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Smart Textiles: Mehr Gefahr als Chance?

Von Reinhold Koehler

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Mode

Dass sich die Modebranche weltweit in einer Dauerkrise befindet, ist schon lange bekannt: Die Umsätze im Modehandel gehen fast überall zurück, am deutlichsten in den klassischen Modemärkten der westlichen Industrienationen. Dabei krankt die Branche nicht nur an ihrer stilistischen Vorhersehbarkeit, ihrer Mutlosigkeit im Design und einer immer undurchsichtigeren Preispolitik, auch in Sachen Innovationsfreude hinkt die Mode mittlerweile anderen Geschäftsfeldern hinterher.

Um ihren ehemals starken Ruf als Speerspitze der ökonomischen Avantgarde wieder herzustellen, kooperieren nun immer mehr Modedesigner und Marken mit Technikunternehmen und gewieften Tüftlern, um ihre Textilien zu sogenannten Smart Textiles aufzurüsten. So entstehen Jacken, die automatisch extreme Temperaturen ausgleichen, Schuhe, die per Vibration den Weg zum Zielort weisen und Fitness-Armbänder, die dem Träger anzeigen, welche Strecke er zu laufen, wie viele Stunden er zu schlafen und welche Bewegungen er zu machen hat, um gemeinhin als fit zu gelten.

Zwar hat sich das Segment der „Smart Technologies“ in der Mode noch längst nicht zu einem echten Wachstumstreiber entwickelt, trotzdem prophezeien Experten dem Segment gute Chancen, in naher Zukunft rasant zu prosperieren. „Viele Entwicklungen schwappen aus den USA zu uns herüber", berichtet Klaus Jansen vom Forschungskuratorium Textil in Berlin, das die 16 deutschen Institute für Textilforschung koordiniert. Die Textilbranche beobachte mit Spannung Projekte wie etwa interaktive Jeans. Die Hose soll mit Touchscreen-Funktionen ausgestattet werden und so Smartphones steuern oder Licht ein- und ausschalten können.

„Es ist toll, wenn textilfremde Branchen hier neue Wege gehen“, so Jansen gegenüber der DPA. Dabei hätten längst auch große Sporthersteller den Markt für sich entdeckt: Fußballschuhe zeichnen per App Sprints und Schüsse auf, T-Shirts messen dank leitfähiger Fäden Puls und Herzfrequenz.

Datenübermittlung lädt zur Spionage ein

Doch bei allem praktischem Nutzen, den die intelligenten Textilien ihrem Träger auch bieten mögen, stellt sich zugleich die Frage, inwieweit die neuen Systeme auch dazu dienen, Präferenzen und Konsumgewohnheiten der Verbraucher auszuspionieren. Viele der neuen Technologien interagieren schließlich mit entsprechenden Unternehmensservern und Datenbanken und übermitteln so nicht nur Informationen an den Träger, sondern geben auch dessen Verhaltensmuster an die Anbieter weiter.

So stellt sich zwangsläufig die Frage, wie gefährlich die neuen technologisch aufgerüsteten Textilien für die Verbraucher sein können. Erst kürzlich sorgte beispielsweise eine Versicherungsgruppe mit der Idee für Schlagzeilen, Fitnessfreaks mit Prämien zu belohnen. Wer bereit sei, seine Fitnessdaten und Ernährungsgewohnheiten offen zu legen, könne auf Rabatt hoffen, hieß es. Kein Wunder also, dass Verbraucherschützer bereits Alarm schlagen: „Will ich mir von Technik wirklich sagen lassen, wie viele Schritte ich heute noch zu laufen habe?", fragt etwa Lars Gatschke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Unternehmen würden sich durch solche Modelle konzernkonforme Verbraucher heranzüchten.

Ob die Kunden die neue Technologie auch in der breiten Masse annehmen werden, wird also auch davon abhängen, wie überzeugend die Unternehmen die Vorteile der einzelnen Systeme kommunizieren können. Besonders relevant dürfte dabei sein, den potentiellen Trägern die Angst vor der Überwachung auf Schritt und Tritt zu nehmen. Das Beispiel Internet macht es vor: Angesichts der Vorteile, die dem User hier geboten werden, scheint er die stets zunehmende Überwachung seitens Regierungen, Unternehmen und Organisationen in Kauf zu nehmen oder zumindest zu verdrängen.

Die Smart Technololgies werden also nur dann zu einem echten Erfolg für die Modebranche, wenn diese es versteht, den Verbrauchern ihre Ängste zu nehmen. Und bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Foto: Badira

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