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Zu Gast in der Hummel-Kabine: Einblicke in die Angriffsstrategie des Sportartiklers

Von Ole Spötter

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Unterm Hummel-Logo sitzt der "Fußballer-Buddha" Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Hummel will raus aus den roten Zahlen. Der dänische Sportartikler – mit Ursprung in Deutschland – hat seine Struktur angepasst, damit er nun in den Angriff übergehen kann. Zwar sei der Konzern kein Big Player wie Adidas, Nike und Co., spiele aber dennoch in einer höheren Liga als die lokalen Teamsport-Spezialisten, erklärt CEO Lars Stentebjerg. Darum will Hummel auch in großen Märkten wie den USA und China wachsen. Wir haben uns in der Zentrale in Aarhus umgesehen und hinter die Kulissen geblickt.

Im Hafen der zweitgrößten Stadt Dänemarks, an der Ostküste der Halbinsel Jütland, ist nicht nur der Modekonzern Bestseller mit Marken wie Vero Moda und Something New vertreten, sondern auch der Teamsport-Spezialist. Auf der anderen Seite, am Ende eines Docks, befindet sich seit 2011 das recht unscheinbare Headquarter von Hummel, an dem auch mal ein Kreuzfahrtschiff vorbei schippert.

Außenansicht der Hummel-Zentrale in Aarhus Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Die Außenansicht des silbernen, grauen Gebäudes lässt nicht wirklich darauf schließen, dass hier ein Sportartikel-Konzern mit kreativen Köpfen zuhause ist, die sich um die neuesten Trikots und Lifestyle-Produkte kümmern.

Über dem Haupteingang thront ein überdimensionaler Hummel-Sneaker Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Durch den gläsernen Haupteingang hindurch, der mit großflächigen Markenbranding dann doch Aufschluss über das Unternehmen gibt, wird schnell klar, dass sich hier alles um das runde Leder dreht. Aufgereihte Trikots der dänischen Fußball-Nationalmannschaft hinter der Rezeption, eine Trikot-‘Hall of Fame’ und eine riesige Fußballer-Buddha-Statue bilden nur den Eingangsbereich eines Komplexes, der bis in die hinterste Ecke mit dem Sport und Erinnerungen an die Unternehmenshistorie gefüllt ist. Der Buddha verkörpert die Unternehmensmentalität – “Company Karma”– unter dem Hummel Nachhaltigkeitsziele, soziale Projekte durch das eigene Unternehmen und Sport vorantreiben will.

Das Company Karma der Hummel-Mutter:

    Die Hummel Group wurde 1999 vom dänischen Geschäftsmann Christian Stadil mit seiner Thornico Group übernommen. Das “Company Karma” ist in der DNA des Mischkonzerns, der auch in Real Estate und Food Technology tätig ist, tief verankert. So engagiere sich Thornico nicht nur, weil die Gruppe Gesetze und Vorschriften einhalten muss, sondern weil ökologische und soziale Parameter genauso in der Unternehmenskultur verankert sind wie die finanziellen.

    Hummel verfolgt als Teil der Konzernphilosophie den Ansatz “Change the World through Sport” (Eng.: Die Welt durch Sport verändern). Dabei fördert das Unternehmen verschiedene soziale Projekte in der globalen Sportwelt. Dazu gehört die finanzielle Unterstützung des queeren Rugby-Teams Berlin Bruisers mit einem Prozent seines Jahresumsatzes im Jahr 2020 sowie das inoffizielle Sponsoring der Frauen der afghanischen Fußball-Nationalmannschaft, nachdem die Taliban die Macht übernahmen und sie ihren Sport nicht mehr ausüben durften.

Hummels Message "Change the World through Sport" über dem Empfang Credits: Ole Spötter für FashionUnited
Hummels Trikot-‘Hall of Fame’ Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Hinter jeder Ecke verbirgt sich ein neues Trikot, ein Wimpel oder ein historischer Fußballschuh. Ganz zu schweigen von dem umfassenden Archiv, der so manchen Schatz für jeden Fußball-Fan bietet. Da ist es fast schon verwunderlich, dass sich nicht noch irgendwie ein Fußballfeld versteckt.

Zugegebenermaßen wäre das auf einer Gesamtfläche von 4000 Quadratmetern, die das Headquarter für seine rund 220 Mitarbeitenden umfasst, auch etwas schwierig. Schließlich nehmen die verschiedenen Showrooms für Hummel-Linien wie Teamsport, Kidswear, Schuhe, Lifestyle und Performance sowie die zusätzlichen Marken Halo und Newline bereits fast das gesamte Erdgeschoss ein. Nur die Mitarbeitenden-Kantine, eine Garderobe, zwei Massageräume sowie das Trikot-Archiv und das Museum finden dort noch einen Platz.

