Vernichtung von Neuware bei Nike?
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Der US-amerikanische Sportartikelanbieter Nike soll systematisch Neuware zerstören, die etwa als Retouren von Kund:innen zurückgeschickt werde. Dies ergaben Recherchen verschiedener Medien wie der ARD über die Reportageformate „Strg_F“ und „Panorama“, der Zeit und des Hamburger Recherche-Startups Flip. Laut Bundesumweltministerium verstößt Nike damit möglicherweise gegen deutsches Recht.
Die Reporter:innen bestellten als Teil des Projekts „Sneakerjagd“ Sportschuhe direkt über Nikes deutsche Webseite und schickten die Schuhe dann als Retouren zurück, allerdings mit GPS-Trackern ausgestattet. So konnten sie den Weg der Retouren verfolgen und fanden heraus, dass sie innerhalb kurzer Zeit in die Recyclinganlage im belgischen Herenthout gebracht und dann zerstört wurden.
Recyclinghalle wird in Zusammenarbeit mit Abfallentsorger betrieben
„Die Zerstörung der Neuware findet dabei unter dem Deckmantel eines Recyclingprogramms statt, mit dem der Konzern sich als besonders nachhaltig darzustellen versucht. Nach den Recherchen werfen Mitarbeiter:innen einer Recyclingfabrik im belgischen Herenthout neuwertige Schuhe in eine Maschine, in der die Schuhe anschließend zerstört werden. Ferner liegen den Redaktionen Belege vor, dass es sich um von Kund:innen zurückgesandte Ware handelt, sogenannte Retouren.
Die Recyclinghalle wird von Nike in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Abfallentsorger betrieben“, heißt es in einer Mitteilung der beteiligten Medien. Laut dem „Framework for Responsible Environmental Marketing Communications“ von 2019 der Internationalen Handelskammer (ICC) ist dies nicht nur Greenwashing, sondern auch nach der EU-Richtlinie zur Vernichtung gebrauchstüchtiger Retouren in Deutschland verboten. Danach muss beim Vertrieb von Erzeugnissen dafür gesorgt werden, dass deren Gebrauchstauglichkeit erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden.
Bußgeld bis zu 100.000 Euro könnte drohen
Christopher Stolzenberg, Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, bezeichnet den Sachverhalt als möglichen Verstoß gegen das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz. „Gemäß der Abfallhierarchie hat die Abfallvermeidung oberste Priorität und Vorrang vor allen anderen Entsorgungsmaßnahmen wie beispielsweise Recycling“, erklärt er.
Die zuständige Landesbehörde müsste hier tätig werden und dann könnte ein Bußgeld von bis zu 100.000 Euro drohen. Da die Nike Deutschland GmbH in Berlin angemeldet ist, wäre die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zuständig.
Nike bestreitet Vernichtung von Neuware
Eine Nike-Sprecherin gab auf Anfrage zu, dass zumindest Retouren, „die Anzeichen von einer möglichen Beschädigung oder Gebrauchsspuren aufweisen“, zerstört und recycelt werden, wobei „Anzeichen“ einen weiten Interpretationsspielraum zulässt.
Dass neue, makellose Schuhe vernichtet werden, bestreitet der Konzern. „Ungetragene und makellose Artikel werden zum Wiederverkauf in die Regale zurückgestellt“, erklärte die Nike-Sprecherin.
Im Rahmen des Projekts „Sneakerjagd“ wurden GPS-Tracker in den Sportschuhen von elf Prominenten versteckt, darunter außer Nike der Marken Vans, Adidas, Veja, New Balance, Reno, Puma, Reebok und Hummel.
Diese wurden in unbekannten Sammelcontainern oder denen des Deutschen Roten Kreuz, Soex oder städtischen Containern abgegeben, sowie in Filialen von Zara, C&A, H&M, Nike und Adidas beziehungsweise bei Zalando und Reno. Auf der gemeinsamen Website der beteiligten Medien, sneakerjagd.de, können Interessierte die Reise der Schuhe auf einer interaktiven Karte verfolgen.