Skechers: Warum eine Sneaker-Marke ohne Kultstatus 9,4 Milliarden US-Dollar Wert ist
Wenn im dritten Quartal dieses Jahres tatsächlich der angekündigte Verkauf der US-amerikanischen Sneakermarke Skechers erfolgreich über die Bühne gehen sollte, wird dieser Deal als die bislang größte Transaktion im Bereich des Sneakermarktes in die Geschichte eingehen. Warum ist Skechers eigentlich so interessant?
Nicht cool, aber die drittgrößte Sneaker Brand der Welt
So viel vorweg: Mit einem globalen Jahresumsatz von 8,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 und einem Plus von zwölf Prozent gegenüber 2023 ist Skechers nach Nike (51 Milliarden US-Dollar) und Adidas (24 Milliarden US-Dollar) die größte Sneaker Brand der Welt. Die coolste Sneakers-Marke war Skechers aber noch nie. 1992 in Kalifornien gegründet, gehörte Skechers schon immer zu den Brands, die man vielleicht trägt, weil sie bequem und günstig sind, über die man aber eher nicht spricht. Daran änderte sich nur kurzfristig etwas, als um das Jahr 2000 Britney Spears das Kampagnen-Gesicht von Skechers wurde und die Sneaker Brand vom kometenhaften Aufstieg der Sängerin profitieren konnte. Wenn man Skechers heute überhaupt einen gewissen Kultstatus zuschreiben will, dann wohl am ehesten den Modellen aus jener Ära.
3G Capital will für Skechers 9,4 Milliarden US-Dollar zahlen
Dass die brasilianische Private-Equity-Firma 3G Capital im Mai 2025 ein Übernahmeangebot in Höhe von 9,4 Milliarden US-Dollar für Skechers abgab, dürfte daher weniger an der besonderen Strahlkraft der Marke gelegen haben.
Die Erfolgsgeschichte von Skechers basiert tatsächlich darauf, ein in sich stimmiges Konzept von einem komfortablen, erschwinglichen Produkt mit einer ehrgeizigen Wachstums- und Vertriebsstrategie verknüpft und konsequent verfolgt zu haben. Am Erfolg dieser Strategie zweifelt 3G Capital auch weiterhin nicht: Trotz des Wechsels vom börsennotierten Unternehmen in private Hände soll der eingeschlagene Weg beibehalten werden. Robert Greenberg (85), Gründer und bis heute CEO von Skechers, soll samt Team an Bord bleiben, auch das Hauptquartier bleibt in Kalifornien. Ebenso soll auch die Strategie – Style, Komfort und Innovation zu einem erschwinglichen Preis – laut Unternehmensangaben unverändert fortgeführt werden. „Ohne das Team, über das Skechers verfügt, wäre das Unternehmen deutlich weniger wert“, zitiert beispielsweise WWD einen Banker.
Starkes Großhandelsgeschäft und Ausbau des Filialnetzes
Offenbar hat Skechers vieles richtig gemacht: Mit einem geschätzten Marktanteil von 52 Prozent im Jahr 2024 in Amerika und einem weltweiten Einzelhandelsnetz von über 5.300 Filialen, darunter 592 in den USA, verfügt Skechers über eine enorme Marktmacht. Das Unternehmen ist in über 170 Ländern vertreten und hat sowohl im Inland als auch international in den letzten Jahren kontinuierlich Marktanteile hinzugewonnen. Nicht nur im umkämpften Heimatmarkt und in Europa, sondern auch in Märkten, die weniger Beachtung finden, aber riesig sind, wie beispielsweise Lateinamerika. So machte der internationale Umsatz (außerhalb USA) im letzten Jahr 62 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Wirtschaftlich clever war auch die Fokussierung aufs Wholesale-Geschäft in den letzten Jahren. Nachdem Marktführer wie Nike und Adidas in der Vergangenheit verkündet haben, den Direktvertrieb priorisieren und den Großhandel reduzieren zu wollen, entstanden in den Sortimenten vieler Geschäfte Lücken, die geschlossen werden mussten. So habe sich Skechers schnell an sich ändernde Bedingungen anpassen und einen großen Teil des Nike Geschäfts übernehmen können, schreibt das Fachmagazin Modern Retail. Im ersten Quartal des Pandemie-Jahres 2022 wuchs beispielsweise der Großhandel weltweit um 33 Prozent, in den USA und EMEA sogar um 40 Prozent, während der Direktvertrieb nur um 16 Prozent gesteigert werden konnte. Gleichzeitig baute Skechers in den letzten Jahren sein Retail-Netz massiv aus: Von 2.570 Stores Ende 2018 auf 4.170 Geschäfte im Jahr 2021, auf 5.300 im Jahr 2025. Entsprechend ambitioniert sind die langfristigen Ziele: Das Unternehmen sei „auf dem Weg zu 10.000 Skechers-Stores“, verkündete CEO Greenberg.