Retro-Ecke mit Stühlen und Schirm erinnert an die Fußball-WM 1986 in Mexiko Credits: Ole Spötter für FashionUnited
Überdimensionaler Hummel-Fußballschuh Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Eine Etage darüber sind die verschiedenen Abteilungen vom Designteam über IT- und Digital-Spezialist:innen bis zur Buchhaltung zu finden. Nur das Marketing-Team ist in einem zusätzlichen Gebäude untergebracht.

Auch das Büro von Group-CEO Lars Stentebjerg ist im oberen Geschoss untergebracht und ist ebenfalls mit der gemeinsamen Leidenschaft für Fußball gefüllt. So hängt abseits einer Zweierreihe von 16 Trikots noch das seines Lieblingsclubs – FC Everton. Auch der weiße, lebensgroße Geißbock “Hennes”, das Maskottchen des 1. FC Köln, der mit Autogrammen und Hummel-Schuhen geschmückt ist, hat dort einen Platz gefunden.

CEO-Büro mit dekorativen Elementen der Hummel-DNA Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Neue Aufstellung

Seit Stentebjerg im November 2021 als Chief Operating Officer zu Hummel kam, hat sich einiges getan, auch im Team. „Wir haben in bestimmte Bereiche des Unternehmens Zuviel investiert und haben uns im Rahmen unserer Zukunftsstrategie auf unser Kerngeschäft konzentriert“, erklärt Stentebjerg, der im April zum CEO berufen wurde.

Das Unternehmen positioniert sich mittig zwischen den großen Konzernen der Sportbranche und den lokalen Teamsport-Spezialisten: „Wir sind ein Global Player, aber haben auch eine starke lokale Präsenz in den Märkten, in denen wir vertreten sind, weil wir vor Ort und in der Nähe unserer Kundschaft sein müssen.“

Geißbock “Hennes” Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Daher fiel die Entscheidung die regionalen Sales-Teams beizubehalten, andere Bereiche wie Marketing, Finanzwesen und Logistik, die teils in den jeweiligen Märkten vertreten waren, im Headquarter zu zentralisieren. Neben Aarhus ist Hummel auch weiterhin mit lokalen Büros in Kernmärkten wie Deutschland für den DACH-Raum, Frankreich, Spanien, der Türkei, Indien und in den USA vertreten.

Umsatzplus von mehr als 500 Millionen Euro angestrebt

Nun scheint sich seine Arbeit im Unternehmen nach zwei Jahren mit Verlusten in Höhe von rund 100 Millionen Dänischen Kronen (etwa 13,4 Millionen Euro) aber ausgezahlt zu haben. Für 2024 erwartet Hummel, aus den roten Zahlen zu kommen. „Wir werden dieses Jahr positive Ergebnisse liefern”, freut sich der CEO. Diese seien zwar nicht beeindruckend, aber nach dem Prozess der letzten Jahre “akzeptabel”. Für die kommenden Jahre erwarte er noch deutlich bessere Zahlen.

„Es liegen schwierige Jahre hinter uns, in denen auch ich schon Teil des Unternehmens war. Ich wurde geholt, um sicherzustellen, dass wir einige der Herausforderungen, die wir zu dieser Zeit hatten, bewältigen. Jetzt befinden wir uns in einer anderen Lage und die Dinge sehen immer besser aus.“

Lars Stentebjerg Credits: Hummel

Hummel hat sich als langfristige Ziele bis 2028 gesteckt. Bis dahin will die Gruppe einen Jahresumsatz von vier Milliarden Dänische Kronen (etwa 536 Millionen Euro) und einen Gewinn vor Steuern von 330 Millionen Dänische Kronen erzielen. Neben den finanziellen Aussichten soll auch die Anzahl der Amateurmannschaften von 3.000 auf 10.000 und die Mitgliedschaften des Kund:innenclubs auf zwei Millionen erhöht werden.

Mit dem gefestigten Kerngeschäft Teamsport, das als Umsatztreiber gilt, will Hummel nun auch wieder in andere Bereiche investieren. Dafür rührt das Unternehmen nun auch kräftig die Werbetrommel und investiert einen „ganz erheblichen“ Anteil in Marketing und Digitalisierung.

