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Fashion-Resale, ein boomender Markt: Interview mit Thomas Plantenga, CEO von Vinted

Von Marjorie van Elven

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Mode |INTERVIEW

Vorbehalte gegenüber Second-Hand-Bekleidung und -schuhen gehören der Vergangenheit an, das gilt auch im Luxussegment. Laut einem aktuellen Bericht der Resale-Plattform Vestiaire Collective und der Unternehmensberatung Boston Consulting Group wachsen die Umsätze im Second-Hand Luxusmarkt um 12 Prozent jährlich. Die Erlöse mit neuer Luxusware steigen im Vergleich um 3 Prozent pro Jahr. Die Studie prognostiziert, dass der Luxus-Resale-Markt 2021 einen Umsatz von 36 Milliarden US-Dollar (32,3 Milliarden Euro) erreichen wird. Das wären rund 9 Prozent des gesamten Luxusmarktes. Im vergangenen Jahr betrugen die Umsätze im Second-Hand Bereich 25 Milliarden US-Dollar.

Auch Zalando, der europäische Modemarktplatz, eröffnete Anfang des Jahres einen Pop-up Store in Berlin, um gebrauchte Modeartikel zu verkaufen, die von Kunden von Zalando Wardrobe eingesendet wurden. Ähnlich hat H&M angekündigt einen Online-Testballon mit Second Hand Artikeln für seine Marke & Other Stories steigen zu lassen.

Um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, hat FashionUnited einige der prominentesten Akteure im Bereich des Resales von Mode interviewt.

Das letzte Interview in unserer Serie ist mit Thomas Plantenga, CEO von Vinted, einer Plattform, auf der Nutzer gebrauchte Kleidung kostenlos verkaufen können (der Versand wird vom Käufer bezahlt). Derzeit sind mehr als 120 Millionen Artikel gelistet, mit einem Durchschnittspreis pro Artikel von etwa 15 Euro.

Gegründet 2008 in Vilnius, Litauen, von Milda Mitkute und Justas Janauskas, hatte das Unternehmen im Jahr 2016, als Platenga zum Unternehmen kam, finanziell zu kämpfen. Aber eine neue Strategie brachte die Wende. Heute ist Vinted in elf europäischen Märkten vertreten, darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen, Litauen, Tschechien, Spanien, Österreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden, mit Niederlassungen in Vilnius, Berlin, Warschau und Prag. Die Plattform ist auch in den USA verfügbar, aber der nordamerikanische Markt steht vorerst nicht im Fokus. Frankreich ist bei weitem der größte Markt von Vinted: Von den 23 Millionen europäischen Nutzern leben elf Millionen dort.

Wie und warum haben Sie sich entschieden, bei Vinted zu arbeiten?

Ich komme aus den Niederlanden, bin dort geboren und aufgewachsen. Meine Geschichte mit Vinted begann 2016. Ich lebte und arbeitete in New York, als ich einen Anruf von Insight Venture Partners erhielt. Sie fragten mich, ob ich nach Vilnius fliegen könnte, um einem Unternehmen zu helfen, in das sie investiert hatten und das mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Vinted hatte einen sehr erfolgreichen Start erlebt, aber das Geschäftsmodell war nicht mehr tragfähig und das Unternehmen hatte nur noch für wenige Monate Cash Flow. Ich hatte ursprünglich geplant, fünf Wochen zu bleiben, aber am Ende bin ich nie wieder nach New York geflogen. Ich entschied mich, in diesen aufregenden Zeiten bei einem aggressiven Strategiewechsel und dem Team zu bleiben.

Können Sie uns mehr über die Probleme erzählen, die Vinted damals hatte?

Vinted hatte bereits drei Investitionsrunden bis 2016 durchlaufen, und zwar: 5,2 Millionen Euro von Accel Partners im Jahr 2013; 20 Millionen Euro von Insight Partners im Jahr 2014 und 27 Millionen Euro von Burda Principal Investments im Jahr 2015. Aber das Wachstum des Unternehmens stagnierte, während die Kosten schnell stiegen.

Sie haben selbst 50 Millionen Euro in das Unternehmen investiert, stimmt das?

