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Wie Spiele ein früher Einstieg in die Welt der digitalen Mode waren

Von Francois Malget

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Mode

Skin wurde in Zusammenarbeit mit Louis Vuitton entworfen. Quelle: Riot Games

Die digitale Mode beginnt einen großen Einfluss auf die Modeindustrie zu nehmen. In diesem speziellen Segment der Branche wird eine Menge äußerst innovativer Arbeit geleistet, aber es gibt immer noch eine Diskrepanz bei der Anwendung in der breiten Masse. Um das zu ändern, sprechen Expert:innen über die Notwendigkeit von „gamifizierten” Umgebungen. Unter „Gamification” versteht man die Integration von Spielmechanismen in Umgebungen, in denen nicht gespielt wird. Im Fall von digitaler Mode ist das beispielsweise die Integration von Bildern und Sounds in eine reale Umgebung, um die Besucher:innen anzusprechen und ihr Engagement und ihre Beteiligung zu fördern.

Damit wird die enge Beziehung zwischen der Welt der Spiele und der digitalen Mode sehr deutlich. Da Spiele von Natur aus digitale Umgebungen sind, sind sie schon seit längerem ein guter Einstieg für verschiedene Modehäuser, um ihre Stücke digital zu integrieren. Diese Synergie zwischen digitaler Mode und der Welt des Gaming besteht schon seit der Einführung menschlicher Spielfiguren, denn schließlich trägt jede Spielfigur in jedem Spiel Kleidung. Diese Avatare tragen nicht nur Kleidungsstücke, um ihre Körper zu bedecken, ihre Kleidung gibt im Idealfall auch wichtige Anhaltspunkte über die Spielfigur. Sie sind auch ein Mittel, um die weitere Umgebung, in der das Spiel stattfindet, zu veranschaulichen und der digitalen Welt Tiefe und Reichtum zu verleihen.

Der nächste Schritt bestand darin, die Spielerinnen und Spieler stärker einzubeziehen, indem sie die Möglichkeit erhielten, ihren Avatar nach ihrem persönlichen Geschmack zu gestalten und so ein Gefühl der Selbstdarstellung und der persönlichen Ästhetik in die Spielwelt einzubringen. Dies steht in engem Zusammenhang mit der weit verbreiteten Beliebtheit von Spielen, deren Handlungsstränge einem bestimmten Charakter oder Avatar folgen, was die Wahrscheinlichkeit einer engeren Beziehung zwischen Spielenden und Charakteren erhöht. Besonders deutlich wird dies in Spielen, in denen sich ein Avatar in einer offenen Welt bewegt, wie beispielsweise in Spielen wie „World of Warcraft“ oder der „Grand Theft Auto“-Serie, oder in Realitätssimulationen wie „Second Life“ oder den sehr beliebten „The Sims“-Spielen. Letztere erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit einer direkten Identifikation mit dem Avatar, denn in vielen Fällen sind sie idealisierte Versionen der Spielenden selbst.

Identifikation mit deinem Avatar

Als Teil dieser Entwicklung ist die Kleidung ein wichtiger Bestandteil. Die Spieler:innen können digitale Kleidungsstücke im Tausch gegen Spielwährung und später gegen reale Währung erwerben.

„Second Life“ wurde von Linden Lab entwickelt und 2003 zum ersten Mal vorgestellt und hat laut einem Interview mit Ebbe Altar, dem CEO von LindenLab, aus dem Jahr 2020 immer noch rund 900.000 aktive Nutzer:innen. Das Konzept basiert auf dem Leben in einer alternativen Welt, die über einen Computer zugänglich ist. In dieser Welt konnten die Menschen Gegenstände und sogar Eigentum erwerben und so eine neue potenzielle Einkommensquelle erschließen. Ein Unternehmen, das dies früh erkannte, war Adidas, das in die digitale Arena einzog und eine Präsenz in der virtuellen Welt eröffnete. Aber nicht nur reale Marken konnten digitale Kleidung herstellen. Die Nutzerinnen und Nutzer hatten auch die Möglichkeit, ihre eigenen Kollektionen zu entwerfen und sie anderen Spielerinnen und Spielern anzubieten, sofern sie über die nötigen Programmierkenntnisse verfügten. Diese Integration von echten Marken in eine Spielumgebung ist kein Einzelfall. Andere sehr beliebte Beispiele dafür waren „Die Sims 2: H&M Fashion Stuff“ (2007) und „Die Sims 3: Diesel Stuff“. Beides waren Erweiterungspakete, also Add-Ons zum Hauptspiel, die den Spieler:innen digitale Versionen von H&M- und Diesel-Stücken für ihre Avatare boten.

