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„Status Deutscher Mode 2024“: zwischen Tradition und Digitalisierung

Von Simone Preuss

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Schaufenster mit Modeauslage. Bild: Diana / Pexels

Der Fashion Council Germany (FCG) und Ebay Deutschland haben jüngst die Studie „Status Deutscher Mode 2024“ veröffentlicht, die zusammen mit dem Forschungsinstitut Oxford Economics die wirtschaftliche Bedeutung der deutschen Modebranche (Kleidung, Schuhe, Accessoires, Taschen und Schmuck) untersuchte. Ebenso wurde ein Blick auf die zentralen Herausforderungen und Chancen der Branche sowie die Auswirkungen globaler Trends wie Nachhaltigkeit und Globalisierung geworfen.

Die Studie wurde erstmals im Jahr 2021 veröffentlicht; die jüngste Ausgabe widmet sich jedoch den Folgen der Corona-Pandemie auf die Branche und deren Einfluss auf Nachhaltigkeit und Marktstrukturen. Zentrale Erkenntnis: Von 2019 bis 2023 sank die Beschäftigung schätzungsweise um 20 Prozent, das heißt, jeder fünfte Arbeitsplatz ging verloren.

„Die Pandemie hat viele Schwächen in unserer globalisierten Modewelt offengelegt – von der Zerbrechlichkeit der Lieferketten bis hin zur Notwendigkeit, unsere Produktionsstrategien zu überdenken. Doch sie hat uns auch die Chancen einer beschleunigten Digitalisierung gezeigt, die nun nicht nur als Zukunftstrend, sondern als notwendige Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Branche gesehen werden muss“, resümieren Christiane Arp, Vorstandsvorsitzende, und Scott Lipinski, CEO des Fashion Council Germany, im Vorwort der Studie.

Made in Germany. Bild: Anthony Beck / Pexels

Empfohlen werden für die Branche eine stärke politische Unterstützung, Synergien innerhalb der Branche und mit anderen Sektoren, eine Stärkung der Produktion im Inland und des „Made in Germany“-Siegels sowie den Ausbau der digitalen Infrastruktur, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

„Mit der Veröffentlichung der zweiten Ausgabe unserer Studie zu Status der deutschen Mode möchten wir einen Wandel anstoßen. Die Zusammenarbeit mit Ebay Deutschland und Oxford Economics liefert uns wertvolle, aktuelle Erkenntnisse über die Herausforderungen und Chancen, die vor der Modebranche liegen — besonders in einer Zeit, in der uns die Auswirkungen der Corona-Pandemie und anderen gesellschaftlichen Ereignissen noch immer begleiten und die digitale Transformation auf Hochtouren läuft. Die Studie zeigt uns deutlich: Es ist Zeit, die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen“, kommentiert Lipinski in einer Mitteilung.

Beitrag der deutsche Modebranche

Die Modebranche stimulierte im Jahr 2023 insgesamt einen BIP-Beitrag von etwa 70 Milliarden Euro und trug selbst 29 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung (BWS) zum BIP bei. Beschaffungsausgaben der Industrie in anderen Wirtschaftsbereichen stimulierten 23 Milliarden Euro und die Konsumausgaben der Beschäftigten (in der Branche und Lieferkette) weitere 18 Milliarden an BWS. „Für jede 100 Euro, die die Modebranche selbst beigetragen hat, unterstützte sie so zusätzliche 140 Euro an BWS in der restlichen deutschen Wirtschaft“, fand die Studie.

Die deutsche Modebranche trug 2023 29 Milliarden zum BIP bei. Bild: Ibrahim Boran / Pexels

Auf die Arbeitsplätze bezogen, unterstützte die Modebranche im Jahr 2023 ungefähr eine Million Jobs, wovon etwa 620.000 auf die Branche selbst entfielen, weitere 210.000 auf die Lieferkette und 180.000 durch die Konsumausgaben der Beschäftigten unterstützt wurden. „Das bedeutet, dass für jede 100 Arbeitsplätze in der Modeindustrie weitere 63 Arbeitsplätze in anderen Sektoren unterstützt wurden“, so die Studie.

Stärken und Schwächen der deutschen Modebranche

Zu den Stärken der Branche gehört das hohe Vertrauen der Konsument:innen in Modeprodukte aus Deutschland, die für Langlebigkeit und Qualität bekannt sind. „Gerade die großen deutschen Sportartikelhersteller sind weltbekannt und zählen zu den größten Modeunternehmen Europas“, merkt die Studie an.

