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Wie Rom zum italienischen Talent Hub wird

Von Barbara Russ

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Mode

Eindrucksvoller geht es kaum: Auf dem Weg zur Eröffnungspressekonferenz der Altaroma, die auf dem Gelände des antiken Forum Romanum stattfindet, geht es vorbei an unschätzbar wertvollen Kulturgütern aus verschiedenen Jahrhunderten. Rom, das wird während dieser Woche immer wieder klar, ist ein Museum, ja, aber die Stadt ist auch stark daran interessiert, in die Zukunft zu investieren.

„Die Altaroma ist eine Plattform für junge Designer, die die Zukunft für Handwerk und Haute Couture Made in Italy bilden. Man kann es so sagen: Mailand ist die Heimat der Prêt-a-Porter-Modenschauen und Rom ist der Talent Hub, der Incubator. Wir wollen den jungen Modemachern den Raum geben, sich auszuprobieren“, so Adriano Franchi, General Manager der Altaroma. Tatkräftige und finanzielle Unterstützung erhält er dabei von der italienischen Handelskammer, dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, sowie diversen römischen und regionalen Institutionen.

Talentförderung direkt ab dem Schulabschluss

Und tatsächlich, im Schauenplan der AltaRoma sind zahlreiche Modeschulen vertreten, darunter auch die Accademia Costume & Moda, deren wohl Berühmtester Alumnus gerade mit Gucci die Mode auf den Kopf stellt: Alessandro Michele. Die 2019 Talents der Schule repräsentieren ebenfalls die Krone dessen, was Made in Italy sein kann:. Zusammen mit 41 italienischen Fertigungsunternehmen (darunter Textilunternehmen, Wollfabriken, Seidenfabriken, Stickereien, Handschuhfabriken, Lederwarenfabriken, Gerbereien und Schuhfabriken) produzierten die 22 Absolventen ihre Capsule Collections. Die Jury, in der unter anderem Manuela Brini, LVMH Creative Talents Manager; Livia Carimini, Assistentin Haute Couture Valentino, Andrea Ciaraldi (Ralph Lauren); Cristina Gnugnoli (Moncler); Andrea Incontri (Tod’s); Laura Lusuardi (Max Mara); Sara Maino (Vogue Italia & Vogue Talents); Raffaello Napoleone, CEO Pitti Immagine und Silvia Venturini Fendi saßen, wählte als Gewinner Luca Rao und Alice Paris aus. Sie erhalten den durch das Pitti Tutorship Division Program unterstützten "Pitti Tutorship Reward" verliehen.

Emerging Labels

Wer nun aber denkt, die Altaroma sei ein reines Modeschulen-Event, der irrt. Auch junge Designer, die bereits auf dem Markt sind, werden hier weiter gefördert. Zahlreiche Labels, die beim „Who is on Next“-Wettbewerb, der jährlich von der Handelskammer und der Vogue Italia veranstaltet wird, ausgezeichnet wurden, sind auf den Laufstegen der AltaRoma zu sehen. Nebenan finden sich Emerging Labels im täglich wechselnden Showcase-Format. Damit diese nicht in einer Blase aus Mikroinfluencern und lokaler Presse untergehen, wurde ebenfalls kräftig investiert. So wurden zahlreiche Pressevertreter und Einkäufer aus aller Welt geladen - darunter kleine, individuell kuratierte Concept Stores wie Kokoro, Neoss oder Anatomie London, inhabergeführte Boutiquen wie Garbarini in Denver oder die Haute Couture Boutique Amici di Moda aus Qatar sowie große Kaufhausketten wie die Helen Marlen Group aus der Ukraine - um die ganz neuen „Made in Italy“-Labels in der Welt bekannt zu machen.

Federico Cina

Eine Workwear-inspirierte Liebeserklärung an seine Wurzeln ist die Kollektion „Romagna Mia“ von Federico Cina, der sein Label 2016 gründete. Dort vermischt er die Liebesgeschichte seiner Eltern, die des antiken Dramatikers Plautus und seinem Heimatort Sarsina. Gelb, Orange- und Rottöne treffen auf Karo- und Tüllstoffe. Im Zentrum von alldem steht die Ähre, die als Print ein wiederkehrendes Symbol seiner Dankbarkeit zu seinem Land und dessen Gaben darstellt.

Angelia Ami

Angelia Corno, eine der Finalisten des „Who is on Next“-Wettbewerbs, warf für ihre Kollektion „90 Riverside Drive“ einen Blick auf das New York der Jahrtausendwende und dessen Socialites. Ausgehend von starken Mantelvarianten entfaltet sie eine Kollektion voller überraschender Plot Twists, deren Spitzen Windbreaker aus moosgrünem Kord, fliederfarbene Wollkostüme in Kombination mit grauen Seidentops und Brillenbänder aus Süsswasserperlen ausmachten.

Leo Studio Design

Der Designer Leonardo Macina, ebenfalls eines der „Who is on Next“-Talente, gründete sein Label 2015. Seine Kollektion für H/W 19/20 nennt sich Comics Invaders und setzte auf lustige Knalleffekte, die in Pop Art Prints und Neonfarben an Sportswearensembles Ausdruck fanden. Besonders die Accessoires wie farbenfrohe Schals und glitzernde Sneaker dürften Anhänger finden. Im Mittelpunkt der Expansionsstrategie der Marke steht die Konsolidierung in Italien, wo er bereits auf ein Netz von Einzelhändlern wie La Rinascente (Mailand), Coin Excelsior (Rom und Venedig), Galiano (Neapel) und G&B (Brescia) und in Europa durch eine bereits begonnene Partnerschaftsstrategie mit Le Bon Marché (Paris) zurückgreifen kann. Auch im E-Commerce-Bereich debütierte die Marke mit Unterstützung von E-Tailern wie Yoox-Net -à-porter bereits 2016.

MRZ Official

Simona Marziali arbeitete 13 Jahre für internationale Modelabels, darunter Diesel, bevor die sich 2012 selbständig machte. Ihr Label MRZ zeichnet sich durch einen starken Fokus auf Strickwaren aus, deren Proportionen und Farben beachtenswert sind. Glamouröse Nomaden, als Thema häufig bemüht, fanden bei ihr allerdings eine spannende Neuinterpretation durch gekonntes Layering. Ihre Kollektionen findet man unter anderem bei Harvey Nichols, Le Bon Marche oder bei Zalando.

Die Modewirtschaft braucht die Designer, und anders herum

„Digitale Tools eröffnen jungen wie etablierten Labels aus Italien neue Möglichkeiten des Verkaufs. Wir wollen jungen Designern diese Möglichkeiten bieten, aber auch jene bereits bestehenden in der Produktion zeigen,“ bestätigt Adriano Franchi. „Der italienische Staat ist sehr daran interessiert, junge Designer zu fördern. Die italienischen Unternehmen brauchen Nachwuchs und auch „Made in Italy“ kann ohne sie nicht weiter existieren. Die jungen Designer haben aber selbst keine Mittel, um sich international zu präsentieren. Deshalb übernehmen wir das zusammen mit der Regierung und der Handelskammer,“ fasst er das gemeinsame Engagement der italienischen Modewirtschaft zusammen. Eine Gemeinschaftsbemühung, von der man in Deutschland noch träumt. Aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut.

Bilder: Cover: Altaroma, Bild1: Alice Paris, P&P Fotografia, Bild 2 Luca Rao, P&P Fotografia

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