Trend: Die Zukunft der Mode gehört den Hybriden
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In einem Kontext, in dem verantwortungsbewusster Konsum und geringe Kaufkraft zu dem Wunsch nach weniger und besser durchdachten Einkäufen führen, muss die Modebranche ihr Angebot kritisch überprüfen. Es reicht nicht mehr aus, sich allein auf neue Trends zu verlassen. Um zu überzeugen, ist die Mode dabei, ihre Werte zu überdenken. Es wird zunehmend wichtiger, sich für einen guten Zweck einzusetzen, seine CSR-Politik auf ein höheres Niveau zu heben und vor allem diesen guten Willen unermüdlich zu kommunizieren. Allerdings ist auch ein anderer Blickwinkel möglich, nämlich der des Produkts selbst.
Wenn es um Mode geht – abgesehen von Sportbekleidung vielleicht – ist die Kommunikation des Innovationsgrads an den Verbraucher nicht wirklich eine weit verbreitete Technik. Das könnte sich nun ändern. Seit einigen Jahren, und erst recht seit Beginn der Corona-Pandemie, tauchen ungewöhnliche neue Entwürfe auf. Diese basieren auf dem Vorschlag von Hybridprodukten; Zwei-in-einem-Produkte, die praktisch, aber eben nicht nur praktisch sind.
Die "Meteor Shower Jitney" von Virgil Abloh
Im September 2019 stand das Modell Audrey Marnay mit einem ungewöhnlichen Accessoire in der rechten Hand auf dem Laufsteg der Marke Off-White: eine schwarze Ledertasche, mit einer Clutch daran. Das Objekt mit dem Namen "Meteor Shower Jitney" hat nichts Praktisches und ist eher ein Sammlerstück als ein Modeaccessoire. Ähnlich wie die winzigen Taschen von Jacquemus ist sie nicht sehr praktisch. Außerdem ist die Idee einer Tasche, die als Clutch getragen wird, nicht völlig neu. Dennoch, der Einfluss der Marke und ihres Schöpfers Virgil Abloh reichen aus, um dem Objekt eine besondere Bedeutung zu verleihen. Durch ihre Nicht-Funktionalität hat die 990-Euro-Clutchbag dazu beigetragen, das Konzept des Hybridprodukts aufzufrischen.
Das Beispiel zeigt also den modischen Charakter der Hybridisierung. Der Vorteil der "Vielseitigkeit" von Modeartikeln gilt nicht nur für ultra-funktionale Produkte, die so gestaltet sind, dass sie nützlich sind. Begehrlichkeit ist ebenfalls von zentraler Bedeutung.
Stellawear, die Fusion von Wäsche und Badebekleidung
So sind in letzter Zeit viele hybride Produkte in den unterschiedlichsten Marken erschienen – ein Beispiel ist die Marke Stella McCartney. Die im September 2020 eingeführte Stellawear-Kollektion ist eine Linie, die Dessous und Bademode vereint. Die vielseitigen Stücke sind so konzipiert, dass sie im Alltag wie im Wasser getragen werden können. Da sie bei mehreren Gelegenheiten getragen werden können und es ihrer Trägerin somit ermöglichen, weniger zu kaufen, stellen sie ein Zukunftsmodell für den Bekleidungssektor dar, dessen Schwerpunkt auf nachhaltigem Konsum liegt.
Bild: Stellawear
Vielseitig tragbar
In letzter Zeit hat die Nachfragen nach Masken im Zusammenhang mit der Pandemie neue Möglichkeiten für Marken und Designer geschaffen. Der Verkauf von Schutzmasken hat sich sowohl in stationären Geschäften als auch online rasch durchgesetzt. Aus der Fülle des Angebots stach ein Unternehmen hervor, das sein hybrides Produkt anbot: die Marke Baylandi, die während des Lockdowns von Caroline Bayle geschaffen wurde. So designte sie einen Schal mit einer besonderen Drapierung, die es möglich macht, ihn als Maske zu tragen. Das Accessoire erfüllt somit die Zwei-in-Einem-Anforderung.
Die Frühjahr/Sommer-Kollektionen 2021 sind voll von weiteren Beispielen. Vor allem das japanische Label Ujoh arbeitet an der Idee der Multifunktionsbekleidung im Einklang mit seinem dekonstruktivistischen Stil. Das Ergebnis ist ein Kleid, das halbiert und in einen mehrlagigen Rock verwandelt werden kann.
Vielseitigkeit ist auch die Idee von Y/Project in seiner Kollektion "Evergreen", die auf der Pariser Modewoche Frühjahr-Sommer 2021 als Video vorgestellt wurde. Der als Tutorial konzipierte Film zeigte in einem Triptychon drei Models, zu denen jeweils eine Garderobiere kam, die ihr Outfit verwandelte, um ihm einen neuen Look zu verleihen. Wieder einmal dreht sich alles um Hybridität.
Die vielseitigen Stücke von Victoria/Tomas
Auch die französische Konfektionsmarke Victoria/Tomas hat in ihrer Frühjahr /Sommer-Kollektion 2021 mit einer radikalen Entscheidung das Konzept der multifunktionalen Bekleidung eingeführt. „Von nun an werden die Victoria/Tomas-Kollektionen vollständig aus Modellen bestehen, die die Identität der Marke widerspiegeln und ein hybrides Konzept integrieren", teilte das Unternehmen kürzlich in einer Pressemitteilung mit.
Bild: Victoria/Tomas, PE21
Victoria/Tomas optimiert die Idee der Hybride, indem sie beide Seiten des Kleidungsstücks voll ausnutzt. „Jedes Mal geht es um zwei völlig unterschiedliche Vorschläge: einerseits ein Alltagslook, inspiriert von formeller Kleidung und der Schlichtheit von Männermode, andererseits eine aufwändigere Kreation mit femininen Details wie kostbaren Stickereien oder subtil drapierten Seidenärmeln", heißt es in der Pressemitteilung.
Der Ansatz, der in der Welt des Luxus immer noch ungewöhnlich ist, wird sich wahrscheinlich weiter verbreiten. In der Tat ist die Mehrfachnutzung desselben Produkts umso überzeugender, wenn es teuer ist. Der Erfolg von Louis Vuittons Multi Pochette-Tasche (2019 erschienen) hat dies bereits bewiesen. Das im Online-Shop der Marke für 1.420 Euro verkaufte Accessoire ist nicht mehr erhältlich.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ
Bild : Victoria/Tomas S/S21, Louis Vuitton Website.