Zahlreiche deutsche Unternehmen setzen zudem auf Nachhaltigkeit und Transparenz in der Lieferkette, wodurch sie international als zukunftsorientiert und verantwortungsbewusst wahrgenommen werden. Auch für Innovationskraft, etwa die Entwicklung neuer Fasern oder Textilmaschinen, ist die Industrie bekannt, was sie wettbewerbsfähig hält.

Zu den Schwächen gehören hohe Produktionskosten, die zur Abwanderung der Produktion ins Ausland beigetragen haben. Dies führt zu einem Verlust an Expertise und gefährdet die Innovationskraft der Branche.

Zudem fehlt es ihr im internationalen Vergleich an kultureller Verankerung: „Entsprechend genießt die inländische Branche einen geringeren Stellenwert als in Ländern wie Frank- reich und Italien, wo die Modeindustrie stärker in der Kultur verankert ist“, merkt die Studie an. Dies erschwert unter anderem die Anwerbung von Fachkräften und Talenten beziehungsweise der steigende Nachwuchsmangel die zukünftige Profitabilität der Branche.

Langfristige Herausforderungen

Angesichts des weltweiten Rufs nach umweltfreundlicheren Produktionsmethoden und einem wachsenden Interesse an der Kreislaufwirtschaft und digitalen Innovationen muss die Branche sorgfältig planen und investieren, um technologische Fortschritte mit Nachhaltigkeitswerten zu vereinbaren und ein Wachstumstreiber zu sein.

Die Gesetzgebung, wie etwa die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), ermöglicht zwar einen einheitlichen Regulierungsrahmen, allerdings stellt die Umsetzung der geforderten detaillierten Nachhaltigkeitsberichte Herausforderungen dar.

KI-generiertes Bild zur Illustration von CSRD. Bild: FashionUnited

„Compliance ist nicht länger ein simples Abhaken von Kästchen, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der Transparenz auf jeder Ebene erfordert. Marken müssen ihre gesamte Lieferkette abbilden, Risikobereiche identifizieren und mit Partner:innen zusammenarbeiten, um eine Kultur der Verantwortung zu fördern. Dies setzt ein tiefes Verständnis für die verschiedenen beteiligten Akteur:innen und ein kontinuierliches Engagement voraus“, weiß Philipp Mayer, CPO und Mitgründer von Retraced.

Auch kreislaufwirtschafte Initiativen sind zwar „positiv zu bewerten“, so die Studie, können jedoch höhere Produktionskosten und längere Produktionszeiten bedeuten. „Diese Balance zwischen Kostendruck und nachhaltigen Praktiken bleibt ein übergeordnetes Problem, da Verbraucher:innen teils nicht bereit sind, einen entsprechenden Aufpreis für Nachhaltigkeit zu zahlen.“

Digitaler Produktpass (DPP). KI-generiertes Bild zur Illustration. Bild: FashionUnited

Digitale Innovationen wie der Digitale Produktpass (DPP), Künstliche Intelligenz (KI) und technologische Textilinnovationen, die die Branche zunehmend prägen, haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. „Der DPP verbessert zum Beispiel Transparenz und Nachhaltigkeit, stellt aber kein Gleichgewicht zwischen Datentransparenz und dem Schutz von Geschäftsinteressen sicher“, warnt die Studie.

KI und technologische Innovationen sind nützlich, bergen jedoch Risiken für Arbeitsplätze und soziale Ungleichheit beziehungsweise haben Auswirkungen auf Menschen und Umwelt.

Empfehlungen

Eine wichtige Empfehlung ist, die deutsche Handwerkskunst zu fördern. „Ein erfolgreicher Wandel der Modebranche erfordert mehr als nur technologische Innovationen und digitale Transformation – wir müssen ebenso in die traditionellen handwerklichen Berufsgruppen investieren, die das Fundament unserer Branche bilden“, rät die Studie.

„Die Kunstfertigkeit, die hinter der Herstellung von hochwertigen Stoffen, präziser Schneiderei und einzigartigen Designs steckt, darf nicht verloren gehen. Innovationen, so wichtig sie auch sind, können nur dann ihr volles Potenzial entfalten, wenn sie auf diesen handwerklichen Grundlagen aufbauen“, so die Studie.

