Snocks: „Am 1. Mai haben wir die Startseite von Amazon gebucht“
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Innerhalb von nur fünf Jahren kletterte das Mannheimer Start-up Snocks von Null auf 32 Millionen Euro Umsatz. Allein im Geschäftsjahr 2021 konnte das Unternehmen den Umsatz nahezu verdreifachen. Und das vor allem mit Basic-Produkten, die modisch gesehen keineswegs spannend sind: Socken und Unterwäsche.
Begonnen hat alles mit dem Vertrieb über Amazon Deutschland, inzwischen bespielt Snocks sämtliche Onlinekanäle, hat eine Amazon-Beratungsagentur aufgebaut, ein Snocks-Café, eine Podcast-Serie und veranstaltet Events als Offline-Touchpoints für die Snocks-Community. Jetzt plant das reine DTC-Label den nächsten großen Sprung: Die Internationalisierung. Dafür stieg erst vor wenigen Tagen ein Investor mit einem zweitstelligen Millionenbetrag ein. Wir haben mit den beiden Cousins und Gründern von Snocks, Johannes Kliesch und Felix Bauer, über ihre Anfangsjahre und die weiteren Pläne, über ihre Definition von Social Commerce und die Bedeutung von Offline-Touchpoints gesprochen.
Viele Modebrands sind aus einem eigenen Bedürfnis der Gründer:innen heraus entstanden: Sie hatten den Eindruck, ein bestimmtes Produkt oder ein bestimmtes Design fehle am Markt, und anderen Menschen könnte es auch so gehen. Wie war das bei euch? Warum Socken?
Felix Bauer: Wir sind beide BWLer, uns hat vor allem das Geschäftsmodell und der E-Commerce interessiert. Und das Produkt Socken hatte Potenzial. Außerdem war Johannes zu dem Zeitpunkt gerade Sneaker Fan und suchte immer nach geeigneten Socken. So kam die Idee. Es war nicht so, dass wir beide eine Leidenschaft für Socken hatten.
JK: Dass wir mit Socken begonnen haben, ist wahrscheinlich auch unserer Naivität am Anfang zu verdanken gewesen. Wir sind mit unserer Idee ja auf Amazon gestartet und waren der Meinung, dass es dort kein richtiges Sockenangebot gibt. Entweder gab es die teuren bekannten Marken oder die Produkte aus China. Aber es gab jedenfalls keine coolen Marken.
Was war euer Ziel? Hattet ihr von Anfang an vor, euch schnell weiterzuentwickeln oder war Snocks eher ein Hobby neben dem Studium?
FB: Das alles war schon von Anfang an so ausgelegt, dass es funktionieren sollte. Wir sind im August 2016 mit einem Startkapital von 4.000 Euro gestartet, und schon im Oktober haben wir den ersten Kredit aufgenommen. Erst 50.000 Euro, wenig später nochmal 200.000 Euro. Wir standen also schon recht schnell voll im Risiko und wussten, dass es nur noch in eine Richtung gehen durfte.
Ab wann wusstet ihr, es könnte funktionieren?
JK: Die erste Woche war scheiße, aber als wir in der zweiten Woche Werbung auf Amazon geschaltet hatten und sehen konnten, wie die Sales hochgehen, wussten wir, dass es funktioniert. Ab da haben wir voll daran geglaubt. Deshalb sind wir auch den nächsten Monat gleich zur Bank gefahren.
Und die Bank hat auch dran geglaubt?
FB: Wir werden oft gefragt, ob uns das Studium etwas gebracht hat: Also, wir wussten natürlich ganz gut, was die Bank von uns sehen will. Wir hatten von Anfang an das richtige Knowhow, wie man in einem so frühen Stadium an Fremdkapital kommen kann.
Snocks macht nur Basics, rein äußerlich unterscheiden sich eure Socken kaum von anderen. Wie habt ihr Snocks als Marke aufgebaut?
