Müssen Modeschulen während der New York Fashion Week Modenschauen ihrer Absolvent:innen veranstalten?
Wird geladen...
In diesem Monat beginnt der weltweite Zyklus der Modenschauen für Hochschulabsolvent:innen, wobei Designer:innen von Schulen in Modemetropolen wie New York oder London oft die meiste Publicity erhalten. Dies hat die Programmdirektor:innen regionaler Hochschulen dazu veranlasst, sich zu fragen, ob ihre Studierenden nicht den Kürzeren ziehen, und einige US-Einrichtungen dazu veranlasst, im September während der New Yorker Modewoche ihre eigenen Modenschauen von Absolvent:innen zu veranstalten. Aber man braucht die Hilfe vieler, um das erfolgreich zu schaffen. Lohnen sich Aufwand und Kosten wirklich?
Kosten und Aufwand einer NYFW-Absolvent:innenshow
Ann Mariko Walter, Director NYC Fashion an der Kent State University, ist seit 2022 maßgeblich an der Durchführung der KSU-Modenschau während der NYFW beteiligt. Die Logistik zur Sicherstellung der Teilnahme der in Ohio ansässigen Einrichtung im vergangenen September erforderte die Koordination mit mehreren, sogar internationalen Einrichtungen. Kent State University hat sich mit der IFA Paris (International Academy of Fashion) zusammengetan, um ausgewählte Arbeiten von 20 Designer:innen in 40 Looks in der Lightbox NYC zu präsentieren, zusammen mit anderen Partner:innen, der New York Film Academy und der Garment District Alliance. Die KSU ist die einzige öffentliche Schule außerhalb von New York, die eine Modenschau auf der New York Fashion Week veranstaltet.
„Für uns war es eine Herausforderung, aber wir mochten die Idee und hatten einfach nicht die Infrastruktur und die personellen Ressourcen in New York, um es zu verwirklichen. All das befindet sich in Ohio“, so Walter gegenüber FashionUnited. „Wir wollten wirklich eine Präsenz, eine Sichtbarkeit, in New York City, der Modehauptstadt der USA und der Ort, wo alle anderen führenden Modehochschulen ansässig sind.“
Die KSU hatte sich bereits für ihre erste NYFW-Show im Jahr 2022 mit der IFA zusammengetan, eine Veranstaltung in kleinerem Rahmen, die sich als erfolgreich erwies. Die in Paris ansässige Modeakademie unter der Leitung von Jean-Baptiste Andreani hatte ähnliche Ziele wie die KSU, aber andere Stärken, so Walter. „Wir haben die Präsenz, die Beziehungen und das Know-how in New York, und sie hatten ein großartiges Netzwerk und eine weltweit bekannte Marke, die sie weiter ausbauen wollten“, sagt sie. „Die Zusammenarbeit im letzten Jahr war viel stärker, als wir allein hätten erreichen können.“ Nach dem Motto „gemeinsam sind wir stark“ baute Walter ihr Netzwerk für die zweite NYFW-Präsentation der Modeschule weiter aus, indem sie sich an die New York Film Academy wandte, die bereits in den vergangenen Jahren mit KSU-Studierenden bei Fotoshootings und Medienprojekten zusammengearbeitet hatte.
Walter brachte auch die New York Garment Alliance an Bord und wurde Mitglied ihrer Business Development Collaborative, die darauf abzielt, die Fertigungs- und Bekleidungsindustrie des Bezirks zu stärken und zu erhalten, eine Gemeinschaft aufzubauen und die Identität des Bezirks zu fördern. Der New Yorker Campus der KSU befindet sich seit seiner Gründung vor 15 Jahren in Manhattans historischem Garment District. Walter nutzte das Wissen der Organisation, um Veranstaltungsorte zu finden und das Programm zu verfeinern.
Im Gegenzug stellt die KSU Anbieter ein und nutzte die Ressourcen des Garment Districts, um die Modenschau zu veranstalten. Außerhalb der Unterrichtszeiten stellt Walter die Räumlichkeiten der Schule kleinen Mode- und Medienunternehmen für Networking-Veranstaltungen, Fotoshootings, Pop-up-Showrooms und Marktwochentermine zur Verfügung. „Die ganze Zusammenarbeit war natürlich und organisch, aber auch eine großartige Möglichkeit, die Studierenden mit praktischem Lernen zu beschäftigen. Das ist das Herzstück unserer Arbeit und der Grund, warum die NYFW-Show so wichtig für uns ist.“
Profitieren Modeschulen mehr als ihre Studierenden von einer NYFW-Show?
