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Sechs Jahre nach Rana Plaza: Petition für Gesetzesänderung in Deutschland

Von Barbara Russ

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Foto: Nappy / Pexels

Sechs Jahre ist das Drama nun her, das die Weltöffentlichkeit aufrüttelte, genauer auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern der Dritten Welt zu blicken. Der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza steht symbolisch für ein System der Ausbeutung, bei dem die Ärmsten meist die Rechnung für die Gier von Unternehmen und die Achtlosigkeit bis Ignoranz der Konsumenten bezahlen. In der eigestürzten Fabrik wurden auch Produkte für Einzelhandelsketten wie C&A, Mango oder KiK gefertigt. Seither hat sich einiges geändert, aber noch nicht genug.

In Frankreich wurde vorletztes Jahr ein bahnbrechendes Gesetz verabschiedet, das Unternehmen in die Sorgfaltspflicht nimmt. Das so genannte „Loi relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d‘ordre“ verpflichtet große französische Unternehmen dazu, mit angemessenen Maßnahmen Menschenrechts- und Umweltrisiken zu identifizieren und diese vorzubeugen, sowie öffentlich Rechenschaft darüber abzulegen. Tun sie dies nicht, und zieht dies tatsächlich Menschenrechtsverletzungen nach sich, haften sie unter bestimmten Bedingungen. Bereits im vergangenen Jahr hat Lisa Jaspers, Gründerin des Fair Trade Onlineshops Folkdays, eine Petition mit 100.000 Unterschriften zur Verabschiedunge eines solchen Gesetzes auch für Deutschland eingereicht, jedoch ohne Erfolg. Diesmal hat sie sich prominente Unterstützung geholt, unter anderem wird sie von der Plattform Fashionchangers unterstützt, mit der FashionUnited über die Ziele und Hintergründe der Petition sprach. Die neue Petition geht auf www.change.org/p/unternehmerische-sorgfaltspflicht-per-gesetz-fairbylaw heute online.

Was ist das Problem, gegen das sich #fairbylaw richtet?

Nina Lorenzen, Fashionchangers: Das Problem liegt darin, dass derzeit deutsche Unternehmen, die im Ausland produzieren, relativ unkontrollierbar in ihrer Wertschöpfungskette sind. Das heißt, es ist nicht sichergestellt, ob Unternehmen innerhalb ihrer Produktion Menschenrechte einhalten oder auch ökologische Aspekte beachten. Die textile Lieferkette ist ziemlich komplex. Oft wissen die Unternehmen auch selbst nicht, wo ihre Zulieferer sitzen oder an wen sie diese Aufträge weitergeben. Da sie bisher dafür nicht gesetzlich belangt werden können, tragen viele Unternehmen auch keine Sorge dafür, ihre Lieferketten transparent zu halten. So kann es dann passieren, dass nach Unglücken wie dem Einsturz von Rana Plaza am 24. April 2013 keines der dort produzierenden Unternehmen hier in Deutschland haftbar gemacht werden kann – und sich auch niemand wirklich verantwortlich fühlt. Ein Gesetz zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht würde Unternehmen verpflichten, für ihre Lieferkette nachweislich Sorge zu tragen und Verantwortung für ihren gesamten Produktionsprozess zu übernehmen. In Frankreich ist ein solches Gesetz bereits verabschiedet worden.

Warum hat sich bisher in Deutschland so wenig bewegt?

Die bisherigen Bemühungen waren immer auf freiwilliger Basis begründet. Das hat in der Vergangenheit nur mäßig funktioniert, was man sehr schön am Textilbündnis sieht. Solange die Unternehmen nicht wirklich etwas tun müssen, wollen die wenigsten tatsächlich auch Verantwortung übernehmen. Deutschland ist ein Land, das seine Wirtschaft sehr stark schützt und auf eine freie Marktwirtschaft pocht. Die Angst vor dem Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Unternehmen ist hoch. Dabei könnte Deutschland gerade mit einem solchen Gesetz eine Vorreiterrolle einnehmen und Vorbild für viele Nationen werden. Wir sehen darin eine vertane Chance. Es darf nicht sein, dass Menschenrechte an unserer Ländergrenze aufhören.

Was fordert die neue Petition?

Die Petition fordert nach wie vor ein Gesetz zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Und das so schnell wie möglich. Obwohl die Petition letztes Jahr innerhalb kürzester Zeit über 100.000 Unterschriften sammeln konnte und viel Rückhalt gefunden hat, gab es keine Reaktionen aus der Politik. Deshalb starten wir jetzt mit geballter Community-Power die 2. Auflage. Die Forderung bleibt dabei dieselbe. Dieses Mal wollen wir noch mehr Unterschriften sammeln und Unterstützer*innen finden, damit die Politik reagieren muss.

Was genau ist mit unternehmerischer Sorgfaltspflicht gemeint?

Unternehmen sollten Sorge dafür tragen, wie ihre Produkte entstehen – egal, ob in Deutschland selbst oder in ausländischer Produktion – das schließt auch Tochterunternehmen und Zuliefererbetriebe ein. Unternehmen werden dazu angehalten, im Vorfeld Missstände zu identifizieren und hier vorbeugend einzugreifen. Machen sie das nicht, nehmen sie wissentlich in Kauf, dass Menschenrechte und/oder Umweltstandards entlang ihrer Lieferkette verletzt werden - und genau das kann mit dem Gesetz strafrechtlich verfolgt werden.

Wer unterstützt die Aktion/Petition?

Initiiert wurde die Petition von Lisa Jaspers, Gründerin des Berliner Fair Fashion Labels Folkdays. Lisa hat ein großes Netzwerk und somit wird die Petition von vielen großen Namen aus der Medien-, Mode- und Aktivismusszene unterstützt. Mit dabei sind dieses Mal zum Beispiel Madeleine Alizadeh von Dariadaria, Mary Scherpe von Stil in Berlin, aber auch Renate Künast von Die Grünen, die Autorin Margarete Stokowski, der Aktivist Raul Krauthausen oder auch Melodie Michelberger. Als Fashion Changers unterstützen wir die Petition als Medienpartner und aktivieren hier auch unser Netzwerk. Denn nur zusammen können wir richtig viel bewegen!

Wozu sollen sich die Unternehmen konkret verpflichten?

Der Staat muss Menschenrechte schützen, auch in der Textilindustrie. Unternehmen sollten nicht selbst entscheiden können, inwiefern sie Arbeitsstandards einhalten. Der Staat muss also Unternehmen dazu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, Menschen und Arbeitsrechte zu wahren.

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