Ja. Aber als ich ankam, habe ich kein Geld investiert, sondern meine Zeit und Arbeit. Wir haben drastische Veränderungen vorgenommen, um drei einfache, aber wichtige Ziele zu erreichen: Die Nutzer glücklich zu machen, Mehrwert zu schaffen und weniger Kosten zu verursachen. Erstens durch die Zentralisierung des Betriebs durch die Schließung der Büros in London, San Francisco, München und Paris: Wir haben nur die Zentrale in Vilnius und die Büros in Warschau und Prag behalten. Das Berliner Büro haben wir später eröffnet. Dann brachten wir neue Funktionen in das Produkt ein, wobei die sichtbarste das "No Seller's Fee Model" waren, das es Verkäufern erlaubte, eine unbegrenzte Anzahl von Artikeln aufzulisten und zu verkaufen, ohne dass sie eine Provision oder Gebühr an Vinted zahlen mussten. Sie dürfen 100 Prozent von dem behalten, was sie verdienen. Wir haben auch eine Option für unsere Käufer eingeführt, eine kleine Käuferschutzgebühr zu zahlen, um mehr Sicherheit zu gewährleisten. Im vergangenen Jahr haben wir unsere vierte Finanzierungsrunde von 50 Millionen Euro von Sprints Capital abgeschlossen.

Wie geht es dem Unternehmen jetzt?

Das Unternehmen verzeichnet seit 3,5 Jahren ein außergewöhnliches Wachstum. In Europa haben wir mittlerweile über 23 Millionen registrierte Mitglieder in elf Ländern, und wir erwarten für 2019 ein Ergebnis von 1,3 Milliarden Euro, was dem Gesamtumsatz unserer Mitglieder weltweit entspricht und vollständig an die Verkäufer zurückgegeben wird.

Bitte nennen Sie eine große Herausforderung und einen Erfolg während Ihrer bisherigen Tätigkeit bei Vinted.

Der Erfolg: Vinted wieder rentabel zu machen und nun das Unternehmen wachsen zu sehen. Wir haben über 300 Mitarbeiter und gehen davon aus, dass es im Jahr 2020 500 sein werden. Die große Herausforderung liegt aber noch vor uns: Wir wollen unsere Mission erfüllen, Second Hand Mode weltweit zur ersten Wahl zu machen.

Warum sollten Verbraucher Vinted nutzen, anstatt sich an einen der Wettbewerber zu wenden, bei so vielen Akteuren im Wiederverkaufsmarkt?

Unser App- und Technologie-Know-how hat den Onlinehandel mit Second-Hand-Mode auf das nächste Level gebracht. Unsere Teams sind bestrebt, das Angebot von Vinted sowohl für Käufer als auch für Verkäufer attraktiv zu machen: kostenlose und unbegrenzte Angebote, schnellere Verkäufe, großartige Versandangebote in ganz Europa, eine unbegrenzte Vielfalt des Angebots und die Möglichkeit, sichere Zahlungslösungen zu wählen und von einem 24/7-Supportteam zu profitieren. Am Ende hat die Community gemeinsam die vielfältigste Secondhand-Modekollektion in Europa kreiert.

Vinted ist in Frankreich sehr beliebt. Was ist der Vorteil des französischen Marktes?

Es ist wahr, dass wir in den letzten 3,5 Jahren auf dem französischen Markt deutlich gewachsen sind. Frankreich hat sich mit 10 Millionen registrierten Mitgliedern und einem GMV-Wachstum von 230 Prozent gegenüber dem Vorjahr zum führenden Markt für Vinted entwickelt. Unsere französischen Mitglieder haben aus Vinted die führende Online-Plattform für C2C Second-Hand-Mode und -Accessoires in Frankreich gemacht - mit 2,2 Artikeln pro Sekunde auf Vinted.fr und der täglich drittmeistbesuchten App in Frankreich.

Wir waren ehrlich gesagt überrascht von der beeindruckend positiven und schnellen Reaktion der Franzosen! Frankreich hat eine historisch starke Kultur und Beziehung zur Mode und in den letzten fünf Jahren ist das Bewusstsein für die Abfallvermeidung gewachsen. Die Menschen erkennen, dass es zwingend notwendig ist, zu recyceln, und es war der richtige Zeitpunkt, ein Projekt wie Vinted zu starten.