Handarbeit in der Mannheimer Feintäschnerei Melina Bucher. Bild: Melina Bucher

Daher sollte traditionelle Handwerk mit modernen Technologien kombiniert werden, um die Branche zukunftsfähig und zukunftssicher zu machen. „Wir müssen daher gleichermaßen die Digitalisierung vorantreiben und die handwerklichen Berufe stärken, um die Innovationskraft der Branche langfristig zu sichern und gleichzeitig unsere kulturelle und technologische Identität zu bewahren“, ist das Fazit. Die Interviewpartner:innen von Unternehmen wie Mended, Carbon Trust, Rehubs und Retraced, die im Rahmen der Studie befragt wurden, empfehlen zudem eine stärkere politische Unterstützung von Modeunternehmen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Sie fordern auch mehr Fördermöglichkeiten in diesem Bereich.

Global empfehlen sie, die deutsche Mode sichtbarer zu machen und ihre Wertschätzung zu fördern - etwa durch politische Unterstützung, Partnerschaften und internationale Aktivitäten, aber auch Synergien innerhalb der Branche und mit anderen Sektoren.

Ebenso sollte die inländische Produktion gestärkt werden, um durch Offshoring verlorenes Know-how zurückzugewinnen. Steueranpassungen können die Attraktivität der Produktion in Deutschland steigern. Zudem weisen sie auf das Potenzial des „Made in Germany“-Siegels hin, besonders unter Nachhaltigkeitsaspekten: Die deutsche Modeibranche könnte so für eine verantwortungsbewusste Produktion stehen.

Gleichzeitig betonen sie die Dringlichkeit, die digitale Infrastruktur auszubauen, um den künftigen Anforderungen der Branche gerecht zu werden und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. „Ein dynamisches Umfeld wie die Modeindustrie ist von technologischen Fortschritten, sich ändernden Verbraucher:innenpräferenzen und globalen wirtschaftlichen Bedingungen geprägt. Ein anpassungsfähiger und innovativer Ansatz ist entscheidend für den langfristigen Erfolg der Unternehmen der Modebranche“, ergänzt Mandy Krüger, Head of Fashion bei Ebay Deutschland.

Mobiler Einkauf. Bild: AS Photography / Pexels

Fazit

„Die Modebranche muss ihre Denkweise grundlegend ändern – von einem „Take, Make, Dispose“-Modell hin zu einem Kreislaufsystem, das Ressourcen schont und den Lebenszyklus von Produkten verlängert“, empfiehlt die Studie. Dazu gehört die Implementierung von Kreislaufwirtschaftsprinzipien, die innovative Materialien und Designkonzepte sowie neue Geschäftsmodelle erfordert, die Wiederverwendung und Recycling von Kleidung fördern. „Dies ist nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch eine wirtschaftliche Chance für Unternehmen, die sich als Vorreiter in einer zukunftsfähigen Modebranche positionieren wollen“, rät die Studie.

„Die Notwendigkeit, von einer linearen zu einer zirkulären Textilindustrie überzugehen, wird durch viele Faktoren vorangetrieben, darunter das wachsende Bewusstsein der Verbraucher:innen für Nachhaltigkeit, der dringende Handlungsbedarf im Klimaschutz und ein zunehmend reguliertes Umfeld“, fassen Kirraly Antcliff, Petra Schweiger und Chris Deloof von ReHubs zusammen.

„Eingehende Vorschriften der Europäischen Kommission, wie die Waste Framework Directive (WFD), die Ecodesign for Sustainable Products Regulations (ESPR) und die EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien, zielen darauf ab, möglicherweise Anforderungen an den Recyclinganteil, die Offenlegung von Produktinformationen zur Nachhaltigkeit, Einschränkungen beim Export on Textilabfällen und mehr festzulegen. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten Europas bis zum 1. Januar 2025 vor der verpflichtenden Herausforderung stehen, separate Sammelsysteme für gebrauchte Textilien einzurichten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird die Branche eine tiefgreifende Transformation hin zu zirkulären Geschäftsmodellen durchlaufen müssen“, so die Expert:innen.

Die Studie kann ab sofort auf der FCG-Website heruntergeladen werden. Begleitend laden der Fashion Council Germany und Ebay am 14. Januar 2025 zu einer digitalen Präsentation ein.

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