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Kann Nachhaltigkeit nachhaltig sein?

Von Alicia Carrasco Rozas

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Mode

Es wird immer normaler, dass Fast-Fashion-Retailer wie H&M, Topshop, Zara oder Mango, auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen. Insbesondere in Form von trendigen Capsule Collections wird sich dem Thema genähert und so scheint es, als wäre eine nachhaltigere Mode auf dem Vormarsch. Doch bleibt das so, oder handelt es sich um einen kurzlebigen Trend? Kann Nachhaltigkeit sich als integraler Teil des Modebusiness etablieren?

Die grundlegende Frage ist, ob die großen Unternehmen, die auf schnelle und günstige Produktion angewiesen sind, den Wandel als schnelllebigen Trend oder als nachhaltige Evolution ihrer Branche begreifen. Wenn sich die nachhaltige Produktionsweise dieser Kapselkollektionen als mehr als nur ein Marketingtool beweist, mit dessen Hilfe die Firmen Kapital aus dem Trend zum bewussteren Konsum schlagen wollen und die Unternehmen ihre Produktion langfristig auf ein nachhaltiges Businessmodell umstellen, kann der Nachhaltigkeit in der Mode nachhaltig sein.

So wird der Begriff ‚sustainable’ leider zu schnell und ohne Erklärung verwendet und stiftet bei vielen Konsumenten Verwirrung. In den Worten von Sylvia Calvo, Präsidentin der Association of Sustainable Fashion Barcelona (MSBCN) (Asociación Moda Sostenible Barcelona) ist nachhaltige Mode „jede Art von Bekleidung, die die Umwelt und die Arbeiter, die sie herstellen respektiert, sowie die Verwendung von nachhaltigen Materialien, die Wiederverwendung von Rohstoffen und lokale Produktion beinhaltet.“

Nachhaltige Mode schließt demnach jeden Prozess und jeden Akteur der textilen Produktionskette ein. Dies führt laut Àngels Biosca von der Plattform The Slowear Project zu einem System, das „Teil eines Willens zum Wandel und zur Entwicklung von Kleidung mit Respekt vor der zerbrechlichen Balance des Planeten hat und sich Prozessen bedient, die die Würde der Menschen in dem System wahren.“

Der Trend zum nachhaltigen Konsum von Kleidung

Sicher ist, unser Konsumverhalten verändert sich. Dabei handelt es sich um eine Veränderung, die nach und nach mehr Verbraucher einschließt, die sich nachzufragen trauen, wo ihre Produkte herkommen und unter welchen Bedingungen sie entstanden sind. Gerade dabei tun sich aber die großen internationalen Firmen noch sehr schwer. Die Nachverfolgbarkeit wird schwierig, wenn man, wie die großen Ketten, mit einer Vielzahl an Zulieferern und unabhängigen Produzenten in vielen Ländern zusammenarbeitet.

Angesichts dieser Realität ist es schwer, sich vorzustellen, dass es ihnen um mehr gehen könnte, als nur eine neue Marktnische abzugreifen. „Bisher scheinen diese nachhaltigen Kollektionen nicht mehr als ein Sales-Gimmick zu sein. Wir könnten so weit gehen, es greenwashing zu nennen. Zugleich müssen wir aber anerkennen, dass diese Kollektionen einen Konsumtrend markieren, der weiter wächst“, so Orsola de Castro, Designerin und Gründerin der internationalen Fashion Revolution-Bewegung.

„Ein bisschen spät, aber es sät ein Anfang,“ findet Safia Minney, Gründerin der nachhaltigen Modemarke People Tree und Autorin des Buchs ‚Slave To Fashion’, das aufzeigt, wie Millionen Menschen täglich von der Modeindustrie ausgebeutet werden.

Wir müssen wir erkennen, dass es „schwierig ist, eine Textilindustrie umzukrempeln, die ihre gesamtes Dasein lang auf diese Art der Produktion gesetzt hat und sich nur sehr träge bewegt“, erklärt Paloma García Präsidentin der Association of Sustainable Fashion of Madrid (MSMAD) und Gründerin des Circular Project. Auch wenn es stimmt, dass eine der Säulen der Nachhaltigkeit daraus besteht, nachhaltiger zu fertigen, „haben diese großen Unternehmen derzeit keinen Plan, wie sie ihre Produktion verringern können. Im Gegenteil, es geht immer darum, den Marktanteil auszubauen, neue Outlets zu errichten, mehr zu produzieren... Etwas, was total den Prinzipien von Nachhaltigkeit widerspricht“, fährt sie fort.

Es scheint klar, dass der Veränderungsprozess und die Evolution der Branche noch lange dauern werden. „Es ist möglich, Wandel in die Tat umzusetzen, aber es ist auch so, dass Unternehmen sich dieser Richtung voll verschreiben müssten und viele scheinen in dieser Entscheidung noch zu zögern“, so Orsola De Castro. Am Ende bedeutet das eine „Veränderung der Geschäftsphilosophie und eine Arbeitsweise, die eine menschliche Richtung annimmt“, fordert Sylvia Calvo.

Mit diesem Szenario konfrontiert, fällt dem Konsumenten eine entscheidende und grundlegende Rolle zu. Seine Kaufentscheidungen sind der Schlüssel zu einer nachhaltigeren Zukunft oder zum Schließen einer Türe, die gerade erst einen Spalt offen steht. Daher ist es dringend notwendig, dass „Konsumenten sich darüber bewusst und informiert sind, um schließlich ihre Entscheidungen darauf basierend treffen zu können, was ihnen ein gutes Gefühl gibt und ihren Werten und Vorstellungen entspricht. Am Ende geht es nicht darum, ein Stück nachhaltige Mode zu kaufen, sondern Position zu beziehen“, fasst Orsola de Castro zusammen.

Über die Autorin: Alicia Carrasco ist Journalistin, Dozentin und Gründerin des Blogs https://greenandtrendy.com/, der sich auf nachhaltige Mode und Lifestyle spezialisiert hat. Sie arbeitet mit den Magazinen Moda Sostenible Retahíla und itFashion zusammen und hat maßgeblich zur Fashion Revolution-Bewegung beigetragen, die sich für eine nachhaltige Veränderung des Modebusiness einsetzt.

Fotos: Fashion Revolution / Mango

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