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Prestigegewinne in der Krise: Starke Marken finden neue Eigentümer

Von Jan Schroder

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Auch in Zeiten der Corona-Krise zeigte sich die Modebranche übernahmefreudig. Viele Deals liefen zwar aufgrund der über Monate anhaltenden Unwägbarkeiten und Belastungen anders als gedacht, aber einige der Branchengrößen setzten ihre strategischen Portfolio-Pläne unbeirrt in die Tat um. Aufgrund der empfindlichen Einbußen in einigen Branchen und Märkten kamen aber auch Aufsteiger zum Zuge, die sich angeschlagene Traditionsmarken zu Schnäppchenpreisen sichern konnten.

Die erste Welle der Pandemie, mit der sich die Lage auf dem Markt durch die umfassenden Lockdowns und die daraus resultierenden Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten radikal veränderte, ließ einige bereits vereinbarte Übernahmen ins Wanken geraten – oder sogar scheitern. So hatte der US-amerikanische Handelskonzern L Brands den Verkauf der Mehrheit an seiner Wäschekette Victoria’s Secret an den Finanzinvestor Sycamore Partners im Februar 2020 bereits ausgehandelt. Doch angesichts der sich schnell abzeichnenden Folgen der Corona-Krise ließ der designierte Käufer den Deal im Frühjahr platzen. Das Ziel, sich von der Marke zu trennen, gab L Brands trotz des Rückschlags aber nicht auf: Im Laufe des Jahres setzte der Konzern die Sanierung des seit Jahren kriselnden Labels fort, kürzlich verkündete er einen neuen Trennungsplan: Victoria’s Secret soll jetzt nicht mehr verkauft, sondern im Rahmen eines Spin-offs als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht werden.

Milliarden für Tiffany und Supreme – Großkonzerne setzen Signale

Zu scheitern drohte zwischenzeitlich auch die größte Übernahme in der Luxusgüterbranche. Bereits im Herbst 2019 hatte der französische Weltmarktführer LVMH den Kauf des US-amerikanischen Traditionsjuweliers Tiffany & Co. beschlossen. Doch der Vollzug verzögerte sich immer mehr, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie die ursprüngliche Bewertung des Übernahmekandidaten infrage stellten. Nach monatelangen Streitigkeiten einigten sich beide Parteien aber doch: Mit umgerechnet knapp 13 Milliarden Euro musste LVMH letztlich etwas weniger Geld in die Hand nehmen als anfangs geplant und konnte Tiffany im Januar dieses Jahres schließlich mit einem neuen Führungsteam in den Konzern eingliedern.

Foto: Cindy Ord/Getty Images North America/Getty Images via AFP

Ohne große Unstimmigkeiten ging eine weitere besonders spektakuläre Akquisition über die Bühne: Kurz vor dem Jahreswechsel schloss der US-amerikanische Bekleidungskonzern VF Corporation den Kauf des Luxus-Streetwear-Pioniers Supreme ab. Der Konzern, zu dem auch Marken wie Vans, The North Face und Dickies gehören, zahlte rund zwei Milliarden US-Dollar für das Label, mit dem er im Rahmen der strategischen Neuausrichtung seines Portfolios das wachstumsträchtige Sport-Lifestyle-Segment weiter aufwertete. Im Gegenzug trennte sich das Unternehmen, das bereits 2019 seine Denim-Sparte abgespalten hatte, inzwischen auch vom Großteil seiner Berufskleidungsmarken, die vom Finanzinvestor Redwood übernommen wurden.

Einen prestigeträchtigen Neuzugang sicherte sich auch der italienische Daunenjackenspezialist Moncler, der zwischenzeitlich selbst im Zentrum von Übernahmespekulationen stand. Im vergangenen Dezember verkündete das Unternehmen die Übernahme des Outerwear-Anbieters Stone Island für 1,15 Milliarden Euro.

