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Wie eine Pandemie, Inflation und Krieg das Geschäft mit Luxusgütern beeinflussen

Von Jennifer Mason

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Russisches Geld. Bild: Anna Tis / Pexels

Es mag sein, dass Wirtschaftssanktionen wenig dazu beitragen können, die tapferen Bemühungen der Ukrainer:innen vor Ort zu unterstützen, die ihr Land gegen die zunehmend brutalen Invasionstaktiken Russlands verteidigen. Dennoch setzt eine westliche Regierungskoalition, zu der auch die Mitglieder der NATO und der Europäischen Union gehören, ihre Bemühungen fort, den Handel mit der Russischen Föderation zu drosseln, was langfristige Auswirkungen auf viele Branchen wie die Mode haben könnte.

Der Analyst Luca Solca von dem Wall-Street-Brokerunternehmen Bernstein erklärte gegenüber dem britischen Sender BBC, dass die Luxusmode in Russland für die meisten Unternehmen nur etwa 2 Prozent des weltweiten Umsatzes ausmacht. Aber Russ:innen sind begeisterte Luxuskonsument:innen und wertvoll für Unternehmen in aller Welt. Der Krieg in der Ukraine könnte jedoch dazu führen, dass sich die Geschäfte in diesem Teil der Erde als unhaltbar erweisen – vor allem, wenn sie zu einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen und einer Wiedereinführung des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West führen. Mit Hilfe von Expertenmeinungen, die in einer Podiumsdiskussion von Luxury Daily zu diesem Thema Anfang des Monats geäußert wurden, werfen wir hier einen Blick auf die aktuellen Sanktionen und darauf, wie sie sich kurzfristig und langfristig auf das Luxusgütergeschäft auswirken werden, und vergleichen die Auswirkungen dieser Tragödie mit denen der Pandemie.

Luxusgüterexporte aus USA, Großbritanniens und der EU nach Russland offiziell verboten

Die USA, das Vereinigte Königreich und die EU haben sich im Rahmen von Sanktionen verpflichtet, die Ausfuhr von Luxusgütern nach Russland zu verbieten – von Mode über Autos bis hin zu Uhren. Die führenden westlichen Wirtschaftsmächte, die Gruppe der Sieben (G7) und die EU, entziehen Russland zudem den Status der "Meistbegünstigung" im Handel, was bedeutet, dass Russland wesentlich höhere Zölle auf Einfuhren zahlen muss, die nicht bereits vollständig unterbunden sind. Die Exportverbote für Luxusgüter sollen die russischen Eliten benachteiligen, wie es in der Ankündigung der EU zu den neuen Maßnahmen heißt. Während eine genaue Liste von Marken oder Waren, die nicht exportiert werden dürfen, noch nicht festgelegt wurde, hat die EU eine Mindestschwelle von 300 Euro festgelegt, die als Richtwert für Unternehmen dienen soll, die Kleidung und Accessoires exportieren.

Der Mindestpreis wurde in der Absicht festgelegt, der Zivilbevölkerung Russlands die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse zu ermöglichen, zu denen auch Kleidung gehört. Aber zahlreiche Muttergesellschaften von Fast-Fashion- und Off-Price-Einzelhändlern wie TJ Maxx bis hin zu Luxusmarken wie Gucci haben ihre Geschäftsaktivitäten mit und in Russland von sich aus eingestellt. Fast Retailing, der japanische Einzelhandelskonzern, zu dem Uniqlo gehört, hatte ursprünglich am 9. März angekündigt, seine Geschäfte in Russland fortzusetzen. Der Gründer des Unternehmens, Tadashi Yanai, erklärte: „Kleidung ist eine Lebensnotwendigkeit. Die Menschen in Russland haben das gleiche Recht zu leben wie wir". Nach heftigen Reaktionen änderte das Unternehmen jedoch am nächsten Tag seinen Kurs und gab operative Schwierigkeiten als Grund für die Einstellung der Geschäftstätigkeit an. Fast Retailing kündigte eine Spende im Wert von 10 Millionen US-Dollar sowie Kleidung für den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) an und wies in seiner Erklärung darauf hin, dass die europäischen Mitarbeitenden des Unternehmens dabei helfen, Kleidung an betroffene Menschen zu liefern, die aus der Ukraine fliehen.

Mögliche kurzfristige Auswirkungen der Inflation

„Dieser Konflikt hat Auswirkungen auf mehrere Branchen – angefangen bei der Energie", sagte Mickey Alam Khan, Vorsitzender und Chefredakteur von Luxury Daily, der die Podiumsdiskussion moderierte. Die Ölpreise stiegen seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sprunghaft an, wobei Preise für die Rohölsorte Brent zeitweise mehr als 134 US-Dollar pro Barrel erreichten. In der EU wird erwogen, es den USA in Bezug auf ein russisches Ölembargo gleichzutun. Dies trägt zur Inflation bei, die bereits durch Lieferkettenprobleme aufgrund der Pandemie verstärkt wurde. Die Inflation wird sich kurzfristig weiterhin auf die Konsumausgaben vieler Verbraucher:innen auswirken, da die Preise für lebenswichtige Güter von Lebensmitteln bis hin zu Kraftstoffen steigen.

