Das Modejahr 2025: Scott Lipinski, CEO Fashion Council Germany
2025 neigt sich dem Ende – höchste Zeit, sich an die vergangenen Monate zurück zu erinnern und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu wagen. Dafür haben wir mit verschiedenen Branchenexpert:innen über ihre Erwartungen, Wünsche und Highlights gesprochen.
Den Anfang macht Scott Lipinski, CEO beim Fashion Council Germany, der neben 2025 auch auf das zehnjährige Bestehen des deutschen Modeverbands zurückblicken kann.
Welche Erwartungen hatten Sie an 2025 und haben sich diese erfüllt?
Wir hatten uns auch für das vergangene Jahr vorgenommen, gesund zu wachsen. Das ist uns in vielerlei Hinsicht gelungen: Wir konnten etwa unser Team weiter ausbauen und mehrere, sehr versierte Mitarbeiter:innen in Festanstellung hinzugewinnen.
Über die unternehmerischen Aspekte hinaus hatten wir uns für 2025 auch vorgenommen, im Sinne unserer Mitglieder existierende Projekte auszubauen und neue Initiativen anzustoßen. Auch das haben wir geschafft – zum Beispiel mit unserem Internationalisierungsprojekt „Berlin Fashion x International“, das wir auf den asiatischen Raum ausgeweitet haben, oder mit der Berlin Fashion Week, die in der kommenden Saison noch einmal größer und qualitativer ausfallen wird.
Zudem konnten wir wichtige politische Kontakte aufbauen oder verfestigen, haben etwa im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Unterstützer der Mode in und aus Deutschland gefunden. Alles in allem schließen wir das Geschäftsjahr mit bester Stimmung ab – und freuen uns bereits auf das nächste!
Was hat das Jahr für Sie ausgemacht?
Das Jahr stand für uns ganz im Zeichen unseres Jubiläums – der Fashion Council Germany ist 2025 zehn Jahre alt geworden. Naturgemäß war dies also eine gute Zeit, um zurückzuschauen auf das, was wir bereits erreicht haben. Dabei hat auch geholfen, dass wir ein entsprechendes Booklet zu unserem Geburtstag produziert haben. Noch einmal so konzentriert zu sehen, wie aus einem Verein mit anfangs gerade einmal elf Mitgliedern und keinen festen Mitarbeiter:innen ein Council mit mehr als 260 aktiven Members und einem operativen Team von 24 Menschen geworden ist, macht uns alle sehr stolz. Auch an Meilensteine wie unseren offiziellen Besuch im Bundeskanzleramt – wohin zuvor noch nie Vertreter:innen der Modebranche eingeladen worden waren – oder die organisatorische Übernahme der Berlin Fashion Week hat uns das Buchprojekt zurückerinnert.
Ein neues Highlight war zum Beispiel, dass ich Anfang Dezember zu einem Staatsbankett seiner Majestät King Charles III. zu Ehren Frank-Walter Steinmeiers auf Schloss Windsor geladen war. Der Fashion Council Germany war somit stellvertretend für die deutsche Modebranche Teil der Delegation des Bundespräsidenten, zu der auch einige Vorstände von DAX-Unternehmen gehörten.
Insofern hat uns das Jahr, neben dem Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre, natürlich auch dazu animiert, weiter nach vorne zu schauen: Wir freuen uns auf viele neue Projekte im kommenden Jahr, die den Council und mit ihm die gesamte deutsche Modeindustrie einen ordentlichen Schritt nach vorne bringen.
Welche Highlights bot die Modebranche für Sie in diesem Jahr?
Persönlich habe ich mich zuletzt – nicht nur im vergangenen Jahr – über verschiedene Situationen gefreut, in denen Mode in und aus Deutschland international wahrgenommen wurde, und zwar sehr positiv! Das betrifft sowohl Veranstaltungen anderer Unternehmen – wie die „Forces of Fashion“-Konferenz von Vogue Germany Ende 2024, zu der Anna Wintour [Anm.d.Red.: Chief Content Officer beim US-Medienkonzern Condé Nast] nach Berlin gereist war, oder den Berliner Salon in der Gemäldegalerie, der offenbar – so heißt es – Jonathan Anderson zu seiner ersten Modenschau bei Dior inspiriert hat, als auch unsere eigenen Events.