JK: Wir haben uns von Anfang an überlegt, wie man ein Produkt emotional aufladen kann. Die Leute interessieren sich für die Geschichte hinter einer Marke oder einer Geschäftsidee, deshalb schauen ja Millionen Menschen die Höhle der Löwen. Deshalb gehörte die Geschichte von Snocks von Anfang an zu unserer Vermarktungsstrategie. Wir haben den Leuten die Gesichter hinter Snocks gezeigt und erzählt, wer wir sind und wie sich Snocks entwickelt, und es interessiert sie.
Auch auf Amazon haben wir gleich erzählt, dass wir zwei Cousins sind. Unsere Story hat uns immer Rückenwind gegeben. Heute ist das vielleicht bekannt, aber vor fünf Jahren war so eine Vorgehensweise nicht normal. Bei großen Marken wie Falke oder Burlington weiß niemand wer dahintersteht, es gibt keine Gesichter. Aber im Social Commerce ist das ein enorm wichtiger Faktor.
Inzwischen ist die Produktpalette ja größer geworden, beispielsweise gibt es auch Unterwäsche und Sportswear. Seht ihr euch als Fashion Label?
FB: Wir sehen uns selbst eigentlich nicht als Fashion Label, sondern als Basic Label. Auch wenn wir die Produktpalette noch weiter vergrößern wollen, werden wir bestimmt kein Label, das durch seine crazy Designs auffällt. Anfangs gab es alle Produkte nur in Schwarz, Weiß und Grau! Wir wollen ein Basic Label bleiben, auch wenn es ab und zu mal ein Special gibt. Inzwischen machen wir übrigens sogar Skisocken und Thermounterwäsche, weil ich begeisterter Skifahrer bin! Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Sachen anziehen kann!
Wie wollt ihr die Kollektion weiter ausbauen?
FB: Wir haben angefangen, Sportswear für Damen zu testen und wollen den Bereich Sports- und Activewear weiter ausbauen.
Spielen Saisons für euch eine Rolle?
FB: Eigentlich nicht. Es gibt ab und zu Specials und die Sneakersocken laufen im Sommer natürlich besser als im Winter. Aber wir wollen ja auch bewusst von der Fast Fashion weg, wo 70 Prozent der Kollektion nicht verkauft wurde und dann entsorgt werden muss. Bei uns wurde noch nie ein Produkt weggeworfen, weil es nicht verkauft wurde.
Eine hohe Retourenrate gibt es bei euch vermutlich auch nicht, oder?
FB: Nein, die liegt im einstelligen Prozentbereich. Am meisten wird Damenunterwäsche zurückgeschickt, Männerunterwäsche und Socken fast gar nicht.
Snocks ist ja noch mehr als nur eine Kollektion. Ihr betreibt eine Amazon-Beratungsagentur, es gibt ein Snocks Cafe, ihr macht Veranstaltungen. Jetzt wollt ihr mit der neuen Finanzsprite weiter wachsen. Was kommt noch?
JK: Wir sind damit schon ganz gut bedient, wir werden also nicht auch noch eine neue Dönerkette aufmachen. Wir wollen uns aber noch intensiver mit unserem „Snocksulting Podcast“ beschäftigen und den weiter ausbauen. Gerade haben wir ein eigenes Podcast Studio ins Office bauen lassen.
Worum geht es in den Podcasts?
JK: Wir sprechen mit anderen Gründer:innen übers Gründen und hatten schon tolle Gäste bei uns, wie zum Beispiel das Münchner Start-up Air Up, Koro Drogerie, Marc Gebauer. Demnächst sprechen wir mit Joko Winterscheidt. Es geht darum, mit anderen Gründer:innen coole Gespräche auf Augenhöhe zu führen und auf diese Weise vielleicht Interessierten zu helfen und Tipps zu geben.
Welche Tipps zum Beispiel?
JK: Beispielsweise beim Onlinemarketing auf TikTok zu setzen und nicht nur Email-Marketing zu machen, sondern auch WhatsApp-Marketing. Übrigens hilft uns der Podcast auch beim Wachsen: Viele hören unsere Podcasts bevor sie sich hier bewerben. Sie sind zu einem Instrument geworden, tolle Leute zu finden.
In welche Skills investiert ihr gerade?