Mode und Spiele heute

Heute ist die Spieleindustrie laut Statista rund 178 Milliarden US-Dollar wert, ein Anstieg von 70,6 Milliarden im Jahr 2012, und Schätzungen zufolge wird sie bis 2025 weiter auf 268,8 Milliarden US-Dollar anwachsen. Mit der zunehmenden Beliebtheit und Verbreitung von Online-Spielen wird das anfängliche Zögern, Geld im Spiel auszugeben, überwunden, wie das äußerst beliebte Spiel „League of Legends“ beweist. Mit rund 100-120 Millionen aktiven monatlichen Spielenden zählt es zu den größten Online-Spielen. Das Spiel, das kostenlos gespielt werden kann, aber die Möglichkeit bietet, im Spiel mit gesetzlichen Zahlungsmitteln zu bezahlen, hat im Jahr 2020 1,75 Milliarden US-Dollar eingebracht. Darinl spielen die Spieler:innen Avatare, die Champions genannt werden und für die jeweils mehrere Skins, also verschiedene visuelle Darstellungen, zur Verfügung stehen. 2019 kündigte Riot Games, das Unternehmen hinter „League of Legends“, eine Zusammenarbeit mit dem französischen Modehaus Louis Vuitton an. Nicolas Ghèsquière hat zwei exklusive Skins für das Spiel entworfen.

Linea Rossa Kollektion in Riot's Republic. Quelle: Prada

Ein weiteres Spiel, mit dem Modehäuser in die digitale Welt eintraten, war „Animal Crossing“, ein von Nintendo entwickeltes Videospiel mit sozialer Simulation. Während der Pandemie, die die Menschen dazu zwang, neue Wege der Kontaktaufnahme zu finden, erlebte es einen Popularitätsschub und auch die Marken griffen den Reiz des Spiels auf. Marc Jacobs und Valentino brachten ihre Entwürfe in das Spiel ein, später folgten Marken wie Gucci Beauty, Pandora, Ted Baker und H&M, die alle eine Präsenz aufbauten. Zwei der letzten Marken, die folgten, waren Balenciaga, die exklusive Skins für das Spiel „Fortnite“ anboten, und Prada, das sich der digitalen Welt näherte, indem es seine Linea Rossa Oberbekleidung den Spielern des Spiels „Riders Republic“ anbot.

Das verdeutlicht, dass die Modehäuser die große Anziehungskraft und das Umsatzpotenzial des Angebots digitaler Stücke erkannt haben. Was in einer abgekapselten Spielwelt begann, kommt nun langsam in der Realität an, denn mit dem technologischen Fortschritt und dem Aufkommen der AR-Technologie wird sie immer häufiger verfügbar und in unserem täglichen Leben anwendbar, was einen völlig neuen potenziellen Markt eröffnet. Das zieht natürlich nicht nur große Modemarken an, sondern auch viele neue Designer:innen, die sich auf digitale Kreationen spezialisiert haben. Da die digitale Mode inzwischen über den Bereich der Spiele hinausgeht, in breitere Anwendungen vordringt, und sich sogar zu einer eigenständigen Entität entwickelt, wird der Erfolg letztlich davon abhängen, wie weitreichend AR in Zukunft in unser tägliches Leben integriert werden wird. Solange unser physischer Körper Vorrang vor einem virtuellen hat, müssen wir immer noch den Anforderungen folgen, die die physische Welt an uns stellt, wie beispielsweise der Notwendigkeit, uns anzuziehen, egal wie viele digitale Welten wir in unserer Freizeit nutzen.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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