf den Tisch, als wir gerade unser zweites Geschäft am Tegernsee eröffnet hatten. Aber wir haben uns auf Anhieb in das Haus und die Räumlichkeiten verliebt. Uns hat es sehr viel Spaß gemacht, eine Auswahl zu treffen, die abseits der großen Labels liegt, die nicht unter den Dächern von Kering und LVMH sind und nicht bereits auf dem Ku’damm verfügbar. Wir kennen natürlich die Kollegen in Berlin und ihre Sortimente.

Wie wird der Laden gestaltet sein?

Henning Korb: Wir haben eine sehr gute Basis vorgefunden und mit einem Berliner Interior-Designer sowie Berliner Architekten zusammengearbeitet. Wie alle Apropos-Stores hat auch der hiesige Concept Store ein cosy Feeling, mit freistehenden Möbeln, die an ein Apartment erinnern.

Daniel Riedo: Wir haben eine Zusammenarbeit mit Pierre Frey, sodass das Interieur viele hochwertige Stoffe, Sitzmöbel und Teppiche beinhaltet, alles sehr detailverliebt. Im Mezzanin wird es ein Café geben, das an ein Kiosk in einem französischen Park erinnert.

Klaus Ritzenhöfer: Außerdem gibt es Vintage-Möbel, das ist Apropos-typisch, die wir auch verkaufen. Damit haben wir in Köln extrem gute Erfahrungen gemacht und es sind auch Sammlerstücke dabei.

Was für ein Sortiment erwartet die Kund:innen bei Apropos in Berlin?

Henning Korb: Abgesehen von der Mode, werden wir in gewohnter Manier die anderen Bereiche abbilden, die man von uns kennt: Kosmetik, Home-Accessoires, Vintage-Schmuck und ein Café. Im Modebereich haben wir einen schönen Brand-Mix zusammengestellt. Das hat besonders viel Spaß gemacht, weil es darum ging, neue Kollektionen zum Sortiment unserer bestehenden Geschäfte zu ergänzen.

Wir wollten nicht hierher kommen und so tun, als wären wir die Superberliner. Der Mix ist so, dass wir die Apropos-Ästhetik weiterführen und etwas eleganter sind, als die anderen Multibrand-Stores in Berlin. Wir sind da konsequent anders und bewusst luxuriös.

Wir arbeiten in Berlin zum Beispiel mit Jil Sander, die ja kein eigenes Geschäft mehr am Ku’damm haben, dann ist Khaite ein ganz wichtiger Partner für uns. Außerdem arbeiten wir, ganz dem Quiet Luxury verschrieben, mit Kiton und Brioni. Brioni hat im vergangenen Jahr zusammen mit einem E-Tailer seine erste Damenkollektion lanciert, wir sind nun die ersten Wholesalepartner, die die Kollektion führen.

Klaus Ritzenhöfer: Der Quiet Luxury Trend kommt uns absolut entgegen. Bei den Herren sind wir ebenfalls hochwertig-klassisch, mit Kiton, Brioni und Jil Sander. Außerdem haben wir Sports- und Streetwear-Labels wie die 44 Label Group aus Berlin, Random Identities von Stefano Pilati, der auch hier in Berlin designt.

Henning Korb: Ferragamo ist dabei sowohl mit der Damen-, als auch mit der Herrenkollektion, Marine Serre, Ann Demeulemeester, Gianvito Rossi und Amina Muaddi haben wir exklusiv für Berlin im Schuhbereich. Daneben zeigen wir eine kleinere Nischenkollektion aus Italien: Dusan. Außerdem integrieren wir einige Amerikaner ins Sortiment: Gabriela Hearst, Carolina Herrera, Proenza Schouler.

Wer ist die Zielgruppe?

Klaus Ritzenhöfer: Wir haben die Vorstellung, dass wir zwei verschiedene Zielgruppen haben. Eine Zielgruppe ist eleganter und more sophisticated, als diejenige, die bei den Kollegen einkauft, die schön länger hier sind und eindeutig eine Berlin-Ästhetik vor Augen haben. Und dann gibt es eine Szene in Berlin, die gerne schwarz trägt, die zum Beispiel Ann Demeulemeester bedient.

(v.l.n.r.): Klaus Ritzenhöfer, Henning Korb, Daniel Riedo Bild: Apropos – The Concept Store

Wie sind die Preislagen?