Britische Online-Aufsteiger schmücken sich mit Traditionsmarken

Waren diese Großübernahmen weitgehend unabhängig von der Corona-Krise im Rahmen langfristiger Entwicklungsstrategien erfolgt, resultierten andere aufsehenerregende Eigentümerwechsel unmittelbar aus den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Betroffen war vor allem der britische Modehandel. Die Einkaufsstraßen des Vereinigten Königreichs hatten schon vor den Lockdowns des vergangenen Jahres schwere Zeiten durchgemacht, die erzwungenen Ladenschließungen und die daraus resultierenden radikalen Wandlungen des Einkaufsverhaltens bedeuteten dann das endgültige Aus für einige Traditionsunternehmen.

So musste der Einzelhändler Debenhams zum zweiten Mal Insolvenz anmelden und verschwand inzwischen endgültig aus dem Straßenbild. Auch die Arcadia Group, zu der frühere Aushängeschilder des britischen Modehandels wie Topshop gehörten, wurde im Zuge der jüngsten Krise zerschlagen.

Foto: Debenhams Plc.

Nutznießer waren aufstrebende Fast-Fashion-Onlinehändler, die vom E-Commerce-Boom während des Lockdowns besonders profitierten und die Gelegenheit nutzten, mit der günstigen Übernahme prestigeträchtiger Namen ihr Image aufzupolieren. So sammelte der britische Aufsteiger Boohoo, der wegen seiner fragwürdigen Produktionsbedingungen harte Kritik einstecken musste, mit Debenhams, Oasis und den früheren Arcadia-Marken Dorothy Perkins, Wallis und Burton die Markenrechte an einigen traditionsreichen Handelskonzepten ein. Alle Zukäufe folgten dem gleichen Prinzip: Übernommen wurden nur die geistigen Eigentumsrechte und Online-Aktivitäten, die kostenträchtigen stationären Stores blieben dem Untergang geweiht.

Nach dem selben Muster verfuhr der E-Commerce-Spezialist Asos, der für umgerechnet rund 300 Millionen Euro die Labels Topshop, Topman, Miss Selfridge und HIIT aus der Konkursmasse von Arcadia erwarb und in sein Online-Geschäft integrierte. So verschwanden einige Institutionen aus den britischen Einkaufsstraßen, blieben aber zumindest virtuell am Leben.

Besser traf es die dänische Kaufhauskette Magasin du Nord, die zwar zur Debenhams-Gruppe gehörte, aber unter dem Dach des Konzerns eigenständig geblieben war: Sie wurde vom Düsseldorfer Einzelhändler Peek & Cloppenburg übernommen und wird mit ihren Warenhäusern auch weiterhin die Innenstädte dänischer Großstädte prägen.

Auch in Deutschland beschleunigte die Pandemie den Wandel: So gelang im Herbst die seit langem angestrebte Aufspaltung des Hamburger Bekleidungskonzerns Tom Tailor Holding. Während der chinesische Mischkonzern Fosun sein Bekleidungsportfolio mit der Übernahme der wirtschaftlich soliden Kernmarke Tom Tailor weiter stärkte, ging die seit Jahren kriselnde Konzernsparte Bonita in die Insolvenz. Nach einem Management-Buy-Out arbeitet die Textilkette nun eigenständig an der Sanierung.

Der US-Konzern ABG und das Beteiligungsuntrenehmen L Catterton sammeln weiter namhafte Labels

Neue Konstellationen entwickelten sich auch in den USA: Dort zeigte sich der Mode- und Medienkonzern Authentic Brands Group LLC (ABG), zu dem bereits Marken wie Volcom, Forever 21, Barneys New York, Aéropostale und Nautica gehörten, in den vergangenen Monaten besonders kauffreudig. Zusammen mit der Handelsgesellschaft Sparc Group LLC erwarb das Unternehmen namhafte Labels wie Eddie Bauer, Lucky Brand und Brooks Brothers. Im Rahmen der Partnerschaft übernahm ABG die geistigen Eigentumsrechte, während Sparc sich künftig um die operativen Aktivitäten der Marken kümmern soll.

Foto: Birkenstock Facebook-Page

Weiter auf Einkaufstour befindet sich auch das Investmentunternehmen L Catterton, das unter anderem die Beteiligungs- und Immobiliengeschäfte der LVMH-Eigentümerfamilie Arnault führt: Im Frühjahr sorgte es mit der milliardenschweren Übernahme des deutschen Schuhanbieters Birkenstock für Schlagzeilen.

Aufmacherbild: Supreme Facebook-Page

Übernahme