Studie: So hat Covid-19 die Sportbranche verändert
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Die Verantwortlichen der Sportbranche sind vorsichtig optimistisch, obwohl auch der Sportmarkt im Corona-Jahr 2020 enorme Verluste hinnehmen musste. Eine Studie der Beratung McKinsey und des Weltverbands der Sportartikelindustrie WFSGI zeigt das Ausmaß der Veränderungen.
Die Sportartikelbranche schrumpfte 2020 erstmals seit der Finanzkrise. Laut der neuen Studie „Sporting Goods 2021 - The Next Normal for an Industry in Flux“ der Management Beratung McKinsey und dem Weltverband der Sportartikelindustrie WFSGI, betrug der Verlust rund sieben Prozent und fiel von 308 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf etwa 286 Milliarden Euro im Corona-Jahr. Die meisten Marken, Einzelhändler und Hersteller beendeten das Jahr deutlich in den roten Zahlen, obwohl das Geschäft nach der ersten und vor der zweiten Welle von Covid-19-bedingten Schließungen wieder anzog. Für die kommenden zwölf Monate zeigen sich die Führungskräfte der Sportartikelbranche dennoch vorsichtig optimistisch und konzentrieren sich auf Wachstumschancen, so die Studie. Immerhin 64 Prozent der Befragten erwarten im neuen Jahr „bessere“ oder „viel bessere“ Marktbedingungen als im Jahr 2020. Acht Schlüsseltrends hat die Studie ausfindig gemacht, die durch die Krise zum Teil stark vorangetrieben wurden.
Athleisure wächst, Modegrenzen verschwimmen
Athleisure war schon vor der Covid-19 ein Megatrend, aber die Pandemie hat dazu beigetragen, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit weiter zu verwischen. Es gibt eine steigende Akzeptanz von bequemer Kleidung in zuvor eher formellen Kontexten. Mehr als 75 Prozent der Branchenvertreter glauben, dass die Größe des Athleisure-Marktes weiter wachsen wird, 33 Prozent glauben, dass das Wachstum durch Covid-19 beschleunigt wurde. Eine weitere Wachstumskategorie ist nach wie vor das Frauensegment.
Sport ist abhängig vom Einkommen
Covid-19 hat signifikante Verschiebungen im körperlichen Aktivitätsniveau ausgelöst. Etwa 40 Prozent der Menschen sind weniger aktiv, während etwa 30 Prozent mehr aktiv sind. Es zeigt sich zudem schon länger, dass vor allem wohlhabende Haushalte auf Sport setzen, Menschen mit niedrigem Einkommen hingegen sind zunehmend körperlich inaktiv. Das dürfte sich durch Covid-19 noch verschärfen, zumal acht bis 28 Prozent der Verbraucher erwarten, dass ihr Einkommen für mehr als ein Jahr aufgrund von Covid-19 sinken wird.
Nachhaltigkeit wird zur Pflicht
Nachhaltigkeit ist zu einer immer dringlicheren Verbraucherpriorität geworden, und die Unternehmen haben darauf mit der Einführung nachhaltigerer Produkte reagiert. Covid-19 hat diesen Trend beschleunigt. 67 Prozent der Verbraucher betrachten die Verwendung nachhaltiger Materialien als einen wichtigen Faktor bei Kaufentscheidungen. Die Anzahl der netto neu eingeführten nachhaltigen Produkte auf dem Online-Markt wuchs zwischen Mitte 2017 und Mitte 2020 um 58 Prozent pro Jahr.
Digitale Fitness wächst
Im vergangenen Jahr gab es eine drastische Verschiebung hin zu digitaler Fitness, getrieben durch soziale Distanzierung und Stay-at-home-Bedürfnisse. Diese werden traditionelle Sport- und Bewegungsangebote nicht vollständig ersetzen, sondern sie in einem hybriden Modell ergänzen. Apps und Livestreams von Fitnessangeboten werden daher weiter wachsen.
Steigerung der Direct-to-Consumer Chancen
Covid-19-bedingte Filialschließungen haben die Online-Wachstumskurve auf ein neues Niveau gehoben – auch bei den Marken. Diese konnten dadurch den Onlinehandel und den Direct-to-Consumer (D2C)-Umsatz steigern. Auch Verbraucher lernten im Lockdown die Vorzüge des Onlinehandels schätzen und werden die neuen Gewohnheiten nicht wieder komplett ablegen. Der Online-Anteil der großen Sportartikelhersteller ist zwischen 2019 und dem ersten Halbjahr 2020 um das etwa 3-fache gestiegen, Branchenexperten erwarten, dass er nach der Schließung zurückgeht, sich aber 2021 bei etwa 25 Prozent stabilisiert.
Neuer Fokus fürs Sport Marketing
Da Sportereignisse abgesagt, verschoben oder in leeren Stadien veranstaltet werden und die Verbraucher noch mehr Zeit online verbringen, verlagerten sich die Akteure der Sportartikelbranche von Assets auf Influencer, die eine größere Reichweite auf Social-Media-Kanälen bieten. 43 Prozent der Befragten der Sporting Goods Survey erwarten, dass das Sportartikelmarketing in Zukunft nicht mehr so eng mit sportlichen Großereignissen verknüpft sein wird. 64 Prozent erwarten, dass sich die Branche stärker auf digitale Werbung konzentrieren wird.
Stationärer Handel muss neue Anreize finden
Der stationäre Handel stand schon vor Covid unter Druck. Die Lockdowns haben die Krise jedoch beschleunigt. Um die Verbraucher wieder in die Läden zu locken, muss der Einzelhandel neue Wege gehen und neue Erfahrungen und ein neues Maß an Komfort etablieren, das digital nicht angeboten werden kann. 45 Prozent der Befragten der Studie sagen für das kommende Jahr weniger Läden voraus, immerhin sieben Prozent erwarten einen Zuwachs.
Agilere Lieferketten – auch lokal
Agilere Lieferketten sind für viele Unternehmen ein fester Bestandteil der Unternehmensagenda geworden. In einer Post-Covid-Welt, die durch kürzere Nachfragezyklen, E-Commerce und engere DTC-Beziehungen gekennzeichnet ist, werden sie in einigen Märkten zum Standard gehören. 62 Prozent der Führungskräfte gaben an, dass sie lokale Optionen in Betracht ziehen.
Für die internationale Studie befragten das Beratungsunternehmen in Zusammenarbeit mit dem Weltverband der Sportartikelindustrie 130 Führungskräfte von führenden Sportartikelunternehmen und führten Tiefeninterviews mit Branchenverantwortlichen von Unternehmen wie Adidas, Anta, Arena, Decathlon, Mizuno, Nike, Pentland, Puma, Reebok, Shred, Specialized, Sport Ventures, Tecnica Group, Under Armour, Victory Group und Yue Yuen.
Fotos: Bergzeit; Salewa