Skechers wird also nicht aus einer Position der Schwäche heraus verkauft, sondern lässt sich viel mehr seine starke Position versilbern. Das dürfte auch der Grund sein, warum die Übernahme von vielen Marktbeobachter:innen als „überraschend“ bezeichnet wurde.
US-Zollpolitik wirkt sich auf Prognose 2025 aus
Günstig für eine Übernahme durch 3G Capital mag sich jedoch der Handelskrieg zwischen den USA und China ausgewirkt haben. Presseberichten zufolge stellt Skechers 40 Prozent seiner Schuhe in China her, wo die US-Importzölle in diesem Frühjahr zeitweise 145 Prozent hätten betragen sollen. Daraufhin hatte Skechers Ende April trotz neuem Umsatzrekord im ersten Quartal seine Prognose für das Jahr zurückgezogen und verwies auf „makroökonomische Unsicherheiten aufgrund der globalen Handelspolitik“. Schließlich könnten sich nicht nur die Zölle negativ auf die Kalkulation auswirken, sondern höhere Preise insgesamt eine Verschlechterung der US-Verbraucherstimmung herbeiführen, ebenso wie eine antiamerikanische Stimmung im Ausland, so der Gedanke. Nach dem Rückzug der Prognose fiel der Aktienkurs um mehr als 20 Prozent, kletterte allerdings nach der Übernahmeankündigung wenige Wochen später wieder um fast 25 Prozent nach oben.
Neues Wachstumsfeld: Performance
Die Tatsache, dass Skechers in den letzten Jahren intensiv an seinem Einstieg in den Performance-Markt gearbeitet hat, dürfte für die weitere positive Entwicklung des Unternehmens sprechen. Wer seit Jahrzehnten für komfortable Alltagssneakers mit Innovationen steht, für den ist der Performance-Markt eine logische Weiterentwicklung – auch wenn Skechers hier in den direkten Wettbewerb mit Nike und Adidas eintritt. So stieg das Unternehmen 2023 mit dem Launch von Fußballschuhen in den umsatzstarken Fußballmarkt ein und sicherte sich durch die Kooperation mit Harry Kane, Kapitän der englischen Nationalmannschaft und Star des FC Bayern München, einen starken Markenbotschafter. Kane trug bei der UEFA Euro 2024 auf dem Platz Fußballschuhe von Skechers. Es folgten weitere Debüts in den Sportarten Rodeln und Basketball sowie Kooperationen mit Laufevents, beispielsweise mit dem Sponsoring von ATW-Laufevents in Großbritannien.
Mit der Eröffnung der ersten reinen Performance-Stores trat Skechers in eine nächste Phase ein. Im Januar 2025 eröffnete Skechers seinen weltweit ersten „Skechers Performance“ Flagship-Store in der kanadischen Stadt Edmonton, im Mai folgte der erste europäische Perfomance-Store im belgischen Gent. Dort bietet die Marke auf über 700 Quadratmetern Schuhe, Kleidung und Accessoires für Sportarten wie Basketball, Golf, Fußball und Pickleball.
Abgesehen von den makroökonomischen Verwerfungen der aktuellen globalen Handelspolitik, von denen alle Marktteilnehmenden betroffen sind, stehen die Aussichten von Skechers weiterhin gut. Angesichts der starken Preissteigerungen im Sportmarkt der letzten Jahre, könnte sich die preisbewusste Positionierung von Skechers sogar noch stärker als Argument für künftiges Wachstum erweisen.
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