Wir haben in den vergangenen Monaten wie erwähnt unsere Initiative „Berlin Fashion x International“ auf Seoul und Tokio ausgeweitet.Unterstützt durch die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe haben wir für verschiedene Labels Delegationsreisen nach Südkorea und Japan organisiert, um ihnen den Eintritt in diese wichtigen Märkte zu erleichtern. Zu sehen, wie gut die Kollektionen der Labels dort ankommen und dass zum Beispiel zu einem durch uns organisierten „Berlin Showroom“ in Tokio Einkäufer:innen von Stores wie Dover Street Market oder Isetan kommen, war für uns alle ein echter Höhepunkt.
Ebenso wird die Berlin Fashion Week immer internationaler und wir können mittlerweile immer mehr hochkarätige Gäste der wichtigsten Modemedien der Welt begrüßen – von der US-Vogue bis zu WWD Japan. Das zeigt mir, dass wir mit unserem Engagement auf genau dem richtigen Weg sind.
Wohin muss sich die Modebranche im kommenden Jahr entwickeln?
Nach wie vor haben Teile der Industrie auf viele drängende Fragen, gerade was Themen der Nachhaltigkeit und Fairness betrifft, noch keine glaubhaften Antworten gefunden. Ich denke und hoffe, dass diese Themen im kommenden Jahr bei vielen Firmen ganz oben auf der Agenda stehen – und gerade die großen Player erkennen, dass kleine und mittelständische Unternehmen hier zum Vorbild werden können. Auch deswegen wollen wir die fortschrittliche Arbeit, die viele unserer Mitglieder in diesen Bereichen leisten, immer sichtbarer machen.
Gleichzeitig wollen wir andere Labels, die sich mit solchen Themen noch schwertun, zum Umdenken und Umorientieren animieren. Im Sommer des kommenden Jahres treten etwa unsere „Sustainability Requirements“ in Kraft, die jede Marke, die offizieller Teil der Berlin Fashion Week werden will, zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet. Von solchen Initiativen wird es in Zukunft noch mehr geben – hoffentlich nicht nur bei uns!
Denkprozesse zum Thema Nachhaltigkeit stoßen Sie auch mit verschiedenen Initiativen an, die sich besonders an die nächste Generation richten…
Ich finde es ganz wichtig, dass gerade der Nachwuchs möglichst früh für diese Themen sensibilisiert wird, am besten schon im Schulalter. Wir haben einige Education-Initiativen wie „Generation Zukunft“ oder die „Fashion Zukunft“-Konferenz in Zusammenarbeit mit The King’s Foundation und der PVH Foundation, die sich gezielt an Menschen im Teenageralter richtet. Es ist immer wieder beeindruckend, zu sehen, wie offen die Jugendlichen diesen Themen gegenüberstehen und welche kreativen Lösungsansätze sie formulieren. Ich würde mir noch viel mehr solche Projekte wünschen.
Was haben Sie sich für 2026 vorgenommen?
Wir wollen auch im kommenden Jahr weiter wachsen. Damit meine ich sowohl unsere Mitgliederstruktur, in der wir noch stärker auf eine gesunde Balance aus großen Unternehmen und kleinen Labels setzen wollen, als auch unser Team, das das operative Geschäft sichert. Und wir wollen auch 2026 bestehende Projekte ausbauen und neue anstoßen, existierende Partnerschaften verfestigen und neue Kooperationspartner für uns gewinnen.
Das alles soll immer einzahlen auf unser übergeordnetes Ziel, das sich der Fashion Council Germany bereits zu seiner Gründungszeit gesetzt hat: Den Entscheidungsträger:innen aus Politik und Wirtschaft Mode als Kultur- und als Wirtschaftsgut gleichermaßen begreifbar zu machen. Wir haben auch in diesem Hinblick bereits vieles erreicht – zuletzt hat etwa bei unserer Jahresmitgliederversammlung Ende November Gitta Connemann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, eine sehr inspirierende Keynote gehalten und unser Engagement gewürdigt.
Auch auf europäischer Ebene finden wir immer mehr Gehör, nicht zuletzt durch die Gründung der European Fashion Alliance, in der sich sowohl traditionsreiche Organisationen wie die Fédération de la Haute Couture et de la Mode aus Frankreich oder die Camera Nazionale della Moda Italiana organisieren und dessen Vorsitz aktuell ich stellvertretend für den Fashion Council Germany innehabe. Dass aber der Wert der Modebranche endlich von allen Parteien und Politiker:innen begriffen wird, ist nicht nur unser erklärtes Ziel – es ist ein wichtiger Baustein, um die Wirtschaft in Deutschland und in Europa weiter zu stärken und auszubauen!
Dieses Interview wurde schriftlich durchgeführt.
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