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Warum sind die 90er Jahre so angesagt?

Von Julia Garel

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Mode

Andrea Crews PE22, via Presseagentur Station Service

Crop-Tops, Trainingsanzüge, Gürteltaschen und Neonfarben – die 90er Jahre haben einen Großteil der jüngsten Laufstegpräsentation geprägt. Aber was hat das Jahrzehnt unserer heutigen Zeit zu bieten? Wie und warum sprechen die 90er die Menschen so stark an?

Die Freude am modischen Ausstieg

Was macht die Ästhetik der 90er aus? Spaß! Daran erinnert sich zumindest Fériel Karoui, die Trendberaterin mit der FashionUnited ein Email-Interview geführt hat. Obwohl das Jahrzehnt auch mit Grunge und Minimalismus in Verbindung gebracht wird, haben sich die Designer in dieser Saison von der entspannten und farbenfrohen Sportswear und Streetwear aus der Periode inspirieren lassen. Eine Haltung, die Menschen anspricht, deren Wunsch nach Leichtigkeit und Festlichkeit durch die aufeinanderfolgenden Lockdowns und die Angst vor dem Virus gebremst wurde.

Fériel verweist insbesondere auf die frühen 90er Jahre mit der Garderobe der Serie „Prince of Bel Air“ oder „Saved by the Bell“. Sie erklärt: „Wir finden Neonfarben, inspiriert von Sportswear, aber auch von Rave-Partys (bei Louis Vuitton, Dries van Noten, Lazoschmidl, Spyder), sommerliche Windjacken, wobei die Outdoor-Einflüsse hier mit hyperenergetischen Farben aufgegriffen werden (Isabel Marant, Boramy Viguier), voluminöse Basketballshorts (Children of the Discordance), farbenfrohe Anzugjacken bei Mans, mit Crop-Top-Option bei Fendi, Batik-Inspirationen, psychedelische Muster und einige ethnische Reminiszenzen (Etro) aus den 70ern, die ihrerseits in den 90ern zitiert wurden.“

Andrea Crews SS22 (via Station Service), Lazoschmidl PE22 (via Autrement PR)

Ein Hang zum Hässlichen

Die Trendexpertin lenkt die Aufmerksamkeit auf Key-Pieces der 1990er Jahre: „Die Bauchtasche, die 'Dad Sneaker', die Trainingsanzüge und das Crop-Top werden selten als modisch bezeichnet, und genau das macht sie so interessant.“ Fériel entwickelt ihre Gedanken mit einem Zitat aus dem Buch „Le goût du moche“ (Der Geschmack des Hässlichen) von Alice Pfeiffer (Hrsg. Flammarion): „Von einer Quelle des 'Hässlichen' zu schwärmen, bedeutet, sich von der Massenrezeption des Objekts zu distanzieren – und sich von einer Schönheit abzuwenden, die zu zugänglich geworden ist.“ Für Fériel lässt sich das auch auf den aktuellen Trend um die Neunziger übertragen: „Wie in allen Epochen findet heute mit der Rückkehr der 90er Jahre ein Klassenkampf des guten Geschmacks zwischen den Werten der alten Garde und denen der neuen statt.“

Die FS22-Kollektion des Pariser Modekollektivs Andrea Crews ist ein eindrucksvolles Beispiel für diese Inspiration des „schlechten Geschmacks“. In dieser Saison spielt Maroussia Rebecq, die Gründerin und Designerin des Labels, mit dem in den 90er Jahren oft als vulgär empfundenen Detail des Tangas, der so weit hochgezogen ist, dass er aus der Hose herausragt. Bei Andrea Crews wird Unterwäsche zu einem Ornament und einem Akt der Rebellion in einer Kollektion, in der upgecycelte Stücke einen rebellischen Diskurs gegen Fast Fashion und den Konsumismus der 90er Jahre zum Ausdruck bringen.

Drôle de Monsieur PE22 (via press agency DLX), Celin PE22 (via press office)

Die Fantasie einer spontaneren Ära

Die Sehnsucht nach den 90ern im Jahr 2021 lässt sich auch durch den natürlichen Trendzyklus erklären. Die Trendberaterin erklärt: „In der Mode gibt es oft einen Spiegeleffekt, der einer Generation entspricht, das heißt Inspirationen, deren Quellen 20 bis 30 Jahre zurückliegen. Dieser Spiegeleffekt wird durch die nostalgische Wirkung einer Ära gerechtfertigt, die die jungen Verbraucher nicht oder nur wenig erlebt haben, so dass sie sich in diese hineinphantasieren können.“

Zudem fällt auf, dass viele der Designer, die an der Spitze der Modehäuser stehen, in den 90er Jahren Kinder oder Jugendliche waren – wie beispielsweise Simon Porte Jacquemus, Christelle Kocher, Olivier Rousteing. „Auch sie empfinden eine gewisse Nostalgie: zum einen, weil sie jünger und unbeschwerter waren und zum anderen, weil die Zeit ohne Smartphone spontaner und freier erschien. Bewusst oder unbewusst neigen sie dazu, dadurch eine Haltung wiederzubeleben, die in der Kultur, aber auch in den Silhouetten zu finden ist“, bemerkt Fériel.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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