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Modebranche zeigt Solidarität mit Zulieferern

Von FashionUnited

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Mode-Nachrichten

Obwohl man sicher nicht sagen kann, dass der Großbrand im pakistanischen Karatschi, bei dem am 11. September rund 300 Textilarbeiter starben, irgendein Gutes hatte, kann man jedoch angesichts der internationalen Empörung

und intensiven Behandlung in den Medien das Aufkommen eines Hoffnungsschimmers ob einer Besserung der Situation nicht unterdrücken.

"Wir
haben mit schlimmen Verhältnissen gerechnet, aber die Realität hat uns schockiert", sagte Johann Rösch, Textilexperte von Verdi, Deutschlands größter Gewerkschaft der Dienstleistungsbranchen, über seine Reise nach Bangladesh.

Enge, stickige Räume ohne ausreichende Ventilation und Lichtquellen und mangelnde Brandschutzmaßnahmen sind an der Tagesordnung in Textil- und Bekleidungsfabriken in Zulieferländern. Die Betreiber dieser Fabriken nutzen die Tatsache aus, dass ihre Auftraggeber in Deutschland, den USA und anderen Auftragsländern weit weg sind, und sich nicht die Mühe machen, die versprochenen Fertigungs- und Sicherheitsbedingungen auch tatsächlich vor Ort zu überprüfen.

Das musste auch der Textil-Diskonter Kik feststellen, für den das Unglücksunternehmen Ali Enterprises in Karatschi Bekleidung hergestellt hatte. “Grundsätzlich verpflichtet KiK alle Lieferanten auf die Erfüllung und Einhaltung elementarer Arbeitsrechte und Sicherheitsstandards. Diese Verpflichtung wird in Audits von externen, unabhängigen und akkreditierten Zertifizierungsunternehmen geprüft. Das Thema Brandschutz hat dabei herausragende Bedeutung und wird in gesonderten firesafty [sic] Trainings berücksichtigt”, heißt es in einer Stellungnahme auf der Website von Kik.

Allerdings hatte sich das Unternehmen auf externe Auditberichte verlassen. Dabei war im Jahr 2007 noch auf “mangelnden Brandschutz” aufmerksam gemacht worden. “Nachbesserungen” seien dann umgesetzt und deren Einhaltung im letzten Bericht vom 31. Dezember 2011 bestätigt worden. Allerdings nur auf dem Papier wie die Katastrophe von vor zwei Wochen bestätigte.

Für ausländische Firmen ist es daher unerläßlich, ihre Zulieferfirmen in regelmäßigen Abständen selbst oder durch Vertreter vor Ort überprüfen zu lassen. Betriebsräte von H&M, Zara und Metro hatten im letzten Herbst zusammen mit Rösch Produktionsstätten in Bangladesch besucht. Das Ergebnis ist die internationale Kampagne “Exchains”, die Verdi am Donnerstag in Berlin vorstellte.

Vier Kernforderungen stehen im Mittelpunkt der Kampagne: die Erhöhung der Löhne asiatischer Textil- und Bekleidungsarbeiter, die Gründung von Gesundheits- und Arbeitsschutzkomitees vor Ort, besserer Zugang für Gewerkschaften in den Fabriken und die Offenlegung der Zulieferbetriebe durch die Konzerne. Die Kunden spielen bei der Durchsetzung eine entscheidende Rolle, da sie durch ihr Kaufverhalten beziehungsweise den Nicht-Kauf bestimmter Produkte Druck auf die Modehersteller ausüben können.

Interessanterweise würden sich - nach Berechnungen von Verdi - Kleidungsstücke durchschnittlich nur um 12 Cent verteuern, würden den Näherinnen pro Monat 50 Euro mehr Lohn gezahlt. "Ein lächerlicher Betrag für den Auftraggeber oder für den Konsumenten, aber ein Riesenschritt für die Näherin in Bangladesch auf dem Weg zu einem besseren Leben", kommentierte Rösch.

Kik und andere Unternehmen, die von Ali Enterprises fertigen ließen, reden inzwischen von einem Hilfsfond, um “schnell und unbürokratisch” den Verletzten und Angehörigen der Opfer zu helfen. Auch Tschibo hat sich zu einem besseren Brandschutz von Textilfabriken in Bangladesch verpflichtet, die von dem Unternehmen oft angebotene Kleidung herstellen. Wie das entwicklungspolitische Netzwerk INKOTA am Donnerstag bekannt gab, hat die Firma eine entsprechende Vereinbarung mit Gewerkschaften in Bangladesch und internationalen Nichtregierungsorganisationen getroffen.

Bleibt zu hoffen, dass diesmal die Bezeichnungen der Solidarität von Seiten der internationalen Textil- und Bekleidungsbranche, Gewerkschaften und Kunden kein leeres Gerede bleiben – bisherige Reaktionen sind jedenfalls vielversprechend.

Foto: Marissa Orton
pakistan feuer
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