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Warum hat sich Kering-Gründer Pinault für Luca de Meo als CEO entschieden?

Von Weixin Zha

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Luca de Meo. Credits: Kering.

Der französische Luxuskonzern Kering hat einen neuen Chef: Luca de Meo. Francois-Henri Pinault gibt die Zügel nach mehr als 20 Jahren ab. Warum hält der Kering-Gründer den Renault-Chef für den besten Kandidaten, um das Unternehmen nach der enttäuschenden Geschäftsentwicklung der letzten Quartale in eine neue Phase des Wachstums zu führen?

Langer Prozess

„Die Leistung der Gruppe in den letzten zwei Jahren entsprach weder den Erwartungen noch dem immensen Potenzial unserer Häuser“, gestand Pinault während einer Telefonkonferenz mit Analyst:innen am Dienstag. Die Bestellung eines Konzernchefs bilde den Abschluss eines langen Prozesses, der bereits Anfang 2023 begonnen habe. Nach 2022 – laut dem Gründer das beste Jahr in der Geschichte Kerings – sei ihm klar geworden, dass das Unternehmen eine Phase erreicht habe, die eine neue Organisationsstruktur erfordere.

Daher hätte Pinault 2023 Francesca Bellettini und Jean-Marc Duplaix als stellvertretende CEOs an seine Seite berufen, um „bedeutende Veränderungen“ im Konzern vorzunehmen. Duplaix übernahm die neue Rolle zusätzlich zur bisherigen Leitung der Bereiche Operations und Finanzen.Bellettini war bis dato Chefin des Modehauses Yves Saint Laurent.

Seither folgten hektische Zeiten an den Spitzen der zu Kering gehörenden Modehäuser. Bei Gucci folgte der bisherige Balenciaga-Kreativchef Demna Gvasalia auf Sabato de Sarno. Pierpaolo Piccioli übernahm an dessen Stelle die kreative Leitung bei Balenciaga. Auch die Chefposten der Maisons blieben nicht verschont, bei Gucci wurde zuletzt Stefano Cantino zum CEO berufen, bei Saint Laurent bekleidet der bisherige Balenciaga-Chef Cédric Charbit den Chefsessel. Nur um einige der jüngsten Führungswechsel zu nennen.

Diese personellen Veränderungen und bereits in die Wege geleiteten organisatorischen Maßnahmen, erachtet Pinault als die absolut notwendigen Grundlagen, die vor dem Antritt von de Meo gelegt werden mussten. Dieser müsse sich nun kurzfristig in seiner neuen Position mit den bereits eingeleiteten Maßnahmen zu Kostenstruktur und Refinanzierung auseinandersetzen. Wichtiger sei es jedoch, dass de Meo auf die Zukunft blicke und an die langfristige Perspektive denke. Wie könnte das Profil von Kering in den nächsten zehn bis 15 Jahren aussehen?

Das ist eine Frage, von der sich Pinault eine Antwort von seinem neuen Geschäftsführer erhofft. Von De Luca wird demnach erwartet, dass dieser nach Amtsantritt eine Strategie für den Konzern vorstellt.

Warum ein Branchenfremder?

Aber warum fällt diese Aufgabe gerade einem Manager zu, der auf eine mehr als 30-jährige Karriere in der Autoindustrie zurückblickt, jedoch keine Erfahrung in der Mode hat?

Zunächst überraschte das von Pinault gesuchte Kandidatenprofil in vielen Punkten nicht. Es sollte eine erfahrene Führungskraft mit fundierten Kenntnissen im Markenmanagement und internationaler Erfahrung sein, auch die Leitung eines globalen börsennotierten Unternehmens war ein zusätzliches Kriterium. Angesichts der erheblichen Veränderungen in der Modebranche sollte der Kandidat bereits seine Agilität und die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, unter Beweis gestellt haben.

Am wichtigsten war es Pinault allerdings, dass der künftige CEO eine frische Perspektive auf den Luxusmarkt mitbringt: „Die Fähigkeit, eine neue Vision des Sektors und unserer Gruppe einzubringen, war eine Schlüsselvoraussetzung.” Gerade die strukturellen Veränderungen, die über die bisherigen zyklischen Entwicklungen der Luxusindustrie hinausgehen, erforderten eine neue Sichtweise der Dinge, so Pinault.

Der bisherige Lenker von Kering scheint sich von der Ernennung von de Meo einen ähnlichen Erfolg zu erhoffen, den er mit der Transformation des Konzerns ab 2010 sowie der Repostionierung von Gucci hatte. Als Newcomer in der Modeindustrie sei er in einer “starken Position” gewesen, um durch Phasen neuer struktureller Veränderungen in der Branche zu navigieren.

Kann Pinault loslassen?

Pinault lag auch viel daran, zu betonen, dass er keinen ‘Feuerwehrmann’ einstelle, sondern jemanden, der das “kommende Wachstumskapitel” der Gruppe leiten werde. „Er wird all die Macht und Befugnisse haben, die ich als CEO hatte, als ich die Gruppe leitete. Er wird also seine eigenen Prioritäten setzen, die Organisation der Gruppe und die Schlüsselposition der Gruppe im Auge behalten”, sagte der Kering-Gründer.

Mit dem Amtsantritt von de Meo am 15. September werden die Rollen des Aufsichtsratschefs und des CEO getrennt. Beide Rollen wurden bisher in Personalunion von Pinault ausgeübt. Er will nun als Aufsichtsratsvorsitzender “voll in die strategische Ausrichtung des Konzerns eingebunden sein”. Dennoch gelobt er, sich nicht in die Entscheidungen des neuen CEO zum Geschäftsmodell und zu Schlüsselpersonal einzumischen.

Allerdings erscheint es, als ob die bisherigen Co-CEOs Duplaix und Bellettini vorerst in ihren Positionen bleiben könnten, um dem branchenfremden Konzernchef zu helfen. Auf die Frage eines Analysten, ob die bisherige Struktur mit den beiden beibehalten werden könnte, antwortete Pinault: „Er kennt sich in der Luxusbranche nicht aus, daher brauchen wir eine starke Unterstützung und viel Fachwissen um ihn herum. Und das haben wir innerhalb der Gruppe, angefangen bei Jean-Marc und Francesca.”

Offene Punkte

Das Gehalt von Luca de Meo ist noch nicht bekannt, aber soll bei einem Aufsichtsratstreffen am 29. Juli besprochen werden, bevor die Hauptversammlung darüber am 9. September abstimmt.

Spannend wird auch sein, welche langfristige Vision Luca de Meo präsentieren wird, nachdem Pinault schon viele Veränderungen in den vergangenen zwei Jahren angestoßen hat – angefangen bei den Schlüsselpositionen vieler Modehäuser, wie denen des einstigen Zugpferdes Gucci. „Die richtigen Leute an der richtigen Stelle in der Gruppe zu haben, so dass, wenn ein neuer CEO kommt, alles funktioniert und läuft”, erklärte Pinault sein Vorgehen. Bis de Meo sein Amt antritt, soll es auch keine Verlangsamung der bereits angestoßenen Aktionspläne bei den Marken geben.

Ging es Noch-Kering-Chef Pinault dabei wirklich darum, alles im Konzern in Ordnung zu bringen, bevor sein Nachfolger kommt oder war es der Versuch, noch schnell selbst Hand anzulegen? Angesichts dieser bereits gelegten Basis, bleibt auch die Frage, inwiefern sich der neue Konzernchef de Meo noch einbringen kann.

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