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Namilia: "Konventionen und Strukturen neu überdenken"

Von Barbara Russ

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Mode|INTERVIEW

Das Label Namilia mit Sitz in Berlin wurde 2015 von Nan Li und Emilia Pfohl gegründet. Die erste Kollektion des Duos, "My pussy, my choice" wurde für den Vfiles Runway ausgewählt und auf der New York Fashion Week gezeigt. Seither haben sich die beiden Designer mit ihren feministischen, sex-positiven und hedonistischen Entwürfen eine starke Markenidentität ausgebildet, die sich an eine feierlustige Jugendkultur richtet und zahlreiche prominente Fans hat. FashionUnited sprach mit Nan Li über Coronakrise, die Zukunft von Modenschauen und die Dinge, die er am Modebusiness ändern würde.

Wie stark hat Sie die Coronakrise getroffen?

Zum Glück waren wir breit aufgestellt, sodass wir finanziell über die Runden kommen. Als die Krise absehbar wurde, haben einige Stores einfach ihre Ordern gecancelt. Manche Stores zahlen immerhin eine Anzahlung, andere gar nichts. Sie können das, weil sie so mächtig sind. Wir mussten aber natürlich trotzdem die gesamte Produktion bezahlen. Dass das einfach so gehandhabt wird, finde ich nicht in Ordnung. Als Designer kommt man da in eine Bittsteller-Position - so wollen wir nicht mehr arbeiten. Uns sind also ein paar Stores abgesprungen, aber wir hatten zum Glück durchgehend eine gute B2C-Nachfrage. Aber für uns war die Krise ein Punkt, der uns eine Gelegenheit zum Umdenken gegeben hat.

Haben Sie staatliche Hilfen erhalten oder in Anspruch genommen?

Wir haben haben die Soforthilfe in Berlin in Anspruch genommen.

Wurde die Krise von staatlicher Seite für Unternehmen gut gemanagt? Was hätte man besser machen können?

Gerade im internationalen Vergleich fand ich, dass die Soforthilfe super funktioniert hat und es total einfach und unbürokratisch ablief. In dem Moment, wo es brenzlig wurde, kam Hilfe. Ich fand erstaunlich, wie schnell das ging.

Haben Sie in den letzten Monaten einen neuen Trend erkennen können, was sich verkauft oder haben Sie auf andere Produkte gesetzt?

Unsere Kollektionen sind stark Party-, Ausgeh- und Festival-orientiert. Deshalb haben wir uns am Anfang der Coronakrise starke Sorgen gemacht, dass sich unsere Kollektion vielleicht nicht mehr verkauft. Aber irgendwie hat sich die Nachfrage in unserem Onlineshop trotz der Krise nicht verändert. Selbst weltweit: Als es in Italien so schlimm war, hatten wir dennoch Bestellungen und auch in den USA, ein starker Markt für uns, ist die Nachfrage nicht eingebrochen. Das hat uns selbst total verwundert.

Wie präsentieren Sie aktuell Ihre Kollektionen und hat die Coronakrise das geändert?

Wir haben im Frühjahr noch in New York eine Präsentation gezeigt, das war gerade so vor dem Beginn der Pandemie. Da wir immer nur eine Kollektion pro Jahr zeigen, hatten wir für diesen September ohnehin nichts geplant.

Werden Sie in Zukunft anders über Präsentationen und Modenschauen nachdenken?

Auf jeden Fall. Wir werden wahrscheinlich keine Runway-Shows im klassischen Sinne mehr veranstalten. Ein Gefühl, das wir seit längerer Zeit schon hatten - dass die Laufstegshows gar nicht so gut zu unserer Brand und unserem Produkt passen - hat sich jetzt für uns bestätigt.

Irgendwie hat man das halt so gelernt, dass man seine Kollektion auf dem Laufsteg zeigt, aber das hinterfragen wir schon seit längerem. Wir hatten immer Glück, dass uns diese Plattform geboten und ermöglicht wurde, die New York Fashion Week hat uns viel Presse und Exposure gebracht, aber es ist für uns an der Zeit, selbstbestimmter zu arbeiten und unseren eigenen Weg zu gehen.

Zum einen wollen wir lieber etwas Lokaleres machen, nicht mehr quer durch die Welt reisen, zum anderen hatten wir auf dem Laufsteg oft Showpieces, aus denen wir dann später erst Sales-Pieces entwickelt haben. Das würden wir gerne in Zukunft von Anfang an zusammen zeigen und anders präsentieren, als in einer Modenschau.

Und wo könnte das stattfinden?

Berlin, New York oder auch Los Angeles kommen für uns in Frage.

Wo und wie haben Sie bisher Ihre Einkäufer getroffen?

In den letzten paar Saisons haben wir beim DACH-Showroom in Paris mitgemacht. Das war toll, um zu netzwerken und neue Interessenten zu treffen. Aber es hat sich letzten Endes für uns nicht so richtig gelohnt, weil wir das meiste Business über Instagram oder E-Mails erledigen. An unsere B2B-Kunden versenden wir die Linesheets der neuen Kollektionen digital und haben auch gar keine virtuellen Zoom-Showrooms - wir machen das alles via E-mail.

Welches Fazit ziehen Sie aus der Corona-Zeit für Ihr Label und Ihre Art, Business zu machen?

Die Coronakrise hat für uns einen Einschnitt dargestellt, in dem wir uns noch stärker darauf fokussiert haben, was der richtige Weg für uns ist. Dinge, die wir sowieso schon hinterfragt haben, also Saisons, Laufstegpräsentationen und Businessbeziehungen, die nicht auf Augenhöhe stattfinden, werden wir jetzt neu überdenken.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Mode?

Dass man nicht mehr Dinge unhinterfragt einfach so macht, nur weil sie schon immer so gemacht wurden - das sollte schon in der Ausbildung beginnen.

Bild: Namilia

Berliner Designer
Namilia
New York Fashion Week