Stein auf Stein: OBS bringt europäische Wertarbeit in die weite Welt
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OBS will die weite Welt Schritt für Schritt mit deutscher Handwerkskunst erobern, ein Gegenentwurf zur immer schneller werdenden Fashion-Industrie.
Die Brüder Johannes und Matthias Schweizer sitzen auf den Stufen hinter ihrem Büro. Statt Großstadt-Gewimmel mit Verkehrslärm blicken die Gründer der Augsburger Marke auf eine idyllische, weitläufige Wiese. Im Hintergrund ist Vogelgezwitscher zu hören.
Doch die zwei sind keineswegs Müßiggänger und stecken voller Tatendrang. Ihnen ist es allerdings wichtig, ihre eigene Marke langsam aufzubauen und nichts zu überstürzen, wie sie im Gespräch erklären. Der erste Spatenstich der 2019 gegründeten Marke wurde schon längst gemacht und das Gerüst “ihres Hauses” wächst stetig weiter.
Lokales Handwerk
OBS steht für ein zurückhaltendes Design, das sich auf Baukunst und Handwerk bezieht. Das Handwerk bildet den Grundstein, da die Marke mit lokalen Manufakturen in Deutschland sowie Nachbarländern wie Italien, Polen und Österreich arbeitet und das Produkt in den Mittelpunkt stellt. Der Anspruch an die Produktionsstätten und Qualität sei dabei besonders hoch.
„Wir beschäftigen uns intensiv mit einer nachhaltigen ‘Supply Chain’, die wir transparent gestalten. Bei anderen Firmen ist es sehr undurchsichtig und Trend basiert”, sagte Managing Director Matthias Schweizer.
Dadurch kommt die Marke beim Volumen immer wieder an ihre Grenzen und reduzierte zuletzt auch ihre Wholesale-Strategie. So kann es auch vorkommen, dass eine Lieferantin wegen eines Krankheitsfalls in der Familie die Bestellung nicht ausführen kann, und diese verschieben muss. Mit zusätzlichen Partner:innen im Ausland und einer Sortimentserweiterung plane die Marke aber, sich nur wieder mehr für den Großhandel zu öffnen.
In Italien werden unter anderem Small Leather Goods, wie Brieftaschen und Airpod-Cases hergestellt. „Wir suchen immer die absoluten Profis in diesem Gebiet und haben für jeden Artikel eine eigene Manufaktur, die dann besonders gut darin ist.“
Schritt für Schritt
Was mit kleinen Lederwaren begann, hat sich zu einer Marke mit Taschen, Accessoires und Ready-to-Wear entwickelt, die erstmals in einer umfangreichen Kollektion bei der Berliner Modewoche im Januar präsentiert wurde. Vor internationalem Publikum inszenierte die Marke eine Baustelle, für die sie Schutt und Baugeräte in einer St. Elisabeth Kirche in Berlin-Mitte karrten.
Das Feedback für die Show sei gut gewesen und blieb auch in den Monaten danach bei vielen im Gedächtnis, sodass sie bei Events und PR-Terminen zum Türöffner wurde. „Durch die erste Show konnten wir die Grenzen zu unseren Gunsten verschieben.“ So bekommt die Marke jetzt die Möglichkeit, „noch radikaler an diese Sache ranzugehen, stärker zu abstrahieren“ und sich „von der Norm ab zu bewegen und zu zeigen, dass diese Vision funktioniert“, erklärt der Mitgründer.
Diese Vision soll im kommenden Januar bei einer Präsentation verdeutlicht werden, über die die Brüder noch nichts mehr sagen können. Klar ist nur, dass es dieses Mal keine Show wie in Berlin wird. Auch ist noch nicht sicher, wo dieses Event stattfinden wird. Zwar sei man dankbar für den logistischen Rahmen gewesen, denn die Veranstaltenden der Berlin Fashion Week geschaffen haben, allerdings nicht sicher, ob es der richtige für die eigene Marke ist.
Nach dem Auftritt in der deutschen Hauptstadt habe es auch schon Interesse von internationalen Veranstaltungen wie der italienischen Möbelmesse Salone del Mobile Milano an der Marke gegeben. An den Thema Mobiliar und Living arbeitet die Marke – unabhängig von dem Event – hinter den Kulissen bereits, erklärt Creative Director Johannes Schweizer.
Außerdem ist eine Pop-up-Tour mit Workshops und Einblicken in die OBS-Werkstatt vorgesehen, die auch in einigen deutschen Städten halt machen soll. Das ist nicht so offensichtlich, wie es vielleicht scheint, denn die Marke ist aktuell bei keinem deutschen Händler vertreten. Global ist die Marke bei sieben Handelspartner:innen zu finden, davon fünf im asiatischen Raum, einer in Kopenhagen und einer in New York.
Internationaler Kurs
OBS ist schon seit dem Start international ausgerichtet. Bereits 2019 präsentierte die Marke ihre erste Kollektion in einem Showroom in Paris, wohin sie auch im kommenden Januar zurückkehren wird. Zusätzlich sind die Gründer mit einer neuen Sales Agentur aus Japan im Gespräch, die die Expansion vorantreiben soll und Showrooms auf der ganzen Welt hat. Besonders der asiatische Markt sowie der Norden Europas stehen dabei für OBS ganz oben auf der Liste.
In diesen Regionen werde die Vision sowie das Produkt sofort verstanden und es braucht keine Überredungskunst mehr, erklärt Matthias Schweizer. „In der westlichen Welt, wenn man in die USA schaut, stehen noch viele trendbasierte, laute Produkte im Mittelpunkt“.
Das Konzept spielt auch für die Zusammenarbeit mit den Handelspartner:innen eine wichtige Rolle. So ist eine Marken-Installation im Laden zukünftig eine Voraussetzung, um das „Worldbuilding und dieses physische Erleben zu pushen.“
Daran merkt man auch klar, dass OBS eine unabhängige Marke ist, die nicht durch die Interessen von Investor:innen in eine Richtung gedrängt wird. Damit scheinen die Brüder, die bis heute nur durch den Schulfreund Salim Jakoub Ibrahim unterstützt werden, auf einem guten Weg zu sein.
Durch die erweiterte Produktionsmenge ist 2024 im Vorjahresvergleich der Umsatz um 30 Prozent gestiegen und auch der Gewinn konnte ausgebaut werden. „Wenn wir jetzt das erste Quartal betrachten, dann sieht es danach aus, dass wir diesen Trend beibehalten können“, so Matthias Schweizer.
„Wir sind hier, um zu bleiben“, ergänzt sein Bruder. „Wir wollen nicht irgendwie etwas Trendbasiertes, schnelles aufbauen, sondern ein solides Fundament bauen, was lange da ist. Alles passiert Schritt für Schritt.“