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Wie Buyer SS24 ordern: Die belgische Multimarken-Boutique Verso

Von Jesse Brouns

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Mode |Interview

Bild:Verso / Nicolas Van Tomme

Tim de Jong und Elisa Barbadoro sind Einkäufer:innen bei der legendären Multimarken-Luxusboutique Verso. Das Unternehmen hat einen Flagship Store in Antwerpen und zwei kleinere Geschäfte in der belgischen Hafenstadt Knokke. FashionUnited hat die beiden Einkäufer:innen getroffen um über den Orderprozess, Trends und die nächste Generation von Luxuskund:innen zu sprechen.

„Verso war traditionell sehr auf italienische Mode fokussiert", sagt de Jong, “aber das hat sich in den letzten fünf Jahren stark weiterentwickelt, auch unter dem Einfluss von Streetwear. Wir haben mehr und mehr junge US-amerikanische Marken wie Amiri, und auch Paris ist für uns wichtiger als früher. Kurz gesagt, das modische Erscheinungsbild von Verso ist viel internationaler als früher, und das hat viel mit den sozialen Medien zu tun. Manchmal sieht man plötzlich eine kleinere Marke auftauchen, die dann plötzlich zu einem riesigen Hype wird. Dann schauen wir, ob wir etwas daraus machen können. Ein gutes Beispiel ist Gallery Dept, ein Label, das in den USA sehr boomt. Wir haben es vor zwei Jahren mit Verso aufgegriffen, und jetzt gibt es auch in den Benelux-Ländern eine große Nachfrage danach.“

Bild:Verso / Nicolas Van Tomme

Wie läuft der Orderprozess bei Verso ab?

De Jong: Im Vorfeld führen wir ausführliche Gespräche über die Budgets. Wir überwachen wöchentlich die Verkäufe und Absatzzahlen und machen auf der Grundlage dieser Zahlen unsere Budgetvorschläge. Mit diesen Vorschlägen gehen wir zum Management. Wenn das Budget feststeht, nehmen wir die Gespräche mit den Marken auf. Das ist selten einfach. Wir arbeiten mit den großen Luxuskonzernen, mit Kering und LVMH, und da muss man immer vorsichtig sein. Wir versuchen immer, eine Einigung zu finden. Leider lassen sich manche Marken manchmal weniger gut abverkaufen, und das müssen wir beim Einkauf berücksichtigen. Die Luxuskonzerne erwarten jede Saison ein Wachstum von zehn Prozent. Wir neigen manchmal dazu, beim Einkauf eher 'flach' zu bleiben. Dann muss man eine diplomatische Lösung finden. Manchmal investiert man beispielsweise ein bisschen mehr in die Herrenkollektion und ein bisschen weniger in die Damenkollektion oder umgekehrt. Aber das Gesamtbudget von Verso muss im Einklang mit den Wachstumsprognosen der Konzerne stehen. Sonst riskiert man, eine Marke an einen Konkurrenten zu verlieren. Je mehr Marken einer Gruppe wir vertreiben, desto einfacher kann es sein, eine neue Marke aus dieser Gruppe zu integrieren. Das ist derzeit die Realität.

Lässt das Raum für Kreativität?

De Jong: Man muss versuchen, diese innerhalb der Marke, innerhalb der Kollektion zu finden. Natürlich haben wir in unserem Budget immer Platz für neue Marken.”

Was passiert, nachdem die Budgets vereinbart sind?

De Jong: Dann gehen wir in die Showrooms, treffen eine Auswahl und schließen die Order ab. Manchmal folgt eine weitere Order, und wir stellen die verschiedenen Kollektionen nebeneinander, damit wir nicht zu viel von demselben Produkt kaufen. Wir nehmen auch Rücksicht auf unsere VIP-Kund:innen. Wir versuchen, mit ihnen im Voraus über die Kollektionen zu sprechen, und wenn sie an bestimmten Stücken interessiert sind, sorgen wir dafür, dass wir sie bestellen. Verso hat etwa hundert VIP-Kund:innen. Aber letztendlich sind alle Kund:innen für uns wichtig. In unserem Unternehmen gibt es wirklich viele Gespräche mit der Kundschaft, und dieses Feedback hilft uns, weiterzukommen.