Aber das sind nicht die einzigen Gründe. Unsere Teams sind stets bestrebt, unseren Service zu verbessern. Seit Dezember 2018 haben französische Nutzer beispielsweise die Möglichkeit, an Mitglieder in vier weiteren Märkten zu verkaufen und zu kaufen: an Belgien, Spanien, Luxemburg und an die Niederlande. Mit der Einführung dieser internationalen Plattform sind unsere französischen Mitglieder nun in der Lage, eine größere Anzahl potenzieller Käufer zu erreichen, schneller zu verkaufen und ein noch besseres Einkaufserlebnis mit einem noch vielfältigeren Katalog zu genießen.

Was wir auch feststellen, ist, dass die beeindruckende Mitgliederbasis Frankreichs die anderen Länder antreibt und sie dazu bringt, sich der Bewegung anzuschließen.

Vinted hat in letzter Zeit auch in andere europäische Länder expandiert, einschließlich der Benelux-Region, aus der Sie kommen. Was sind die wichtigsten Pläne des Unternehmens für diese Region?

Wir haben die Standorte Belgien im vergangenen Jahr und die Niederlande vor einigen Monaten aufgebaut. Die Resonanz in beiden Märkten war äußerst positiv und wir sehen in den Benelux-Ländern ein großes Wachstumspotenzial. Wir wollen beide als Schlüsselmärkte unserer internationalen Plattform weiter ausbauen und deshalb bleibt der Fokus derselbe: Unseren Mitgliedern eine großartige User-Experience bieten, indem wir schneller verkaufen, mehr Vielfalt bieten, ein bequemes Shoppen ermöglichen und den Käuferschutz sowie den Kundenservice weiter verbessern.

Was sind die Pläne für die USA? Ich nehme an, dass es ein schwieriger Markt ist, mit Konkurrenten wie ThredUp und The RealReal, ganz zu schweigen von stationären Händlern?

Vinted hat 2013 Präsenzen in den USA sowie Frankreich, Polen und Österreich aufgebaut. Nach den Veränderungen im Jahr 2016 haben wir uns jedoch dafür entschieden, uns zunächst ganz auf Europa zu konzentrieren. Die App funktioniert zwar in den USA noch, aber wir sind in diesem Land nicht sehr aktiv. Wir kommunizieren nicht proaktiv und investieren nicht rund um Vinted in den USA.

Hat Vinted die Absicht, bald in weitere Länder zu expandieren? Wo sehen Sie Vinted in der Zukunft?

Wenn wir unsere Mission betrachten, Vintagemode weltweit zur ersten Wahl zu machen, gibt es noch ein immenses Wachstumspotenzial. Im Moment konzentrieren sich unsere Teams auf die Optimierung unserer internationalen Plattform und die Entwicklung neuer Tools und Funktionen, damit unsere Mitglieder auf Vinted immer sicherer kaufen und verkaufen können.

Um unsere Mission zu erfüllen, werden wir in unseren bestehenden Märkten weiterhin Wert schaffen. Wir werden in neue Märkte in Europa expandieren, wo und wann immer wir eine klare Chance sehen und von der unsere vernetzte Mitgliederbasis profitiert.

Welche Faktoren treiben aus Ihrer Sicht das Wachstum des Resale-Marktes an?

Es gibt zwei Haupttreiber: die Kaufkraft und der schnell wachsende Trend zur Kreislaufwirtschaft. Das ist genau das, worauf wir spezialisiert sind. Wir bieten unseren Mitgliedern ein komfortables und einfach zu bedienendes Werkzeug, damit sie zusätzliches Geld verdienen und sich eine große Auswahl an Mode zu niedrigeren Preisen leisten können. Aber wir glauben auch, dass wir dazu da sind, die Mode kreislauffähiger zu machen und die Menschen in die Lage zu versetzen, verantwortungsvoller zu konsumieren, indem wir ihrer Kleidung ein zweites oder sogar drittes Leben gewähren.

Bilder: Vinted

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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