Klaus Ritzenhöfer: Unserem Grundsatz getreu bieten wir, neben Luxus, auch demokratische Preislagen. In Berlin beginnen wir preislich mit Parosh, eine Marke, die sich bei uns hervorragend verkauft. Im Strickbereich starten wir mit einer ähnlichen Preislage und gehen bis Gabriela Hearst, die mit ihren handgestrickten Kaschmirpullovern unsere aktuelle Spitzenpreislage bildet.

Wie sieht das Sortiment in Sachen Kosmetik und Home aus?

Daniel Riedo: Wir werden, wie gewohnt, Nischendüfte und Pflegelinien anbieten. Ein neues Produkt ist Gezeiten, das wird aktuell in Düsseldorf entwickelt und stammt aus der Hand des Teams, das auch Augustinus Bader umgesetzt hat. Barbara Sturm, ist ein Klassiker, der sich gut verkauft. Bioeffekt verkauft sich auch sehr gut, liegt preislich deutlich niedriger. New Notes, ist eine neues Label aus Mailand, das wird in Köln aktuell sehr gut angenommen.

Im Home-Bereich wird es unter anderem Produkte von Baccarat, Lalique, Christofle, Fornasetti und Astier de Villatte zu entdecken geben. Wir möchten mit den Labels auch auch gerne Dinner-Events im Laden machen mit schön gedecktem Tisch und Kerzen von Trudon.

Das Ladenlokal bietet sich förmlich für Events an, haben Sie diesbezüglich Pläne?

Henning Korb: Es sind viele Events in den kommenden Monaten geplant. Der Concept-Store-Gedanke erstreckt sich auch über neue Retail Experiences. Wenn man sich das heutige Brick-and-Mortar- Business ansieht, ist es unerlässlich geworden, der Kundschaft immer neue Erfahrungen anzubieten. Unsere Kundschaft leistet sich keine Luxusprodukte, sondern Luxusmomente, bei denen das Produkt dann mitkommt. Wir konkurrieren also nicht unbedingt mit anderen Modehändlern, sondern mit Reiseanbietern und der Gastronomie.

Können Sie schon ein paar Events ankündigen?

Henning Korb: In den ersten Wochen des Berliner Stores wird in Kooperation mit Moët Hennessy in unserem Garten ein Veueve Cliquot-Café eröffnen.

Klaus Ritzenhöfer: Ein weiteres Event können wir schon verraten: Zur Eröffnung werden die Schaufenster von Giorgio Armani mit Stücken aus dem Armani/Silos Museum in Mailand bestückt. Die Archivteile wurden von Giorgio Armani selbst ausgesucht, und es wird auch Erklärungen dazu geben, wann sie wo getragen wurden. Das wurde zuvor so noch nie gemacht.

Auf welche Trend-Pieces freuen Sie sich besonders?

Henning Korb: Wir freuen uns besonders auf den weichsten aller Kaschmirpullover von Gabriela Hearst. Sie sind handgestrickt aus gekämmtem Kaschmirgarn und Gabriela Hearst unterstützt damit ein Frauenprojekt in ihrer Heimat Uruguay. Die kompletten Umsätze mit diesem Produkt gehen an diese Charity.

Insgesamt wird der Hebst/Winter 23/24 vom Thema Quiet Luxury geprägt sein. Selbst vorher sehr progressive Kollektionen reduzieren die Details und Logos. Der Luxusaspekt wird über Stoffe, Materialien, und Verarbeitung transportiert, nicht über große Schriftzüge.

Klaus Ritzenhöfer: Eine schöne Kollaboration, auf die wir uns sehr freuen, ist die von The Elder Statesman und Zegna.

Henning Korb: Exklusiv in Deutschland haben wir das Kaschmirlabel von Brad Pitt, God’s True Cashmere, das er zusammen mit seiner Heilerin Sat Hari kreiert hat. Jedes Detail besitzt eine Bedeutung und die Stücke werden komplett in Italien produziert. Leider haben wir Sat Hari im Showroom in Paris verpasst, weil es wohl einen spirituellen Notfall bei den Red Hot Chili Peppers gab, sodass sie kurzfristig abreisen musste. (Alle drei schmunzeln.)

Wie haben sich der Handel und die Kundschaft verändert, seit Sie im Geschäft sind?

Klaus Ritzenhöfer: Heute ist alles anders. (lacht) Als wir angefangen haben, war die Mode weniger demokratisch als heute, es war eine elitäre Schicht, die sich mit Mode befasst hat. Begonnen haben wir in einer Kreisstadt mit den angesagtesten Labels wie Jil Sander, Romeo Gigli, Claude Montana…

Daniel Riedo: …Byblos!