Simon Ungless war bis Mai 2022 Executive Director of Fashion an der Academy of Art University in San Francisco, ein Programm, das er 25 Jahre zuvor ins Leben rief. Bis zur Pandemie waren die Absolvent:innen der Academy of Art ein fester Bestandteil der NYFW: „Ich war Teil dieser Initiative. Ich glaube, unsere erste Show fand 2004 außerhalb des Programms statt, und dann haben wir uns an das Programm gehalten und sowohl im Bryant Park als auch im Lincoln Center gezeigt.“
Die letzte NYFW-Show fand 2019 statt, aber zu diesem Zeitpunkt hatte Ungless bereits begonnen, die Motivation dahinter zu hinterfragen. „Um ganz ehrlich zu sein, ich wollte es nicht noch einmal machen. Als wir damit anfingen, war es für die Designer:innen, um sie in diese Arena zu bringen, und ich denke, das hat ein paar Jahre lang funktioniert“, erklärt er. „Aber dann haben das Marketingteam und die Schulleitung verstanden, was für eine unglaubliche Rekrutierungsmöglichkeit das ist. Warum sollte man eine Ausstellung nur für die Schule machen, um mehr Studierende, mehr Geld und mehr Presse zu bekommen?“
In den fünfzehn Jahren, in denen Ungless seine Absolvent:innen zur NYFW brachte, hatte sich auch die Branche verändert, und für ihn war es an der Zeit, über andere Wege nachzudenken, um Studierende in die Branche einzuführen, die weniger von dem abhingen, was er als „das Fließband“ der Modenschauen der Modewoche bezeichnet. Heutzutage gibt es immer weniger Jobs in Designhäusern, bei denen die Erfahrung auf dem Laufsteg im Vordergrund steht, aber viele Schulen drängen Designer:innen weiterhin auf diesen Weg. „Am Ende steht dann nichts“, sagt Ungless. „Das ist etwas, was dem US-System fehlt, und deshalb denke ich, dass das, was Sara Kozlowski mit dem CFDA Graduate Showcase getan hat, eines der brillantesten und wichtigsten Dinge war, die jemand in Bezug auf die Modeausbildung geschafft hat.“
Der CFDA Fashion Future Graduate Showcase war eine Veranstaltung, die parallel zur London Graduate Week stattfand und an der acht nationale Schulen in den drei Jahren ihres Bestehens von 2019 bis 2021 teilnahmen. Sie bot den besten Studierenden eine Plattform, um mit ihren Kleidungsstücken und Portfolios nach New York eingeladen zu werden und dort einen Stand einzurichten. Branchenvertreter:innen besuchten die Messe und konnten sich mit den Designer:innen unterhalten und nicht nur ihre Kollektionen, sondern auch ihre Prozessbücher und Skizzen begutachten, so dass sinnvolle Verbindungen zwischen Absolvent:innen und potenziellen Arbeitgeber:innen hergestellt und Partnerschaften mit Personalvermittler:innen geknüpft werden konnten.
Jährlich wurden schätzungsweise 50 bis 60 Absolventen vorgestellt, und 600 Talentakquisiteur:innen, Redakteur:innen und Influencer:innen waren anwesend. Im Jahr 2021 wurde die Plattform über den CFDA Runway 360 vollständig digitalisiert, wobei neben den Profilen der Absolvent:innen auch die Profile der Mitglieder und aufstrebenden Branchentalente integriert wurden. Laut der CFDA-Website hat das Programm bis heute Absolvent:innen bei führenden Marken wie Nike, Proenza Schouler, Pyer Moss, Reebok, Telfar und Tory Burch untergebracht.
KI und die Zukunft der Mode für Absolvent:innen
FashionUnited fragte Kozlowski, Vice President of Program Strategies, Education & Sustainability Initiatives beim CFDA, nach ihrer Meinung, ob eine NYFW-Absolvent:innenshow für Studierende, die eine Karriere in NYC oder international anstreben, wichtig sei. „Ich denke, dass die Präsentation der Abschlussarbeit (ob eine traditionelle laufstegtaugliche Kollektion oder andere Ergebnisse der Abschlussarbeit, wie zum Beispiel die Arbeiten von Designer:innen, die sich mehr auf Systeme konzentrieren) entscheidend ist, aber es gibt heute mehr Offenheit für verschiedene Formate und Orte“, sagte sie uns.
Sie stimmte zu, dass die Kollektionen der Absolvent:innen, die im September auf der NYFW gezeigt werden, von der Möglichkeit profitieren können, ein Publikum aus der Branche einzuladen, und dass Schulen, die Gäste aus der Branche auf dem regionalen Campus beherbergen, lohnende Besuche mit Zeit für die Besichtigung von Studios und Portfolios ermöglichen können. „Ich denke, das Wichtigste ist nicht, wie groß die Produktion solcher Veranstaltungen und Modenschauen ist, sondern die Erfahrung für die Absolvent:innen, ihre Arbeit als letzten Meilenstein zu präsentieren“, fügte sie hinzu. „Und hoffentlich nutzen sie diese Arbeit und die Präsentation als Sprungbrett für die ersten Schritte ihrer Karriere.“
Seit Ungless die Academy of Art im Mai 2022 verließ, beherrscht die künstliche Intelligenz das Bild der Ausbildung und ist zu etwas geworden, mit dem Pädagog:innen wie Walter nun rechnen, wenn nicht gar begrüßen müssen. Für Kozlowski eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten für Absolvent:innen, ihre Karriereziele zu verwirklichen, unabhängig davon, ob sie ausgewählt werden, ihre Modeschule auf der NYFW zu vertreten. „Da wir uns auf die KI-Grenze / die digitale Revolution 2.0 zubewegen, gibt es so viele Möglichkeiten, die Plattformen für Hochschulabsolvent:innen neu zu codieren. Es ist faszinierend, die Studios von Diplomand:innen zu besuchen und zu sehen, wie sie ihre individuelle Designidentität entwickeln und gleichzeitig physische und digitale Ausdrucksformen erforschen und entdecken, mit Arbeitsmappen, die Kleidungsstücke neben digitalen Filmen und interaktiven Technologien enthalten.”
Die Frage, ob regionale Schulen die Arbeiten ihrer Top-Absolvent:innen für einen teuren Laufstegauftritt auf der Modewoche nach New York City schicken müssen, könnte sich damit bald erübrigen. „Dass diese Kreativen wissen, wie man AR programmiert, ihre eigenen 3D-Materialien herstellen und die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Materialien und Prozesse, mit denen sie arbeiten, verstehen, ist phänomenal. Es wird spannend sein zu sehen, wie KI ihre Arbeit erweitern kann“, schließt Kozlowski.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss.