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Warum ein Baumwollverbot für die EU nicht sinnvoll ist

Von Simone Preuss

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Baumwollfeld. Bild: Trisha Downing/Unsplash

Das Neue Jahr ist gerade ein paar Tage alt und schon ist eine interessante Debatte entbrannt - ein vermeintliches Baumwollverbot, das die EU bis 2030 durchsetzen wolle. Man könnte meinen, der 1. April sei dieses Jahr auf den 1. Januar gefallen, denn natürlich ist ein EU-weites Baumwollverbot weder durchführbar noch ratsam. „Es gibt keine EU-Gesetzgebung, die Baumwolle verbietet, und es bestehen auch keine Pläne, Baumwolle in Zukunft zu verbieten“, schreibt eine Mediensprecherin der EU-Kommission laut der Neuen Zürcher Zeitung.

Was es gibt ist die Ökodesignverordnung der EU, die Teil der Sustainable Products Initiative (SPI) ist, die als Teil europäischen „Green Deals“ verabschiedet wurde. Sie beschäftigt sich auch mit dem Recyclinganteil, den Textilien zukünftig aufweisen müssen; allerdings werden vor Ende 2026 keine konkreten Angaben erwartet. Darunter fällt auch der Recyclinganteil, den Baumwolle zukünftig aufweisen müssen wird, der aber noch nicht bestimmt wurde.

Recyclinganteil

Das in einigen Beiträgen angeführte Argument, dass derzeit nur ein Recyclinganteil von 20 Prozent bei Baumwolle möglich sei, ist überholt: Das Schweizer Unternehmen Säntis Textiles mit Sitz in Singapur etwa recycelt Baumwolle durch seine mechanische und faserfreundliche Recyclingtechnologie RCO100 und stellt als erstes Unternehmen weltweit qualitativ hochwertige und 100-prozentige Recyclingbaumwolle her. Dabei handelt es sich um Langstapelfasern beziehungsweise GRS-zertifizierte Garne (Ne 30/1).

Wasserverbrauch

Zu den weiteren Mythen, die sich um das Rohmaterial Baumwolle ranken, gehört der Wasserverbrauch. „Falsche Vorstellungen über den Wasserverbrauch von Baumwolle kursieren hartnäckig sowohl auf traditionellen als auch auf sozialen Medienplattformen, trotz konzertierter Bemühungen, diese Fehlinformationen durch wissenschaftliche Beweise zu korrigieren. Wasser ist eine wichtige und erneuerbare Ressource, und Baumwollerzeuger:innen bemühen sich um einen verantwortungsvollen Umgang mit ihr“, erklärt Jesse Daystar, Nachhaltigkeitschef der Kommunikationsagentur Cotton Inc.

„Der größte Teil der US-Baumwolle wird ausschließlich mit natürlichen Niederschlägen produziert. Mit nur einem Inch Regen können moderne Baumwollsorten in der Regel mindestens 50 Pfund Lint und 75 Pfund Saatgut produzieren - genug, um mehr als 170 T-Shirts herzustellen und mehr als 10 Kühe zu ernähren“, so Daystar weiter und stützt sich dabei auf Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums.

CO2-Fußabdruck

Zudem ist Baumwolle eine Kohlenstoffsenke, die laut Keshav Kranthi, Wissenschaftler vom Internationalen Baumwollbeirat (ICAC), im weltweiten Jahresdurchschnitt etwa 1,6 Tonnen CO2 pro Hektar abgibt, aber 11,21 Tonnen pro Hektar über die verschiedenen Teile der Pflanze (Fasern, Samen, Stengel und Wurzeln) aus der Atmosphäre bindet.

Betrachtet man die vielen einzigartigen Eigenschaften von Baumwolle wie Hautfreundlichkeit und das geringe Allergiepotenzial als Naturfaser, ihre Widerstandsfähigkeit, Saugfähigkeit und Atmungsaktivität und die Tatsache, dass es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt, dann sieht man, dass ein Baumwollverbot keinen Sinn machen würde.

„Kein Grund, auf diese Faser zu verzichten”

„Baumwolle hat einen wichtigen Bestandteil in diesem Fasermix, den wir verbrauchen können. Sie hat eine ganze Menge Vorteile und ist viel näher an der Kreislaufwirtschaft als Polyester. Und was die Umweltbedingungen angeht, wenn wir das Färben richtig lernen, und uns umweltfreundlicher verhalten, was die Chemie angeht, die wir benutzen, dann ist es ein Produkt, dass sich in der Kreislaufwirtschaft wahrscheinlich leichter integriert“, gibt Dr. Stephan Weidner-Bohnenberger, Experte für Fasern und Gewebe und Leiter des wissenschaftlichen Beirats des Deutsches Institut für Textil- und Faserforschung (DITF-MR), im Gespräch mit FashionUnited zu Bedenken.

“Ich sehe keinen Grund, auf diese Faser zu verzichten”, fügt Weidner-Bohnenberger hinzu. „Wir müssen nur den Verbrauch reduzieren statt das einstige Motto zu verfolgen ‘nur mit Wachstum geht’s uns gut’. Das ist überholt, da muss ein Umdenken erfolgen.“

Ein Verbot bestimmter Fasern macht für den Faser- und Gewebeexperten allgemein wenig Sinn. „Es geht darum, besser zu machen, was ich am Anfang falsch gemacht habe. Ich muss am Anfang die Fasern bändigen; die haben Einfluss bis aufs Endprodukt. Und wenn ich jetzt andere Fasern einbringe, muss das Endprodukt auch in der Lage sein, das zu verkraften. Und wenn ich als Erzeuger des Endprodukts lerne, wo meine Herausforderungen liegen und Probleme zu beseitigen und die Ursachen zu finden, dann wird das auch runder werden“, schließt Weidner-Bohnenberger.

Zusammenfassung
  • Es gibt keine Pläne der EU, Baumwolle zu verbieten; aktuelle Diskussionen beziehen sich unter anderem auf Recyclingquoten im Rahmen der Ökodesignverordnung.
  • Mythen über den hohen Wasserverbrauch und negativen CO2-Fußabdruck von Baumwolle werden durch Fakten widerlegt; Baumwolle ist sogar eine Kohlenstoffsenke.
  • Expert:innen betonen die Vorteile von Baumwolle (Hautfreundlichkeit, Nachhaltigkeit) und plädieren für verbesserte Produktionsmethoden statt eines Verbots.

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