Mit Lifestyle zurück zu den Wurzeln

Showroom für Freizeitschuhe mit Fokus auf Locomotive-Kollaboration Credits: Ole Spötter für FashionUnited
Hummels Showroom für Freizeitkleidung mit Sportswear-Hintergrund Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Insgesamt soll die Sport-Heritage nun auch mehr durch eine Lifestyle-Komponente gestärkt werden. Die Marken-DNA mit dem Motto "One Brand, one Voice." (Eng.: Eine Marke, eine Stimme) und dem Hummel-Logo bleiben aber auch dafür erhalten. Hummel steht also auf und neben dem Feld ganz im Zeichen des Teamsports. Abseits des Grüns wird dies zum Beispiel durch Streetwear-orientierte Kollaborationen wie mit dem US-Fußballclub El Paso Locomotive FC oder Sneakers umgesetzt, die an Handballschuhe aus dem eigenen Archiv angelehnt sind.

„Unsere Geschichte zeigt Produkte voller Erbe, Charakter und einzigartigem Stil. Die Herausforderung besteht darin, diese Qualitäten zu etwas zu machen, das die Verbraucher:innen wirklich wollen”, sagte Stentebjerg. „Wenn unsere Produkte so innovativ sind, wie wir glauben, und unsere Marke so stark ist, wie wir hoffen, müssen wir sicherstellen, dass die Verbraucher:innen das auch sehen.”

Archiv-Stücke von Hummel Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Doch ein Produkt – der Fußballschuh für Erwachsene – fehlt im Sortiment des Unternehmens und das, obwohl es der Grundstein des Unternehmens ist. 1923 brachten der Hamburger Unternehmer Max Albrecht Ludwig Messmer und sein Vater Michael Messmer einen Fußballschuh mit dem Namen “Hummel” auf den Markt, aus dem rund 40 Jahre später eine Marke wurde. Heute gibt es bei Hummel nur Fußballschuhe für Kinder. Das könnte sich in Zukunft aber wieder ändern, zumindest wenn man Stentebjerg fragt, was ihm im Sortiment fehlt.

Verschiedene Tafeln führen durch die Unternehmens- und Sportgeschichte von Hummel Credits: Ole Spötter für FashionUnited
Fußballschuh aus dem Hummel-Archiv Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Hummel auf Expansionskurs

Neben der Hauptmarke soll es auch für die Lifestyle- und Outerwear-orientierte Marke Halo vorangehen. Halo lag bisher noch zum Großteil in der Verantwortung der Hummel-Teams und wurde nun durch Fachleute verstärkt, die sich mit dem Design, der Produktentwicklung, dem Vertrieb und Marketing des Outerwear-Anbieters beschäftigen.

Dadurch soll die Marke, die 2020 zusammen mit dem Laufspezialisten Newline übernommen wurde, auch außerhalb des heimischen Marktes expandieren. In Dänemark sei Halo bereits gut etabliert und verfügt über zwei Flagships in Kopenhagen und Aarhus. Dazu kommen drei Shop-in-Shops innerhalb von Hummel-Stores, von denen es insgesamt 14 im heimischen Markt gibt.

Halo-Showroom Credits: Ole Spötter für FashionUnited
Moodboard im Halo-Showroom Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Für das internationale Wachstum fokussiert sich Halo auf das Wholesale-Geschäft und will in den Kernmärkten Deutschland, Norwegen, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Finnland sowie ab AW25 auch in Italien präsenter sein. Aktuell arbeitet die Marke mit rund 50 Händler:innen im Ausland.

Kooperationen wie eine Kapsel mit dem Automobilkonzern Jeep sowie das temporäre Co-Sponsoring der dänischen Fußballnationalmannschaft mit Hummel beim Länderspiel gegen Spanien im November sollen diese Pläne unterstützen.

Neue Märkte sind aber auch für die Hauptmarke Hummel wichtig und so versucht die Marke im Teamsport-Bereich in den USA zu wachsen, was durch die Zusammenarbeit mit ausgewählten Profiteams wie El Paso unterstützt wird. Im chinesischen Markt setzt Hummel derweil mehr auf seine Lifestyle-Produkte und expandiert dort mit einem Lizenzpartner.

Von Sport bis Lifestyle: Einblick in die Hummel-Showrooms Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Während Hummel in China mit einer Vertriebslizenz weiter wachsen will, hat das Unternehmen den Großteil seiner Partnerschaften in den vergangenen zehn Jahren reduziert und in Eigenverantwortung genommen.

Bei der Lizenzvergabe setze das Unternehmen auf Partnerschaften in Märkten, die erhebliche Anpassungen erfordern, darunter Japan und Korea. Hummel behält dabei aber die Kontrolle über Aspekte wie die Marken- und Produktentwicklung, um auch hier ein einheitliches Gesamtbild zu ermöglichen. Neben Japan, Korea und China gibt es aktuell noch Partnerschaften für Argentinien und Großbritannien für Teamsport.

Kollaborationen aus dem Hummel-Archiv Credits: Ole Spötter für FashionUnited

FashionUnited wurde von Hummel in die Zentrale eingeladen.

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