Wie kann gesammelte Kleidung besser recycelt werden?
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Die Schweizer Textil-Verwertungs AG Texaid und die Hochschule Luzern sind das Problem angegangen, dass über ein Drittel der derzeit gesammelten Altkleider höchstens noch als Putzlappen oder Reisswolle wiederverwendet werden können. Sie haben im Projekt „Texcycle“ untersucht, wie gesammelte Kleidung besser recycelt werden kann und fanden heraus, dass sich Garn und Vlies für neue Teppiche und Dämmstoffe aus Alttextilien herstellen lassen.
Texaid sammelt in der Schweiz jährlich rund 37.000 Tonnen Altkleider und sorgt mit einem „Close the Loop“-Ansatz dafür, dass textile Kreisläufe nachhaltig und ganzheitlich geschlossen und für den Rohstoff aus Altkleidern neue und auch höherwertige Verwendungen gefunden werden. 30 Prozent der gesammelten Textilien sind jedoch in zu schlechtem Zustand, um sie als Secondhand-Kleidung weiterzutragen – Tendenz steigend, prognostiziert der Recycler, da der Trend hin zu billigen und billig produzierter Kleidung anhält. Deshalb stellte sich die Frage: Lassen sich diese Textilien hochwertig recyceln?
Lassen sich 100 Prozent von Altkleidern hochwertig recyceln?
Forscherinnen und Forscher der Hochschule Luzern und Texaid entwickelten deshalb Methoden, um die Altkleidung in der Schweiz zu einem groben Garn zu verspinnen, das sich gut für Teppiche eignet. Aus den kürzeren Fasern und sogar aus dem Staub, der beim Reißen der Stoffe entsteht, stellten Designforscher und Materialforscherinnen Prototypen her, die beispielsweise zur Schalldämmung genutzt werden könnten.
„Eine designgetriebene Forschung bot die Möglichkeit, die hochkomplexe Nachhaltigkeitsproblematik der textilen Kreisläufe neu anzugehen. Dafür mussten die Forschenden folgende Fragen beantworten: Welche textilen Materialien liegen nach heutigen Sortiermöglichkeiten der Altkleideraufbereitung vor? Wie lassen sie sich auf welche Art und Weise neu verarbeiten? Wie könnte eine Produktepalette mit neu gewonnenen Materialien aus Alttextilien aussehen?“, erklärt das Unternehmen in einer Pressemitteilung vom heutigen Mittwoch.
Trennung nach Material statt nach Kleidungsart
Ein erster neuer Ansatz, der sich aus „Texcycle“ ergab, war Altkleidung nicht nur nach Kleidungsart, sondern auch nach Material trennen. „Bisher werden die gesammelten Kleider nach Kleidungsart – z.B. Männerhemd, Damenhose, Mantel – sortiert“, erklärt Anna Pehrsson, Recycling Solutions Specialist bei Texaid. Für eine bessere Weiterverwendung spielt aber das Material eine größere Rolle; nach diesen Kriterien wird jedoch derzeit kaum getrennt.
„Wir haben vorgeschlagen, sechs Materialkategorien einzuführen“, sagt Brigitt Egloff, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Departement Design & Kunst der Hochschule Luzern. Dies soll vermeiden, dass hochwertige Materialien wie etwa Pullover aus Baumwolle zu Putzlappen verarbeitet werden, obwohl ihre Materialien in hochwertigen Produkten gefragt wären. Deshalb ließen die Forscherinnen und Forscher Produkte mit einem hohen Baumwollanteil gesondert sortieren. „Denn je reiner ein Material ist, umso leichter lassen sich Weiterverwendungsmöglichkeiten finden“, erbrachte die Forschung.
Auch Wolle lässt sich gut nutzen
In der Wollspinnerei Huttwil AG wurden Materialien zu Faden versponnen. Dabei stellte sich heraus, dass die besten Resultate erzielt werden, wenn das recycelte Material aus den Altkleidern mit Wollabfällen aus der Spinnerei kombiniert wird. So lässt sich ein 100 Prozent-Recycling-Garn herstellen und der grobe Faden zu Teppichen weiterverarbeiten. „Erste Prototypen sehen vielversprechend aus“, konnten die Forschenden berichten.
Recycelte Kleidung eignet sich als Dämmmaterial
Auch die Designforscher von Design & Kunst und die Materialforscher des Departements Technik & Architektur der Hochschule Luzern können erste Prototypen vorweisen. Sie nutzten die kurzen Fasern zur Herstellung von Vlies - einer losen, nicht gewebten Verbindung von Fasern - und entwickelten verschiedene Anwendungsmöglichkeiten als Dämmmaterialien. Diese können vor allem im Bereich der Schalldämmung von Innenräumen oder von Fassaden Verwendung finden; die Erfüllung von Auflagen muss jedoch gewährleistet sein.
„Die technischen Anforderungen an Bauprodukte in der Architektur haben strenge Auflagen und Normen zu erfüllen. Gegensätzliches trifft bei Bekleidung oder textilen Ausstattungen zu“, sagt Materialforscherin Susanne Triller und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern. Damit das Material im Bau verwendet werden darf, muss etwa bewiesen werden, dass es schadstofffrei ist und als nicht brandgefährlich zertifiziert werden kann.
Nach dem Erfolg des Projekts „Texcycle“ sollen nun in einem Folgeprojekt Wege gefunden werden, aus Alttextilien auch feine Garne zu spinnen, die wieder zu neuer Kleidung verarbeitet werden können. Man darf gespannt sein.
Fotos: 1) Gisela Peter / pixelio.de; 2) & 3) diverse Prototypen, die im Rahmen des Projekts hergestellt wurden / © Hochschule Luzern