Bild:Verso / Nicolas Van Tomme
Bild:Verso / Nicolas Van Tomme

Welche Trends sind zu beobachten?

De Jong: Quiet Luxury Die Logos verschwinden jetzt sowieso still und leise. Denim ist auch immer noch ein Trend. Pastellfarbene Töne. Man merkt, dass Kund:innen sich jetzt 'cleane', formellere Artikel suchen.

Barbadoro: Frauen kombinieren mehr Labels. Früher blieben sie einer einzigen Marke treu, heute wählen sie ohnehin mehr aus. Sie sind auch mehr als früher an kleineren Marken interessiert.

De Jong: Wir verfolgen Modewochen, Modeschauen und Trends, aber wir denken auch an das große Ganze. Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen dem, was man auf den Laufstegen in Paris, Mailand oder New York sieht, und dem, was in unseren Geschäften hängt. Schließlich sind wir ein Unternehmen in Belgien, und die Verbraucher:innen hier sind noch etwas konservativer. Sie sind auch preisbewusst. Das berücksichtigen wir. Was ist für unseren Kund:innen überhaupt noch erschwinglich?

Bild:Verso / Nicolas Van Tomme
Bild:Verso / Nicolas Van Tomme

Die Mode wird immer teurer, vor allem im Luxusbereich

De Jong: Seit dem Lockdown stellen wir fest, dass die Preise wirklich gestiegen sind. Für unsere Margen macht das keinen Unterschied, aber ich persönlich finde es schade, dass jemand, der früher bei uns Turnschuhe kaufen konnte, jetzt aussteigen muss. Wir sehen in dieser Saison auch ein sehr aufgeschobenes Kaufverhalten. Das liegt aber nicht nur an den höheren Preisen für Bekleidung. Es gibt auch andere Faktoren, den Krieg, die Inflation, die Energiepreise. Aber natürlich gibt es auch eine Gruppe von Leuten, die einfach weiter kaufen.

Wie sind Sie aus dem Covid-Tunnel herausgekommen?

De Jong: Relativ gut. Unsere Zusammenarbeit mit unserem Online-Partner Farfetch hat sich weiterentwickelt und ist weiter gewachsen. Wir haben auch unseren eigenen Webshop gestartet und sind auf Instagram aktiver geworden. In den Zeiten, in denen wir Läden eröffnen konnten, haben wir mehr pro Kund:in verkauft als je zuvor. Und wir haben mit den Marken verhandelt, weniger Lieferungen anzunehmen, damit wir einen 'gesunden' Wiederverkauf generieren konnten.

Denken Sie auch an die nächste Generation von Kund:innen?

De Jong: Ganz genau. Die neue Generation ist kritisch, und das ist definitiv eine Herausforderung. Das Markenimage ist für sie wichtig. Wollen sie mit einer Marke in Verbindung gebracht werden, oder nicht? Sie sind auch viel weniger loyal gegenüber Marken. Es gibt mehr Fluktuation. Früher haben wir hauptsächlich mit den etablierten italienischen Werten gearbeitet, aber inzwischen sind wir zu einem viel gemischteren Angebot übergegangen, zum Beispiel mit einem niedrigeren Preissegment. Diese Mischung aus Hoch- und etwas Niedrigpreissegment funktioniert sehr gut. Wir kaufen auch innerhalb der Marken sehr breit ein. Ich kann einer Achtzehnjährigen ein sehr trendiges Teil von Prada verkaufen und gleichzeitig einen schönen Blazer, ebenfalls von Prada, an eine Siebzigjährige. Wir verfolgen auch die sozialen Medien sehr genau. Was sind die Trends? Manchmal geht das sehr schnell. Dann kaufen wir eine neue Marke, und nach ein oder zwei Saisons gibt es keine Nachfrage mehr danach. Leider, denn das Ideal für uns ist immer eine langfristige Zusammenarbeit mit einer Marke.

Dieser übersetzte Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl

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