Marie Driscoll, Managing Director für Luxus und Einzelhandel bei Coresight Research, einem Daten-Unternehmen, das sich auf Innovationen im Einzelhandel und in der Technologiebranche spezialisiert hat, räumte ein: „Kurzfristig wird der Luxusbereich einen Dämpfer erfahren, wie alles andere auch. Wir haben uns zu Beginn dieses Jahres – bevor wir uns über die Ukraine Sorgen machten – Sorgen über die Inflation gemacht und darüber, wie sich diese allgemein auf die Verbraucher:innen auswirkt", sagte sie. „Luxusmarken heben die Preise an, die Preise werden allgemein erhöht, und jetzt haben wir diesen Wahnsinnseffekt von 100 US-Dollar für Öl, vielleicht für drei oder vier Monate, vielleicht auch länger. Wenn sich das nicht innerhalb von ein oder zwei Monaten von selbst löst, wird das Wachstum, das wir zu Beginn des Jahres prognostiziert haben, meiner Meinung nach gedämpft werden."

Driscoll wies auch auf die kollektive Psyche als wichtigen Faktor hin; die tragische Natur des Krieges und die daraus resultierende Unsicherheit könnten zu einem konservativeren Kaufverhalten führen. Omar Saad, Analyst für Konsum- und Luxusgüter bei Evercore ISI, einem Investmentbanking-Beratungsunternehmen, war eher skeptisch, dass die Luxusgeschäfte Veränderungen spüren werden. „Die lokalen Ausgaben in Europa werden wahrscheinlich kurzfristig schwanken, weil es dort so viel näher an der eigenen Haustür ist", sagte er. Er erwähnte aber auch, dass jegliche Zurückhaltung eher eine vorübergehende Erscheinung sein wird, wenn sich der Krieg über einen längeren Zeitraum hinzieht. „Wenn man sich die direkten Geschäfte der Unternehmen ansieht, die wir abdecken – ob es sich nun um Luxusfirmen oder Sportunternehmen wie Adidas und Nike handelt –, dann ist das tatsächliche direkte Engagement in der Ukraine und in Russland weniger als fünf Prozent und liegt eher bei zwei oder höchstens drei Prozent."

Saad wies auf die interessante kurzfristige Entwicklung hin, dass die Russen in Panik Luxusgüter, insbesondere Schmuck, kaufen, um in ein Sicherheitsnetz zu investieren, während ihre Währung schwächer wird. „Das ist eine einfache Möglichkeit, einen Teil des Wertes des Rubels zu erhalten, der bereits so stark abgewertet worden ist. Natürlich handelt es sich dabei nur um den Bestand, der dort vorhanden ist, und der wird schnell aufgezehrt werden. Nach dem Gesetz der unbeabsichtigten Folgen wurden Luxusgüter zu einer Währung". Bulgari meldete, dass die Verkäufe in seinen russischen Geschäften seit Beginn des Krieges in die Höhe geschnellt sind, aber die Muttergesellschaft LVMH beschloss schließlich, die Geschäfte aller ihrer Marken im Land zu schließen.

Die Folgen der Pandemie und der Sanktionen

Der Moderator der Diskussion, Khan, stellte auch die Annahme in Frage, dass Luxusgüterunternehmen negative Auswirkungen zu spüren bekommen würden, da die Menschen während der Pandemie, als der wirtschaftliche Druck weitaus größer war, immer noch viel Geld für Luxusgüter ausgaben. „LVMH, Richemont, Kering – sie haben inmitten der weltweiten Misere Rekordergebnisse erzielt", sagte er.

„Luxus ist das beste Erlebnis, wenn man sonst nichts erleben kann", erklärte Driscoll. „Ich glaube, sobald wir die ersten Monate von Covid hinter uns gelassen hatten, hieß es: Okay, was will ich kaufen? Es gab so viel Geld, das nicht für Erlebnisse ausgegeben wurde, dass Verbraucher:innen, die einen Job hatten, ihr Geld in Luxusgüter steckten – Dinge, die sie normalerweise vielleicht nicht kaufen würden. Der Luxus-Shopper war da, und dann gab es neue Interessenten". Die US-Regierung verteilte auch mehrere Konjunkturpakete, die wahrscheinlich zum Anstieg der Luxuskäufe beitrugen. „Leute, die eigentlich keine 300-Dollar-Sonnenbrillen kaufen sollten, haben plötzlich 300-Dollar-Sonnenbrillen gekauft."