FB: Wir haben gerade jemand neues für den Bereich CSR/Nachhaltigkeit eingestellt, da sind wir noch nicht so weit wie wir gerne sein wollen. Auch bei der geplanten Internationalisierung müssen wir neue Teams aufbauen. Als nächstes wollen wir in Frankreich starten, dafür brauchen wir sicherlich auch vor Ort Leute.
Nachhaltigkeit ist im Modebusiness gerade enorm wichtig. Wie geht ihr vor, um nachhaltigere Produkte anbieten zu können?
FB: Zum Beispiel, indem wir mit zertifizierten Betrieben zusammenarbeiten. Vor Corona habe ich mir die selbst angeschaut, und ich hoffe, das geht bald wieder. Eigene Eindrücke sind mir wichtig, um beispielsweise beurteilen zu können, ob Sozialstandards sichergestellt sind. Auch bei den Rohstoffen und bei den Verpackungen schauen wir nach besseren Alternativen. Aber da wollen wir noch besser werden. Der Plan ist, dass wir erstmal den Status Quo analysieren und dann sehen, wo wir Verbesserungen machen können. Da wir ja wirklich etwas herstellen, werden wir immer auch CO2 produzieren, das wir zum Schluss kompensieren müssen. Aber es geht nicht nur um die Lieferkette. Es geht auch darum, bei den Leuten eine Awareness zu schaffen. Wir machen schon einiges, aber wir bewerben es noch nicht aktiv. In Berlin machen wir beispielsweise gerade ein Pilotprojekt, wo Kund:innen sich entscheiden können, ob das Produkt mit dem Fahrrad ausgeliefert werden soll.
Wo produziert ihr?
FB: Wir arbeiten mit zwei deutschen Sourcing-Agenturen zusammen. Die Produktion findet in China und Pakistan statt. Langfristig wollen wir näher an Europa produzieren.
Was sind eure Pläne für das nächste halbe Jahr, jetzt, wo ihr neues Geld zur Verfügung habt?
JK: Da gibt’s ganz viele unterschiedliche Sachen. Am 1. Mai haben wir die Startseite von Amazon gebucht. Wir wollen signalisieren, dass wir jetzt die Big Moves machen. Jetzt kommen die großen Schritte, jetzt werden wir die großen Entscheidungen angehen. Früher waren wir vielleicht eher schüchtern. Dann haben wir verschiedene Events auf der Liste.
Wie muss man sich ein Snocks Event vorstellen?
JK: Es wird coole Locations geben, wir laden große Influencer dazu ein, es werden ein paar 100 Leute kommen. Wir haben auch schon einige Gründertreffen gemacht, die Eintritt kosten – der dann gespendet wird. Aber das zeigt, dass die Leute kommen wollen. Das ist unsere Offline-Strategie. Es ist uns wichtig, neben der reinen Online-Präsenz auch Offline-Touchpoints anzubieten. Offline kann man ganz anders Emotionen aufbauen.
Ist Wholesale ein Thema für euch? Gerade auch im Hinblick auf Touchpoints und Markenaufbau?
JK: Ja und nein. Gerade haben wir noch so viel Potenzial im Bereich der Internationalisierung, dass Wholesale noch kein Thema ist. Derzeit ist es für uns einfacher, zu internationalisieren, als eine Vertriebsmannschaft aufzubauen. Wenn die Marke und die Produktpalette groß genug sind, kann ich mir auch Wholesale und Läden vorstellen.
Natürlich braucht man Offline-Touchpoints. Aber die können auch ganz anders aussehen, wir machen eben Events und Parties.
Wo seht ihr euch in fünf Jahren?
FB: Wir wollen die leading Basic Fashion brand in Europa and beyond sein. Aber so genau können wir das gar nicht sagen. Wir hätten vor fünf Jahren auch nicht gesagt, da, wo wir heute stehen, wollen wir in fünf Jahren sein. Klar ist, dass wir die Produktpalette deutlich ausweiten und uns internationalisieren wollen. Deshalb haben die Banken und Investoren auch gesagt, bei der geilen Party wollen wir dabei sein.