Social Commerce boomt – Tipps für den Modeeinzelhandel
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Social Commerce – einige haben wahrscheinlich schon davon gehört, für manche ist der Begriff neu. Beim Social Commerce werden die sozialen Medien in einen Marktplatz verwandelt, auf dem die Verbraucher:innen Artikel sofort kaufen können. Das Phänomen hat Asien längst erobert und ist auch in Europa auf dem Vormarsch. Was können Modehändler:innen damit erreichen? FashionUnited fragt Jorrit Steinz, Gründer und CEO des in den Niederlanden ansässigen Scale-up-Unternehmens ChannelEngine.
Die E-Commerce-Landschaft verändert sich ständig und die sozialen Medien entwickeln sich zu Marktplätzen. Um Verwirrung zu vermeiden: Social Commerce bedeutet nicht, eine Werbung in sozialen Medien zu schalten, bei der ein Klick auf die Website einer Marke oder eines Unternehmens führt. Man spricht von Social Commerce, wenn der Bestellvorgang direkt in der App abgeschlossen wird. TikTok hat 2021 beispielsweise den TikTok-Shop eingeführt. Damit zog es seinem Konkurrenten Meta – dem Mutterkonzern von Facebook und Instagram nach. TikTok-Nutzer:innen können Artikel dadurch direkt in der App kaufen. Darüber hinaus gibt es das „Live-Shopping“, bei dem Nutzer:innen Artikel im Livestream, manchmal mit exklusiven Rabatten, kaufen können. Im Moment sind diese Dienste auf TikTok nur in Asien, Amerika und Großbritannien verfügbar, sie werden aber bald auch in Europa ankommen.
Das Forschungsunternehmen Accenture veröffentlichte im Januar einen Bericht, der voraussagte, dass der Social Commerce-Markt bis 2025 einen Wert von 1,2 Billionen US-Dollar erreichen solle. Das ist umgerechnet eine Milliarde Euro. Das ist nicht überraschend, denn 44 Prozent der Weltbevölkerung (etwa 3,5 Milliarden Menschen) nutzen soziale Medien. Die Nutzer:innen verbringen durchschnittlich 2,5 Stunden pro Tag mit dem Betrachten von Fotos und Videos auf den einschlägigen Plattformen.
Social Commerce hilft, neue Zielgruppen anzusprechen
TikTok und Instagram sind laut Steinz die beiden Plattformen, auf denen Social Commerce boomt. „Ein Kauf ist jetzt mit einem Knopfdruck möglich. Man muss auf Instagram oder TikTok nur auf den Button im Post oder im Livestream klicken und wird direkt zum Kauf weitergeleitet.“ Seiner Meinung nach wird so sichergestellt, dass die Verbraucher:innen nicht abspringen, während sie nicht auf eine externe Website umgeleitet werden. Außerdem können Einzelhändler:innen über diese Kanäle ein neues Zielpublikum erreichen, so Steinz.
Es gibt verschiedene Typen von Konsument:innen: die fokussierten Shoppenden, die inspirierten Shoppenden und die impulsiven Shoppenden. Die beiden letzteren sind die sensibel für dieses Phänomen und verlagern ihre Onlinesuche zunehmend mehr in die sozialen Medien, so Steinz. „Vor allem der „Live-Commerce“ entwickelt sich sehr gut. Das liegt daran, dass man dann sehen kann, wie ein Produkt wirklich aussieht und man kann im Chat Fragen stellen, falls nötig. Die Leute zeigen hier vor allem Produkte, die mehr Erklärung benötigen. Ich kenne zum Beispiel ein Unternehmen, das mit gebrauchten Handtaschen von Designermarken handelt. Produkte aus der Kosmetikindustrie laufen auch sehr gut.“ Laut Steinz ist Interaktion sehr wichtig. „Besonders für junge Leute. Sie suchen nach Bestätigung und können dies beim Live-Shopping leicht finden."
Der Bericht von Accenture zeigt auch, dass die Menschen Produkte und Dienstleistungen aufgrund von Empfehlungen oder Inspirationen von Menschen, denen sie vertrauen, kaufen. Das können Freund:innen und Familie sein, aber auch Communitys oder Influencer sein. Welche Art von Produkten wollen die Menschen also über Social Commerce kaufen? Die Antwort: Kleidung. Sie macht 18 Prozent des Live-Shoppings aus.
Tipps für den Einstieg in den Social-Commerce-Markt
Steinz stimmt dieser Aussage zu. „Das gesamte Modesortiment eignet sich für Social Commerce. Die Herausforderung liegt jedoch darin, wie man es bewirbt. Die Leute müssen ihr Aufmerksamkeit schenken.“ Außerdem ist die Verwendung der richtigen Hashtags wichtig und auch die richtigen Influencer können das Unternehmen auch in die richtige Richtung pushen.
Weitere Tipps von Steinz: Automatisieren Sie ihr System. „Wenn man über Social Commerce verkauft, muss man sicherstellen, dass der Bestand korrekt ist und dass die Bestellung richtig bearbeitet wird. Wenn man das nicht tut, verliert man viel Zeit und es ist eine Enttäuschung für die Endverbraucher:innen, wenn ein Artikel plötzlich doch nicht geliefert werden kann.“
”Experimentieren Sie mit Produkten. In der Mode- und Beauty-Branche ist jedes Produkt für Social Commerce geeignet.“ Es ist auch wichtig, die richtigen Influencer anzusprechen, die eine große Reichweite haben. Trotzdem muss ein Produkt klar erklärt werden. „Fällt der Artikel groß oder klein aus, aus welchem Material ist es hergestellt, und so weiter.“ Als Tipp für die Unternehmen fügt er hinzu: Verschmelzen Sie E-Commerce, Social Media und Marketing. „Oft werden sie getrennt voneinander betrieben, aber bei diesem Projekt ist es super wichtig, sie zusammenzubringen“, sagt Steinz.
So hat es den Anschein, dass Social Commerce Modehändler:innen helfen kann, neue Zielgruppen zu erreichen. Steinz geht davon aus, dass sich in fünf Jahren alle an das Phänomen gewöhnt haben werden. Deshalb empfiehlt der ChannelEngine-Gründer, „einfach anzufangen“.
Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.nl veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