Marci Rossell, Chefökonom bei Luxury Portfolio International, einem Netzwerk von Luxusimmobilienmaklern, ist der Ansicht, dass sich dies ohne Konjunkturpakete und bei hoher Inflation in den Ergebnissen der Unternehmen niederschlagen wird. „Die größte Auswirkung haben die Energiemärkte und die Rohstoffmärkte. Wenn diese Dinge teurer werden, hat das weniger Auswirkungen auf Luxuskäufer, aber es wirkt sich auf anspruchsvolle Konsument:innen aus. Wenn es Sie einen Monat lang jeden Tag zehn Dollar mehr kostet, Ihren Benzintank zu füllen, sind das 300 Dollar, die Sie nicht für eine teure Sonnenbrille ausgeben."

Langfristige Auswirkungen und die Unbekannte China

„China ist eine energieintensive Volkswirtschaft, und auch wenn das Land am Ende vielleicht der einzige Abnehmer von russischem Öl und Gas bleibt, werden die hohen Energiepreise die chinesische Wirtschaft weiter belasten", sagte Rossell weiter. CNBC berichtete im Januar, dass die Konsumenten:innen auf dem chinesischen Festland 2021 fast 74 Milliarden US-Dollar für Luxusgüter aus dem eigenen Land ausgaben, obwohl dies immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie lag. Lederwaren waren die am schnellsten wachsende Kategorie, aber auch diese war nicht immun gegen einen Ausgabeneinbruch in der zweiten Jahreshälfte aufgrund weiterer Covid-Ausbrüche.

Astrid Wendlandt, ehemalige Reporterin für europäische Luxusgüter bei Reuters und frühere Moskau-Korrespondentin der Financial Times, sprach über die geopolitischen Auswirkungen des russischen Krieges auf die Beziehungen der westlichen Allianz zu China, das es bisher vermieden hat, seinen Einfluss geltend zu machen, um einen Waffenstillstand zu erreichen. „Was, wenn China dies als Gelegenheit nutzt, um in Taiwan einzumarschieren, während der Westen mit der Ukraine und Russland beschäftigt ist?" mutmaßt Wendlandt. „Das russische Geschäft ist bedeutend, aber unter dem Strich sind sie nicht die, die am meisten Geld ausgeben. Die, die am meisten ausgeben, sind die Chinesen, das steht bei Luxusgüterinvestoren ganz oben auf der Agenda."

Khan merkte an, dass die Chinesen pragmatischer seien, stärkere wirtschaftliche Bindungen zum Westen hätten und möglicherweise weniger bereit seien, die Stabilität ihrer Wirtschaft wegen einer Taiwan-Übernahme zu gefährden. Aber das ist alles spekulativ. Die USA warnen China weiterhin davor, Russland bei der Umgehung von Sanktionen zu helfen oder Russland militärisch zu unterstützen – jedes Anzeichen davon würde die Beziehungen zu Washington noch mehr belasten. Rossell fügte hinzu: „Das schlimmste Szenario ist eine Welt, in der Russland in einigen Jahren nur noch China als Partner hat, und die Welt wieder die Ost-West-Kluft von vor dreißig Jahren aufbaut, die wir alle vergessen haben. Aus der Perspektive von Marken müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, dass es eine Welt gibt, die früher einmal existierte und zu der wir zurückkehren könnten, unabhängig davon, was die Regierungen im Zusammenhang mit Sanktionen tun."

Aber für den Moment ist die langfristige Prognose, insbesondere für die großen Luxusmodemarken, positiv. „Diese Branche ist widerstandsfähig. Sie hat drei Jahrhunderte lang Kriege, Depressionen und Rezessionen überstanden – sie wird auch das überstehen", so Khan. „Luxus ist eine der sichersten Langzeitwetten", fügte Saad hinzu. „Unsere gesamte globale Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, Wohlstand zu schaffen – Krieg hin oder her. Wir haben schon viele Kriege erlebt. Ich habe in meiner Karriere an der Börse viele Kriege mitgemacht. Es gibt eine feste Anzahl von Luxusmarken – es ist egal, was man über chinesische Luxusmarken sagt – es gibt einfach keine neuen Luxusmarken, und das ist die ganze These von Bernard Arnault von LVMH: Unbegrenzte Nachfrage im Laufe der Zeit und begrenztes Angebot. Wir wissen, dass das Einkaufserlebnis, vor allem im Luxusbereich, sehr wichtig ist, und deshalb werden die Läden auch im Zeitalter des E-Commerce und der Digitalisierung nicht verschwinden."

Aber Khan schloss mit Worten der Vorsicht. „Ich hoffe, dass uns das irgendwann zum Nachdenken bringt. Ich hasse es, das zu sagen, ich bin ein eingefleischter Kapitalist, aber irgendwann muss man vorsichtig sein mit den Geschäften, die man macht. China schaut zu. Und wenn China so etwas tut, werden wir nicht mehr so optimistisch sein, was die Zukunft des Luxus angeht."

Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.uk.

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