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Was bedeutet Pumas Behauptung, neun von zehn Produkten aus recycelten oder zertifizierten Materialien herzustellen?

Von Simone Preuss

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Puma-Flagshipstore in New York City. Bild: Puma SE

Der Sportartikelanbieter Puma hat pünktlich zum Tag der Erde seinen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. In diesem wird herausgestellt, dass er im letzten Jahr sein 2021 gesetztes Ziel erreicht habe, neun von zehn Produkten aus recycelten oder zertifizierten Materialien herzustellen, die weniger Treibhausgase ausstoßen. Was bedeutet dies aber konkret? FashionUnited hat genauer in den Bericht hineingeschaut.

Das Unternehmen gibt an, den den Einsatz dieser Materialien „deutlich erhöht“ zu haben und verwendete Angaben zufolge 2024 13 Prozent recycelte Baumwolle (verglichen mit 9 Prozent im Vorjahr) und etwa 75 Prozent recycelten Polyester (verglichen mit 62 Prozent im Jahr 2023) in seinen Produkten. Diese Zahlen hören sich zunächst gut an, werden jedoch nicht weiter differenziert, so dass man sich fragt, ob dies bedeutet, dass alle Produkte einen Anteil recycelter Materialien haben und wie groß dieser Anteil ist?

Das Unternehmen elaboriert bei genauerem Hinsehen im Bericht (Abschnitt Zirkularität), dass tatsächlich ein Viertel (25 Prozent) aller bei Puma benutzten Materialen aus recyceltem Inhalt gemacht wurden. Das heißt, dass drei Viertel aus nicht-recycelten, also Neumaterialien hergestellt wurden.

Tendenz Synthetik

Puma verdeutlicht auch den Trend, dass große Modemarken Versprechen zum Trotz mehr synthetische Stoffe verwenden - man sieht ihn deutlich daran, dass der Anteil der recycelten Baumwolle weniger als ein Siebtel des Anteil des recycelten Polyesters ausmacht. Dies deckt sich auch mit dem Verbrauch von Neumaterialien, bei denen die Branche laut einer Untersuchung der Changing Markets Foundation mehr Stoffe auf Basis fossiler Brennstoffe verwendet als weniger, wobei Polyester der Spitzenreiter ist.

Schaut man weiter in den Nachhaltigkeitsbericht (Bereich Produkte), dann sieht man, dass der Anteil von Bekleidung mit recycelten oder zertifizierten Materialien zwar 89 Prozent beträgt (beziehungsweise 58 Prozent für Accessoires und 96 Prozent für Schuhe), dass dies aber einen Anteil von 50 Prozent oder mehr dieser Materialien bedeutet. Das heißt, ein Kleidungstück oder Accessoire, das in diese Kategorie fällt, kann zu 49 Prozent aus nicht-recycelten oder nicht-zertifizierten Materialien, etwa Neumaterialien bestehen. Schuhe müssen nur eine zertifizierte oder recycelte Komponente haben, um dazugezählt zu werden. Die Grauzone ist also relativ groß.

Recycelter Polyester aus Textilien

Was in Pumas Fall positiv angemerkt werden sollte, ist dass das Unternehmen für recycelten Polyester nicht wie in der Branche üblich auf solchen aus Plastikflaschen (also von einer anderen Industrie anfallend) zurückgreift, sondern auf solchen aus Textilien. Dies erzielt das Unternehmen durch das Textil-zu-Textil-Recyclingprojekt Re:Fibre, das Industrie- und Konsumabfälle als Hauptrohstoffquelle nutzt. „Im Jahr 2024 wurden bereits 13,9 Prozent des in Puma-Textilien verwendeten Polyesters mit Re:Fibre hergestellt“, so das Unternehmen in der Pressemitteilung.

Im Nachhaltigkeitsbericht elaboriert es: „Wir haben unsere Re:Fibre-Initiative ausgeweitet und verwenden recyceltes Textil-zu-Textil Polyester für die Replika-Trikots aller Fußballverbände und der meisten großen Fußballvereine. Das bedeutet, dass wir Millionen von Fußballtrikots aus recycelten Textilabfällen verkauft haben.“

Spitzenreiter Polyester?

Kritische Stimmen könnten jetzt anmerken, dass es im Sportbekleidungsbereich noch nicht möglich sei, aufgrund der geschätzten Eigenschaften von Polyester (Dehnbarkeit, Leichtigkeit, schnelltrocknend, etc.), auf diesen zu verzichten. Dies stimmt aber nicht mehr. Natürliche Materialien wie Baumwolle, Bambus, Hanf oder Leinen sind gute Alternativen, ebenso Tencel, Merinowolle oder Nylon aus Pflanzenfasern.

Ebenso hört man, dass Marken für ihre Bereitschaft, Nachhaltigkeitsdaten zu teilen, gelobt werden sollten. Sicher ist es nicht einfach - wie in Pumas Fall - einen über 200-seitigen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, und dieser bietet wertvolle Einblicke. Diese müssen aber differenziert betrachtet und mit Eckdaten verglichen werden, die aber leider häufig fehlen.

Zu guter Letzt heißt es „Marken müssen irgendwo anfangen“ und „Veränderungen brauchen Zeit“. Dies stimmt und hätte vor gut einem Jahrzehnt ein Argument sein können. Inzwischen ist Nachhaltigkeit kein „Nice to have“, sondern ein „Must have”, das auch seinen unternehmerischen Wert bewiesen hat - nachhaltige Unternehmen laufen effizienter und verbrauchen weniger Rohstoffe und Ressourcen, was sich nicht nur positiv auf die Umwelt, sondern auch auf die Bilanz auswirkt. Große Marken haben daher eine Vorreiterfunktion und sollten sich nicht hinter zu kleinen Zielen verstecken.

Weitere Fortschritte in Kernbereiche wie Treibhausgasemissionen, Chemikalien, Menschenrechtsziele, Existenzlöhne und andere können im vollständigen Nachhaltigkeitsbericht eingesehen werden, der auf der offiziellen Website bereitliegt.

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