Klaus Ritzenhöfer: Byblos, genau, und Gianni Versace. Der Hunger nach Mode war viel stärker. Eine der größten Veränderungen auf Kund:innenseite war der Moment, als die Millennials die Streetwear entdeckt haben. Wir haben Off-White und Palm Angels schon früh geführt und auf einmal standen diese 13-jährigen Jungen – Mädchen eigentlich gar nicht – nach der Schule scharenweise bei uns in den Läden. Am nächsten Tag kamen sie dann mit Mama und Papa wieder, um zu kaufen. Manche hatten sogar eigene Kreditkarten und haben sich für 700 Euro Hoodies gekauft…

Daniel Riedo: …das fanden Mama und Papa manchmal nicht so lustig. Unser Verkaufspersonal war zunächst vollkommen überfordert. Wir sind dann dazu übergegangen, bei den Eltern anzurufen, ob das Kind sich dieses oder jenes kaufen darf. Und unsere erwachsene Kundschaft kam aus dem Staunen nicht heraus. Was ist denn hier los?

Henning Korb: Als ihr angefangen habt, gab es natürlich das Internet noch nicht. Die Kundschaft kam ins Geschäft, um sich zu informieren. Die Mode war ein geschlossene Szene und was auf den Modenschauen gezeigt wurde, hat die Kundschaft erst sechs Monate danach zu Augen bekommen. Heute gibt es Live-Streams von den Schauen und Influencer tragen die Teile, bevor sie in Produktion gehen. Außerdem sind die Kund:innen heute sehr informiert. Da muss das Verkaufspersonal mindestens auf dem gleichen Wissensstand sein und es schaffen, die Kundschaft trotzdem noch zu begeistern. Gleichzeitig muss es verschiedene Generationen bedienen und auf sie eingehen…

Klaus Ritzenhöfer: …die Herausforderung für die Verkaufsteams ist sehr viel größer als damals. Auch im Einkauf hat sich alles verändert. Der Zeitaufwand war früher viel geringer. Man ging zu den Messen in Paris und Mailand, die Terminierung war viel klarer geregelt.

Welche Messen besuchen Sie heute?

Klaus Ritzenhöfer: Die wichtigsten Orte sind Paris und Mailand, die Pitti in Florenz und ein bisschen USA für uns. In Deutschland sind wir in Düsseldorf und München, hauptsächlich für den Denim-Bereich und die italienische Kaschmir-Kollektionen. Wir sind fast jede Woche einmal in Mailand und einmal in Paris, und das seit Mitte Mai.

Henning Korb: …weil fast jedes Label zeigt, wann und wo es will.

Daniel Riedo: Im Home-Bereich ist es dasselbe. Alle wollen sich abheben und sehr speziell sein. Als Einkäufer schafft man manchmal die Termine gar nicht.

Henning Korb: Früher haben sich Einkäufer:innen auf Messen inspiriert und Kundschaft hat sich beim Schaufensterbummel inspirieren lassen. Das ist heute auf beiden Seiten komplett ins Internet und zu Instagram gewandet. Dort findet heute die Entdeckung statt.

Wie macht ein junges Label jemanden wie Apropos auf sich aufmerksam?

Henning Korb: Man muss die Leidenschaft spüren, dann wird unser Interesse geweckt. Ich schaue jedes Lookbook an, das ich bekomme. Wir sind nach wie vor hungrig, interessiert und produktfanatisch. Ein Beispiel dafür ist unsere tolle Zusammenarbeit mit Extreme Cashmere aus Amsterdam. Sie haben uns einen handgeschriebenen, wunderschönen Brief und ein Musterteil geschickt, das uns überzeugt hat, seither arbeiten wir zusammen.

Klaus Ritzenhöfer: Wir leben von der Veränderung und unsere Kundschaft erwartet jede Saison eine Weiterentwicklung von uns. Damit wir aufmerksam werden, muss sich ein Label durch etwas Besonderes hervortun. Wir sind immer auf der Suche.

Haben Sie weitere Expansionspläne?

Henning Korb: Aktuell planen wir einen Monobrand-Store in St. Moritz mit Extreme Cashmere, der im August eröffnen soll.

Klaus Ritzenhöfer: Und dann lassen wir uns überraschen. Wenn das richtige Angebot auf uns zukommt, schlagen wir zu. Das war in Hamburg so und in Berlin auch.

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